Beim Kochen fällt ganz schön viel Abfall an. 700.000 Tonnen Bioabfälle vergammeln in Österreich pro Jahr im Restmüll, zeigen Daten des Klimaministeriums.
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Die Zwiebelschalen, das Paprikagehäuse, der Zucchinistrunk: Beim täglichen Kochen fällt so einiges an Bioabfällen an. In einigen Haushalten landen diese Bioabfälle einfach im Restmüll – und werden damit verbrannt. Obwohl sie eigentlich noch brauchbar sein könnten. An vielen Orten auf der Welt gibt es auch gar keine Biomülltonne. Das ist ein Problem, für das es nun angeblich eine Lösung geben soll: Smarte Kompostiergeräte für die Küche sollen Lebensmittelreste so zerkleinern und verarbeiten, dass sie zu wertvollem Kompost werden.

Solche Kompostiergeräte gibt es bereits von unterschiedlichsten Herstellern. Sucht man im Internet danach, sticht als angeblich "weltweit erster intelligenter Abfallkomposter" das Produkt Lomi der Firma Pela ins Auge. Das weiße Gerät ist so groß wie eine Brotbackmaschine und kostet 599 Euro. In einem Werbevideo erklärt eine Biochemikerin der Firma, wie das Gerät funktioniert: Man füllt den Biomüll in den schwarzen Behälter, der einem kleinen Mistkübel ähnelt. Bevor man das Gerät zum Laufen bringt, fügt man kleine Tabletten mit Mikroorganismen hinzu, die den Kompostierprozess unterstützen. Kompostierbares Plastik kann die Maschine verarbeiten, Flüssigkeiten sind jedoch zu vermeiden. Es gibt bei dem Gerät verschiedene Modi, die man einstellen kann. Sie dauern unterschiedlich lange – zwischen drei und 24 Stunden – und sollen unterschiedlich feinen Kompost hervorbringen. Fügt man schließlich noch drei Löffel Wasser hinzu und drückt den Startknopf, beginnt der Kompostierprozess. Eine intelligente Technologie überwacht den Prozess, regelt automatisch Temperatur, Feuchtigkeit und Belüftung. Aktivkohlefilter verhindern unangenehme Gerüche.

Ist es ökologisch?

Auf Youtube findet sich jede Menge Videos, in denen Nutzerinnen und Nutzer über ihre Erfahrungen mit dem Lomi-Küchenkomposter berichten. Auch wenn viele die Lautstärke kritisieren – das Gerät mache, was es soll. Es sei "thrilling", wie Lomi ihr altes Gemüse innerhalb einiger Stunden in etwas verwandelt, das aussieht wie Erde, schreibt auch eine Journalistin der "New York Times", die das Gerät getestet hat. Geht es nach den Herstellern, soll der Smart Waste Kitchen Composter nichts Geringeres können, als "das weltweite Müllproblem zu lösen". Er sei eine gute Investition für jene, die nachhaltiger leben wollen. Fachleute sind diesbezüglich jedoch skeptisch.

Meet Lomi, the best way to compost at home
https://pela.earth/ Say goodbye to smelly, messy garbage It's easy - Lomi turns food scraps, organic waste & bioplastics into dirt, at the push of a button. Lomi will revolutionize the way you deal with waste.
Lomi

Erwin Binner arbeitet am Institut für Abfall- und Kreislaufwirtschaft der Universität für Bodenkultur Wien. Er kenne das konkrete Produkt nicht – sein Team habe aber Studien mit einem koreanischen Küchenkomposter durchgeführt. "Das untersuchte Gerät konnte die versprochene Leistung wie zu erwarten nicht erbringen. Kompostierung ist ein mikrobiologischer Prozess, der nicht beliebig beschleunigt werden kann." Im untersuchten Composter seien die Abfälle lediglich rasch getrocknet und zerkleinert worden. Außerdem würden solche Küchengeräte sehr viel Energie benötigen, sagt Binner: "In einem Land mit einer ausgezeichnet organisierten Abfallwirtschaft, wie auch Österreich eines ist, gehören Küchenabfälle in die Biotonne oder auf den Hausgartenkomposthaufen."

"Kein Kompost"

Björn Schoas von Die Umweltberatung ist ähnlicher Meinung: "Die smarten Kompostiergeräte versprechen, relativ zügig aus Küchenabfällen Kompost zu machen. Aber das Ergebnis ist kein Kompost." Genauer betrachtet würden Küchenabfälle lediglich gehäckselt, gemixt und mit Hitze bearbeitet. "Sie verlieren ganz stark an Volumen, es kommen ungefähr zwei Handvoll trockenes Substrat heraus. Dieses Substrat ist von der Konsistenz her grobfasrig und eher als Dünger zu sehen." Es dürfe auch nur im Verhältnis eins zu zehn Erde beigemengt werden. "Würde man Pflanzen in dieses Substrat hineinsetzen, würden sie nicht wachsen." Um zu Kompost zu werden, müsste das Produkt weiter zersetzt werden – von Mikroorganismen oder Regenwürmern. Es sei auch Vorsicht bei der Verwendung für Zimmerpflanzen geboten. Denn das Substrat habe eine große Menge an Nährstoffen in sich, "und viele Zimmerpflanzen mögen das gar nicht".

Auch Schoas betont, dass der Prozess viel Strom brauche. Das längste Programm des Lomi-Kompostiergeräts dauert 24 Stunden und benötigt eine Kilowattstunde Strom. "Ein sparsamer Zwei-Personen-Haushalt in Österreich braucht ungefähr drei Kilowattstunden pro Tag. Würde man das Gerät zwei- bis dreimal pro Woche benutzen, würde man also seinen Stromverbrauch enorm erhöhen." Als sinnvoller erachtet der Experte andere Kompostiermethoden für zu Hause, etwa den Bokashi-Eimer, der aus Japan kommt. "Da ist es so, dass man die Küchenabfälle hineinfüllt und ein Pulver aus Mikroorganismen hinzufügt. Nach einer gewissen Zeit entsteht ein hochwertiger Flüssigdünger, den man über einen Zapfhahn ablassen und für den Garten oder den Balkon verwenden kann." Oder aber eine Wurmkiste: Die Würmer zersetzen den Biomüll innerhalb von circa sechs Monaten. Und das ganz ohne Strom oder Technologie. (Lisa Breit, 7.11.2023)