Schabbattafel am Judenplatz in Wien
Auch am Judenplatz in Wien macht eine Installation auf die verschleppten Israelis aufmerksam.
IMAGO/Isabelle Ouvrard

Die Tafel zieht sich surreal in die Länge. Festlich reiht sich ein Gedeck an das andere, Kerzen in hohen Kerzenhaltern und Blumen in Glasvasen sind über den Tisch verteilt, es könnte die Vorbereitung für eine dezente Hochzeitstafel sein. Oder ein runder Geburtstag mit vielen Gästen. Etwas Schönes.

Aber wenn man näher hinsieht, erkennt man zweierlei seltsame Dinge an dieser Festtafel. Es regnet, Wassertropfen haben schon das Tischtuch durchnässt, perlen an den Stuhlbeinen entlang, klatschen in leere Gläser und Teller. Das wirkt noch surrealer als die Länge der Tafel, so als hätte Andrei Tarkowski hier ein Filmset aufgebaut. Aber hier umarmt der verlorene Sohn den Vater nicht, anders als am Ende von Solaris. An den Stühlen sind kleine Plakate angebracht, auf denen der Name des Gastes und "entführt" oder "kidnapped" steht. Und bei jeder Person, die hier hätte Platz nehmen sollen, steht auch: "Please help bring them home alive."

Die Tafel ist weder für eine Geburtstagsfeier noch für ein Hochzeitsfest vorbereitet worden, sie ist eine Installation. Eine Schabbattafel als Mahnmal für die von der Hamas festgehaltenen 229 Geiseln. Für die, die nicht anwesend sein können, um sie öffentlich und präsent zu halten. Diese Tafeln stehen kurzfristig in verschiedenen europäischen Städten, in Israel, in den USA, sie sind Momentaufnahmen des Verlustes. Sie sind Momentaufnahmen der Hoffnung. Diese stirbt bekanntlich zuletzt.(Julya Rabinowich, 29.10.2023)