Viennale
Wolfgang Amadeus Superstar. 1985 gewann das ungewöhnliche Musik-Biopic einen Oscar, der nun an die Viennale übergeben wird.
Filmarchiv Austria; Viennale

Im Leben gibt es Verkettungen von Ereignissen, die zu dem am unwahrscheinlichsten erscheinenden Ergebnis führen. Eine solche Verkettung ist, laut Eric Pleskow selbst, sein Weg zu einem der erfolgreichsten Filmproduzenten des 20. Jahrhunderts. 1924 in Wien geboren und als Jude 1939 mit seinen Eltern in die USA geflohen, kam er über eine Assistenzstelle zum Film. Heute finden sich vierzehn Filme in seinem umfangreichen Œuvre, die mit mindestens einem Oscar ausgezeichnet wurden.

Der Rivale erzählt

Einer davon war der 1984 unter der Regie von Miloš Forman entstandene Amadeus über den Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart. Kein Studio in Hollywood hatte zunächst Interesse gezeigt: Ein historischer Kostümfilm, bei dem es um klassische Musik ging, war ein riskantes Vorhaben. Zudem war Amadeus kein klassisches Biopic. Basierend auf dem Theaterstück Peter Shaffers, hatte der Stoff wenig mit dem echten Leben des Musikgenies zu tun, sondern war ein fiktionales Drama über eine Rivalität zwischen Wolfgang A. Mozart und dem Hofkomponisten Antonio Salieri, aus dessen neiderfüllter Perspektive der Film erzählt.

Der erfundene Konflikt, die Darstellung von Mozart als vulgärer Kindskopf mit schrillem Lacher und Rockstar-Gehabe, das wenig schmeichelhafte Porträt Salieris und die Suggestion, er habe Mozart umgebracht, stießen auf wenig Gegenliebe beim Fachpublikum. Autor Shaffer zeigte sich unbeeindruckt und betonte die Freiheit des Erzählens.

Amadeus - Original Theatrical Trailer
Warner Bros.

Mensch und die Verhältnisse

Forman, der in den USA provokante Filme wie Einer flog über das Kuckucksnest gedreht hatte, fand sofort Gefallen an der Vorlage. Und Pleskow, der einst gesagt hatte, dass ihn "der Mensch und die Verhältnisse, in denen er lebt und gegen die er manchmal ankämpfen muss", interessieren, entschied sich ungleich anderen Hollywood-Bossen, Amadeus mit seinem 1978 gegründeten Studio Orion Pictures zu produzieren.

Obwohl Pleskow einst aus seiner Heimatstadt fliehen musste, söhnte er sich in späteren Jahren mit ihr aus. Es war die Viennale, die 1993 als erste österreichische Institution jüdische Emigranten mit der Retrospektive "Aufbruch ins Ungewisse – Österreichische Filmschaffende in der Emigration" nach Wien holte. Zahlreiche Filmschaffende folgten der Einladung. Pleskow sah sie als Anlass, hier wieder Freundschaften zu schließen. Von 1998 bis zu seinem Tod 2019 diente er als Präsident des Filmfestivals.

Neue Aufgaben in Wien

Während Pleskow neue Aufgaben in Wien fand, traf Mozart in Amadeus auf Neid und Missgunst, denn Salieri boykottiert die Karriere seines Rivalen. Vielleicht begründet sich auch hier der Mythos des Films. Formans exzentrische Inszenierung, die üppige Ausstattung und die Schauspielarbeit von Tom Hulce als Mozart und F. Murray Abraham als Salieri mal außer Acht lassend: Wie kann ein hart arbeitender Mensch mit sich leben, wenn er stets im Schatten eines Genies steht, das sich nicht einmal anstrengen muss?

Pleskows Talent wurde ihm nicht geneidet, sondern vielfach geehrt. 2007 wurde er zum Ehrenbürger der Stadt Wien, 2009 erhielt er das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Im Metro-Kinokulturhaus ist ihm ein Vorführsaal gewidmet. Und auch wenn er wie Mozart nicht mehr durch die Straßen Wiens wandelt, so sind doch seine Spuren zu finden. Im Rahmen einer Gala ehrt die Viennale Eric Pleskow. Seine Tochter Michelle wird im Zuge der Amadeus-Vorführung dessen Oscar für den Besten Film an das Festival übergeben. (Susanne Gottlieb, 27.10.2023)