Eingangsbereich des Landesgerichts für Strafsachen Wien, vor dem ein Schild auf den neuen Eingang in der Alser Straße hinweist. 
Trotz der Umbauarbeiten finden am Straflandesgericht natürlich weiter Verhandlungen statt. In einer geht es um Kunst und Prominente.
APA / Robert Jäger

Wien – Die Jeunesse dorée der Wiener "Nobelbezirke" war und ist ganz offensichtlich auch nicht recht viel anders als die vielleicht nicht ganz so goldene Jugend Transdanubiens. Zu diesem Schluss kann man kommen, wenn man den Prozess gegen den österreichischen Künstler Christian Rosa um seine Drohungen gegen Gastronom Martin Ho vor Richterin Nicole Baczak, die ihren Rechtspraktikanten die Verhandlung unter ihrer Kontrolle führen lässt, verfolgt. "Oida, du bist tot!", soll der 45-jährige Rosa im September vor zehn Jahren unter anderem an Ho gerichtet geschrieben haben. Oder auch: "Eine falsche Ansage von dir, und du bist Geschichte!", liest die Richterin aus dem Akt vor. Mit einem gewissen Amüsement zitiert sie auch Rosas Bezeichnung für Ho: "Scheißnazichinesenschwuchtel" lautet die nämlich. Der Unternehmer fand das damals wie heute alles weniger lustig und zeigte Rosa an.

Am zweiten Verhandlungstag wird Ho als Zeuge befragt. Die Vertagung war notwendig geworden, da der von Mirsad Musliu vertretene Unternehmer trotz Zeugenladung am ersten Tag nicht erschienen war. Die damals von ihr verhängte Ordnungsstrafe hebt Baczak wieder auf, als Ho erklärt, er habe sich damals im Ausland aufgehalten und zu spät von dem Termin erfahren. Dann erzählt er die Vorgeschichte der Auseinandersetzung: "Wir hatten damals ein Künstler-Sammler-Verhältnis", erklärt er. Rosa sei damals ein aufstrebender Künstler gewesen, Ho sah offenbar auch eine Wertanlage.

Zwei oder drei der gekauften Werke lieh er Rosa dann für eine Ausstellung – und bekam sie nicht mehr zurück. "Es kam deshalb zu einem Streitgespräch, dann sind bei ihm die Sicherungen durchgebrannt", diagnostiziert der Zeuge. "Es gab Morddrohungen auf Facebook und in Mails", erinnert er sich. Ob er die Inhalte nicht eher als Unmutsäußerung verstanden habe, will die Richterin wissen. "Nein, sein Aggressionspotenzial war ja bekannt, ich habe mich gefürchtet", beharrt Ho. Tatsächlich hat der Angeklagte bis 2012 bereits sechs Vorstrafen angesammelt.

Bilder als Wiedergutmachung

Mittlerweile stehe aber eine andere Möglichkeit im Raum, den Streit aufzulösen, bestätigt Ho. "Wenn er mir drei Bilder malt und gibt, ist die Sache für mich erledigt. Ich bin kein nachtragender Mensch, wenn ich mein Eigentum zurückbekomme." Das durchaus werthaltig ist, wie der Zeuge auch berichtet: "Eines der Bilder, die ich ihm geliehen habe, wurde später für 90.000 Euro oder Pfund, ich weiß es nicht mehr genau, versteigert."

Der Angeklagte selbst sagt nach Abgang des Zeugen zu dessen Aussage: "Ich finde, dass er ein bisschen übertrieben hat." Er wisse aber auch, dass er damals falsch gehandelt habe. "Es war a blede Gschicht – ich war betrunken und unter der Influence von Drogen", entschuldigt er sich wie schon am ersten Verhandlungstag. Mittlerweile habe er sein Leben aber komplett umgestellt – sowohl familiär als auch unterhaltungstechnisch. "Seit dreieinhalb Jahren lebe ich ohne Alkohol und Drogen", sagt der Familienvater, sein Studium an der Akademie der bildenden Künste stehe unmittelbar vor dem Abschluss. "In den USA haben Sie auch ein Problem wegen Ihrer Bilder?", spielt die Richterin auf die juristischen Kalamitäten in den Vereinigten Staaten von Amerika an. "Nicht wegen meiner", antwortet Rosa knapp.

Der schließlich gegen die Zahlung von Pauschalkosten mit einer Diversion samt angeordneter Bewährungshilfe davonkommt. "Das ist zwar bei sechs Vorstrafen ungewöhnlich, aber die liegen lange zurück und wären eigentlich getilgt, wenn dieses Verfahren wegen Ihres Aufenthalts in den USA nicht so lange gelaufen wäre", begründet die Richterin ihre Entscheidung. Außerdem glaubt sie dem Angeklagten, dass sich seine Lebensumstände gebessert hätten, die Hilfe durch einen Sozialarbeiter oder eine Sozialarbeiterin vom Verein Neustart hält sie aber trotzdem nicht für verkehrt. "Vielleicht findet sich einer mit einer künstlerischen Ader", macht Baczak dem Angeklagten Hoffnung. Rosa akzeptiert das Angebot zur vorläufigen Einstellung des Verfahrens, da die Staatsanwältin keine Erklärung abgibt, ist die Entscheidung nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 24.10.2023)