Bundespräsident Alexander Van der Bellen während der Aufzeichnung seiner TV-Ansprache zum Nationalfeiertag in der Präsidentschaftskanzlei in Wien.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen während der Aufzeichnung seiner TV-Ansprache zum Nationalfeiertag in der Präsidentschaftskanzlei in Wien.
APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER

Wien – Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sich in seiner TV-Ansprache zum Nationalfeiertag gegen "jede Form von Antisemitismus" und Hass ausgesprochen. "Antisemitismus hat hier keinen Platz", betonte das Staatsoberhaupt. Politikerinnen und Politiker aller Parteien mahnte Van der Bellen, auf Populismus zu verzichten und sich stattdessen auf die Lösung von konkreten Problemen zu konzentrieren.

"Wir feiern heute unsere Heimat. Wir feiern Österreich", erklärte Van der Bellen. Für den Frieden im Land könne man nicht dankbar genug sein. "Denn wir leben in einer Welt, in der dieser Friede alles andere als selbstverständlich ist", erinnerte Van der Bellen an den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die Attacke der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel. "Der terroristische Angriff der Hamas auf Israel ist schrecklich und verachtenswert. Die kalte, berechnende und systematische Art, wie gegen Kinder, Mütter, Väter gezielt vorgegangen wurde, wie sie gequält und getötet wurden ohne jedes Mitgefühl, das erinnert in ihrer tiefen, hoffnungslosen Dunkelheit an die schwärzesten Zeiten unserer Geschichte."

"Es ist unsere immerwährende Verantwortung, gerade auch angesichts der schrecklichen, barbarischen Taten, die auf unserem Boden an jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern verübt wurden, strikt und entschieden und aus tiefstem Herzen gegen jede Form von Antisemitismus aufzutreten", unterstrich der Bundespräsident. "Antisemitismus hat hier keinen Platz. Hass hat hier keinen Platz." Die Folgen des Hamas-Terrors "trugen und tragen zum überwiegenden Teil Zivilisten auf beiden Seiten", kritisierte Van der Bellen. "Am Ende sind es die Unschuldigen, unbeteiligte Kinder, Frauen, Männer, Familien, jene, die sich am wenigsten wehren können, die es am Schrecklichsten trifft. Das ist die unerbittliche Logik von Hass, Aggression, Terror und Krieg."

Füreinander da sein, trotz Meinungsverschiedenheiten

Wenn man täglich mit immer neuen schlimmen Nachrichten konfrontiert sei, "die einen mit dem Gefühl zurücklassen, eh nichts ändern zu können, dann gerät man in Gefahr, abzustumpfen", mahnte Van der Bellen. Er bitte die Bevölkerung dennoch: "Verlieren Sie trotz allem das Wesentliche nie ganz aus den Augen. Es darf uns niemals egal sein, wohin sich unser Land und unsere Welt bewegen." Man müsse unterscheiden zwischen Nachrichten, die nur gemacht würden, um Clicks zu generieren und zur Abstumpfung beizutragen und jenen Nachrichten, die wesentlich und wichtig seien. "Vertrauen Sie dabei auf die zahlreichen Journalistinnen und Journalisten, die ernsthaft und mit glaubwürdigen Quellen recherchieren", empfahl der Bundespräsident.

Zudem sei es Verantwortung der Politikerinnen und Politiker, "dass wir nicht aus Gründen der Stimmenmaximierung in vermeintlich simple Erklärungsmodelle fallen, die unsere Gesellschaft am Ende auseinandertreiben", meinte das Staatsoberhaupt. "Populismus löst unsere Probleme nicht." Politiker dürften sich nicht in "Nebenschauplätzen und Scheindiskussionen" verlieren. "Konzentrieren Sie sich auf Ihre wesentlichen Aufgaben und die Lösung von konkreten Problemen und verzichten Sie auf Vernebelung und Ablenkung", forderte Van der Bellen von Politikern explizit aller Parteien.

In dunklen und verwirrenden Zeiten dürfe man nicht vergessen, dass es "immer noch Licht gibt: uns selber", meinte Van der Bellen. "Wir gehören zusammen und wir sollten füreinander da sein. Trotz all der Meinungsverschiedenheiten, die es geben mag: Österreich ist unser aller Heimat." Das Österreich, an das er glaube, sei "mitfühlend, hilfsbereit, intelligent, vorausschauend, liberal, gastfreundlich, gesellig, frei und friedliebend", erklärte Van der Bellen. "Lassen Sie uns dieses Land und einander wertschätzen." (APA, 26.10.2023)