2000er Musa Wien Museuem
Hallo, Globalisierung! Johanna Kandls Gemälde zeigt eine Tankstelle bei der Einkaufsmall Excalibur City und fordert "Modernize or die!".
Wien Museum / Courtesy Johanna Kandl und Christine König Galerie

Eigentlich ist es egal, wo man anfängt. Man kann sich zum Beispiel vor die flimmernden Röhrenfernsehgeräte setzen. Dabei ist auch ein Beitrag von Carola Dertnig, die kurz vor dem Anschlag auf das World Trade Center 2001 Büroräume im Rahmen eines Kunststipendiums nutzte. Der Anschlag wird als Endpunkt einer gewissen Zuversicht verstanden. Nach der Unbeschwertheit der 1990er wirkt die Jahrtausendwende wie eine Zäsur – besser wurde es danach nicht.

Das Wien-Museum Musa bringt in der Sammlungsschau 2000er. Bye-bye Zuversicht Werke lokaler Künstlerinnen zusammen, die in diesem Jahrzehnt entstanden. Das Musa widmet sich nun wieder der zeitgenössischen Kunst, da die Wiedereröffnung des Wien-Museums am Karlsplatz am 6. Dezember bevorsteht und die Räume nicht mehr zwischengenutzt werden.

Haben wir irgendetwas gelernt? 

Diese Zeitreise gibt natürlich nur bestimmte Blickwinkel wieder, hat aber subtilen Schmäh, der auch in gesellschaftliche Abgründe blicken lässt. Etwas früher, als die Twin Towers einstürzten, kam in Österreich die schwarz-blaue Regierung unter Wolfgang Schüssel an die Macht. Viele Kunstschaffende befassten sich mit den Reaktionen: Anna Meyer fotografierte die Proteste in Wien, und Lisl Ponger hob die Buttons gegen die Koalition von ÖVP und FPÖ auf. Haben wir eigentlich irgendetwas gelernt?

Ansonsten ist der lebhafte Parcours, der von Brigitte Borchhardt-Birbaumer und Berthold Ecker kuratiert wurde, wenig offensichtlich politisch. Dabei steckt die Globalisierung allen Werken in den Knochen, sei es bei Johanna Kandls Gemälde, das eine Tankstelle bei der Einkaufsmall Excalibur City zeigt und "Modernize or die!" fordert, oder bei Christian Eisenbergers Christusfigur, die einen Globus auf den Schultern trägt.

2000er Musa Wien Museum
Endlich beginnen sich strenge Geschlechtergrenzen aufzulösen: Mit stillenden Männern bei Jakob Lena Knebl.
Wien Museum / Bildrecht, Wien 2023

Haarig, legendär, amüsant

Im Kapitel, das sich mit Gender und der Auflösung strenger Geschlechtergrenzen beschäftigt, geht es endlich bergauf. Haarige Körper bei Marlene Haring, stillende Männer bei Jakob Lena Knebl, und ein Glitzer-Dildo wird bei Renate Bertlmann zum queeren Schmetterling. Quasi ein fließender Übergang zu den Arbeiten, in denen es um Umweltzerstörung und unsere Eingriffe geht – heute ein omnipräsentes Thema in der Kunst. Waren die Beiträge vor 20 Jahren als warnende Vorboten zu verstehen? So können Blumensamen von Ines Doujak gegen eine Spende erworben oder Hans Schabus bei seiner legendären Bootsfahrt in den Wiener Abwassersystemen beobachtet werden.

Nach einem Abstecher zu Nichtorten und städtischen Denkmälern landet man am Ende gezwungenermaßen wieder vor dem Fernseher und lacht über die Popos, die Anna Jermolaewa von Passanten 2003 filmte. 20 Jahre später staunt man über die modischen Fauxpas wie Hüfthosen, die auch jetzt wieder zurückkehren. (Katharina Rustler, 25.10.2023)