Nehammer Kickl
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP, links) und FPÖ-Chef Herbert Kickl im Parlament.
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Lange Zeit konnte ÖVP-Chef und Bundeskanzler Karl Nehammer in Umfragen einen (wenn auch immer kleiner werdenden) Amtsbonus behaupten. Dieser ist in der jüngsten Market-Umfrage für den STANDARD verlorengegangen. Hatten im September 19 Prozent für Nehammer noch einen knappen Vorsprung vor FPÖ-Chef Herbert Kickl (damals 17 Prozent) dargestellt, sind die Verhältnisse nun völlig verändert: Kickl liegt bei der Oktober-Umfragewelle mit 19 Prozent weit vor Nehammer (13 Prozent) und dem SPÖ-Vorsitzenden Andreas Babler (14 Prozent).

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger ist in der (theoretischen) Frage, wen die österreichischen Wahlberechtigten bei einer Direktwahl zum Regierungschef wählen würden, mit acht Prozent auf dem vierten Platz. Dominik Wlazny alias Marco Pogo von der Bierpartei würde von sechs Prozent gewählt, Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler kommt auf vier Prozent.

Sonntagsfrage beinahe unverändert

Anders als die Kanzlerfrage ist die Hochrechnung der Sonntagsfrage im Vergleich mit September beinahe unverändert. Auch vor einem Monat war die FPÖ bereits bei 29 Prozent und die SPÖ bei 24 Prozent. Die Koalitionspartner sind in der Hochrechnung im Monatsabstand um jeweils einen Prozentpunkt gefallen: Die ÖVP liegt jetzt bei 21 Prozent, die Grünen bei neun. Die Neos legen knapp auf zehn Prozent zu. Die Bierpartei könnte mit vier Prozent rechnen, die KPÖ mit zwei und andere Kleinparteien mit einem.

Market-Politikforscher David Pfarrhofer gibt aber zu bedenken, dass die Ergebnisse der Sonntagsfrage etwa ein Jahr vor dem regulären Wahltermin nicht mit einer Prognose des Ergebnisses verwechselt werden dürfen: "Man muss bedenken, dass da auf der Welt und in Österreich noch viel passieren kann – und dass ja auch ein Wahlkampf stattfindet. Was man aber jetzt schon sieht: Es gibt Parteien und Personen, denen eine besondere Ablehnung entgegenschlägt."

DER STANDARD ließ dazu zwei Fragen stellen. Zunächst zu den Parteien: "Es gibt ja Parteien, die einem mehr oder weniger sympathisch sind. Können Sie mir bei den folgenden Parteien jeweils sagen, ob Sie diese Partei als Teil des politischen Spektrums in Österreich akzeptieren oder ob Sie die jeweilige Partei lieber nicht im politischen Spektrum Österreichs sehen wollen?" Dabei zeigte sich, dass nur vier Parteien mehrheitlich als Teil des Spektrums gewünscht werden: 69 Prozent verorten die SPÖ in diesem Bereich, 62 Prozent die ÖVP, 58 Prozent die Neos und 52 Prozent die Grünen.

Ausgrenzungswunsch

Die mit ihrer Kritik an der Corona-Politik kurzfristig bekannt gewordene Partei MFG wird mehrheitlich – von 63 Prozent – nicht als Teil des politischen Spektrums gesehen. Dasselbe gilt für die Freiheitlichen: 49 Prozent würden sie aus dem politischen Spektrum ausgrenzen, nur für 38 Prozent zählt sie zum etablierten politischen Spektrum.

Die stärkste Gegnerschaft zur FPÖ verortet Market bei Grünen und Sozialdemokraten. Aber auch etwa sechs von zehn ÖVP-Anhängern wollen mit den Blauen politisch nichts zu tun haben. Auffällig ist auch die hohe Ablehnung der FPÖ bei Höhergebildeten. Pfarrhofer: "Wer die eine oder andere Partei nicht innerhalb des politischen Spektrums sehen will, wird sich wahrscheinlich auch im Lauf der kommenden Monate nicht zu einem Wähler dieser Partei wandeln."

Die KPÖ – immerhin eine der Gründungsparteien der Zweiten Republik – wollen 42 Prozent ausgrenzen, für 41 Prozent gehört sie ins politische Spektrum. Bei der Bierpartei ist die Meinung ebenso gespalten: Für 38 Prozent gehört sie ins Spektrum, für 45 Prozent nicht.

Eignung angezweifelt

Ähnlich wie bei der Betrachtung des Parteienspektrums ist das Muster bei Akzeptanz oder Ablehnung einer etwaigen Kanzlerschaft von Kickl. 56 Prozent halten ihn für "gar nicht als Kanzler geeignet", weitere 14 Prozent halten ihn für "eher nicht" geeignet. Und obwohl ihn 19 Prozent als Kanzler wählen würden, halten ihn nur 14 Prozent völlig für das Amt geeignet, weitere 15 Prozent sagen, er sei "eher schon" geeignet.

Allerdings muss man dabei den Vergleich mit den anderen Spitzenpersonen im Blick behalten. Auch von diesen hat niemand eine Mehrheit hinter sich, die völlige oder zumindest überwiegende Zustimmung zu einer Eignung als Regierungschef bestätigen würde. Amtsinhaber Nehammer finden nur zehn Prozent völlig und weitere 35 Prozent "eher schon" geeignet. Bei Babler von der SPÖ sehen elf Prozent eine völlige und 31 Prozent eine überwiegende Eignung. Auch bei diesen Kandidaten sind die jeweiligen Parteiwähler nur teilweise sicher, dass die Kandidaten für das Amt passen; Babler kann sich aber immerhin auf einige Fans im grünen Lager stützen.

Vizekanzler Kogler wird auch von einem relativ großen Teil der Neos-Anhängerschaft der Kanzlerposten zugetraut, umgekehrt findet Neos-Chefin Meinl-Reisinger auch unter Grünen-Wählern Akzeptanz. (Conrad Seidl, 30.10.2023)