"Eco Spezial" über illegales Online-Glücksspiel um 22.30 Uhr auf ORF 2.
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"Beim ersten Mal gewinnst du, und dann bist du in der Hölle." So beschreibt eine Spielerin ihre Spielsucht. Zu sehen ist sie nicht, ihre Stimme ist verstellt. Nur unter der Bedingung, anonym zu bleiben, hat sie sich bereiterklärt, öffentlich zu sprechen. Glücksspielsucht gehört zu den großen Tabuthemen unserer Gesellschaft. Die Betroffenen leiden und kommen nur schwer davon los. Laut Schätzungen gehen zwei Drittel aller Spielverluste auf das Konto illegaler Anbieter. Neun von zehn Spielsüchtige spielen mittlerweile online: "Das Casino in der Hosentasche" nennt es Izabela Horodecki. Sie leitet seit Jahrzehnten die Spielsuchthilfe Wien.

Die Regierung ist in der Angelegenheit untätig, was kein Wunder ist. Schließlich spült illegales Online-Glücksspiel Steuern in die Staatskasse – und zwar nicht zu knapp. Darüber berichtet ein "Eco Spezial" am Donnerstag um 22.30 Uhr auf ORF 2.

Die Fakten

In Österreich gibt es mit Win2Day nur einen zugelassene Anbieter von Online-Glücksspielen. Das Portal ist mehrheitlich in Besitz der teilstaatlichen Casinos Austria und zu einem geringeren Teil jenem des ORF. Laut Schätzungen gibt es mehrere Hundert in Österreich nicht zugelassene Online-Kasinos. Diese lukrieren zwischen der Hälfte und drei Viertel des gesamten sogenannten Bruttospielertrags in Österreich. Die Umsätze dieser nicht zugelassenen Kasinos werden für 2022 auf mindestens 140 Millionen Euro geschätzt.

Es geht um rund 88.000 Menschen in Österreich, die an Spielsucht leiden. Die Wiener Spielsuchthilfe berichtet, 86 Prozent der Erstbehandelten haben Schulden, bei 66 Prozent verändert sich die Persönlichkeit, 58 Prozent trennen sich von ihren Lebenspartnern, 22 Prozent verlieren den Job. Und 18 Prozent haben Suizidgedanken. Das Suchtpotential im Online-Glücksspiel ist groß. Die Hemmschwelle ist niedrig.

Viele Rechtsfälle

Einen absurden Nebeneffekt deckt das Magazin ebenfalls auf: Aufgrund des illegalen Charakters können Spielerinnen und Spieler ihre Verluste zurückfordern. Um diese Rechtsfälle hat sich ein regelrechter Prozessmarkt entwickelt. Laut "Eco" und "Dossier" wurden in Österreich bisher rund 25.000 Fälle gegen illegale Online-Kasinos gezählt. Es geht dabei um nicht weniger als 440 Millionen Euro, die verbotenerweise umgesetzt wurden. Also fast eine halbe Milliarde.

Was macht die Regierung?

Ein Gesetzesvorschlag befindet sich derzeit in Abstimmung, lässt Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) in der Causa wissen. Besondere Eile scheint nicht geboten. Seit drei Jahren lässt eine Reform auf sich warten. Mehr noch: Wie aus einer Anfragebeantwortung aus dem Finanzministerium hervorgeht, zahlen die verbotenen Glücksspielanbieter sogar Steuern. Alleine letztes Jahr wurden laut der Recherche von "Eco" und "Dossier" laut Finanzministerium von 35 nicht zugelassenen Glücksspielanbietern rund 55 Millionen Euro an Steuern gezahlt.

Hermann Kuschej, Soziologe am Institut für Höhere Studien, beziffert die Kosten von Spielsucht und den illegalen Online-Kasinos mit 280 Millionen Euro. Folgen für Kinder und Angehörige der Spielsüchtigen seien da noch gar nicht einkalkuliert. (Doris Priesching, 2.11.2023)