15.400 Fans kamen auf den Rettenbachferner, um den spannenden Weltcup-Auftakt in Sölden mitzuerleben. Die Schweizerin Lara Gut-Behrami setzte sich mit 0,02 Sekunden Vorsprung auf Federica Brignone (Italien) durch, Petra Vlhova wurde Dritte.

Für das ÖSV-Team fuhr Franziska Gritsch als Zehnte das beste Ergebnis ein. "Wir waren schon einmal schlechter", sagte Katharina Truppe, die im zweiten Lauf Zeit einbüßte und 24. wurde. Katharina Liensberger, die um den Anschluss an bessere Zeiten kämpft, belegte Platz 23.

"Der Sprung ganz nach vorne ist extrem weit", sagte Cheftrainer Roland Assinger nach dem Rennen. "Ich habe die Angriffsbereitschaft im zweiten Lauf vermisst. Dass das kein Honiglecken wird, ist uns bewusst. Jetzt heißt es weiter hackeln."

Es herrscht gewissermaßen Aufbruchsstimmung im Frauen-Team, seit April wird es von einem neuen Trainerteam geleitet. Assinger sprach am Rande des Weltcups in Sölden mit dem STANDARD über seine neue Aufgabe als Chefcoach der Frauen.

Roland Assinger will sich mit dem Frauenteam an die Weltspitze annähern.
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STANDARD: Wie holt man Defizite in der Technik wieder auf?

Roland Assinger: Durch Analysen der Vergangenheit. Alle Trainer des ÖSV haben sich zusammengesetzt, die letzten Rennen aufgearbeitet und gefragt: Wo müssen wir Schritte setzen? Die Performance im Riesenslalom, beim Grundschwung des Skifahrens, muss besser werden. Dann ist die Chance groß, auch in anderen Disziplinen schnell zu sein.

STANDARD: Wie bekommt man schlechte Muster wieder los?

Assinger: Wenn sich Fehler manifestieren, so wie es bei uns passiert ist, dann braucht das harte Arbeit über mehrere Wochen. Das dauerte den ganzen Sommer und es wird auch jetzt noch immer Probleme geben. Im Winter arbeiten wir auch zwischen den Rennen daran, besser zu werden.

STANDARD: Welcher konkreten Schwäche haben ihre Läuferinnen?

Assinger: Der Schwung sollte mehr auf der Kante gezogen werden. Vor allem vor dem Tor. Wenn das Gelände steil ist, muss man ab und zu einen Rutscher einlegen, das machen auch Odermatt oder Shiffrin. Aber grundsätzlich heißt es, den Ski auf Zug zu bekommen, geschnitten zu fahren. Diese kurzen Rutschphasen gehören minimiert.

STANDARD: Fahren die schnellsten Profis nicht eine direktere Linie?

Assinger: Das ist eine mentale Geschichte. Voraussetzung ist eine gute konditionelle Verfassung. Gesunder Geist bringt gesunden Körper – und umgekehrt. Manche Athletinnen sind körperlich in guter Verfassung, andere weniger. Das Wort "optimieren" habe ich sehr oft benutzt. Auch Shiffrin will etwas aus sich herauskitzeln. Bei uns – wir liegen etwas hinter der Weltspitze – kann der Schritt auch schneller passieren. Wir müssen uns annähern.

STANDARD: Sie haben einmal erwähnt, auch bei der Ernährung könnten sich ihre Athletinnen verbessern.

Assinger: Das kann jeder. Ich auch, Sie auch.

STANDARD: Das will ich nicht bestreiten.

Assinger: Ganz oben wird es dünn. Eine gewisse Ernährungsoptimierung spielt eine Rolle, etwa was ich zwischen zwei Durchgängen esse. Wir haben eine Ernährungswissenschaftlerin ins Boot geholt, die sich auskennt. Sie hat uns Tipps gegeben und sensibilisiert.

STANDARD: Man hört von einer härteren Gangart, Sie dürften streng sein. Wie stellen Sie sicher, dass Sie damit nicht übertreiben?

Assinger: Streng gefällt mir nicht. Ich bin klar und direkt. Vor allem im Speedbereich stehen Damen am Start, die später mit 130 Sachen den Berg runterfahren. Da werden die kleinsten Fehler brutal bestraft, mit einem Krankenhausaufenthalt. Deshalb müssen sie diese klaren Ansprachen auch verkraften. Sonst bist du in diesem Sport falsch. Der Skisport hat Kultur, brachte Geschichten von Klammer, Maier oder Veith. Die haben alle einen harten Weg durchschritten.

STANDARD: Wo haben Sie Menschenführung gelernt?

Assinger: Ich habe schon viele Jahre auf dem Buckel, war selbst Leistungssportler, dann als Trainer lange im Europacup, zuletzt in einer Schule in Davos, wo ich mit 15- bis 16-Jährigen gearbeitet habe. Man lernt nie aus. Das Feedback ist aktuell gut. Schauen wir, wie die ersten Rennen verlaufen. Auch ich kann mich optimieren. (Interview: Lukas Zahrer, 28.10.2023)