Braunkohlekraftwerk
Das verbleibende Treibhausgaskontingent ist geringer als bisher gedacht.
IMAGO/Future Image

Einer neuen Studie zufolge wird die Welt den Punkt, an dem das 1,5-Grad-Ziel verfehlt wird, viel früher erreichen als gedacht. Nur halb so viel Treibhausgase dürfen in den kommenden Jahren noch ausgestoßen werden als bisher berechnet Frankreich bereitet sich auf eine Welt vor, die um weitere vier Grad erhitzt wird. Diese Ankündigung sorgte bereits im Mai dieses Jahres für Schlagzeilen. Wie sieht das in Österreich aus? Hierzulande gibt es keine klaren Zahlen, die Politik oder Forschung als Ankerpunkt für die nötige Anpassung gesetzt haben.

Eine Strategie für die Anpassung gibt es aber schon, sogar schon seit 2012. Die neuere Version ist aus dem Jahr 2016. Diese basiert auf Daten, die ein Konsortium aus der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), dem Wegener-Center für Klima und globalen Wandel und der Universität Salzburg veröffentlicht hat: den Österreichischen Klimaszenarien (ÖKS15).

Grob zeigen sie: Die Temperatur wird in ganz Österreich in allen Höhenlagen deutlich steigen, der durchschnittliche Niederschlag wird sich hingegen nicht sonderlich verändern – er könnte sogar etwas zulegen. Das Risiko von sommerlichen Dürren nimmt dennoch massiv zu, der Niederschlag wird extremer. "Wir werden weniger Tage mit Regen sehen. Aber wenn es regnet, dann stärker", erklärt Matthias Themeßl von Geosphere Austria (vormals ZAMG). Damit steigt gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Überschwemmungen kommt.

Neue Daten

Damit aber noch sehr viel robuster abgeschätzt werden kann, wie sich die Erderhitzung an einem bestimmten Ort auswirken wird, arbeitet Themeßl zusammen mit einem Forschungsteam koordiniert vom Climate Change Centers Austria derzeit an neuen Daten: Bis auf einen Kilometer genau sollen diese zeigen, wie heiß es wird, wie sich Niederschlag und Luftfeuchtigkeit verändern, wie viel Schnee in Zukunft noch fallen wird und welche Windbedingungen vorherrschen werden. Bis diese sehr genaue Analyse abrufbar ist, wird es allerdings noch etwas dauern: Das Projekt läuft bis 2026.

Viele nötige Anpassungsmaßnahmen stehen aber jetzt schon fest. In der Landwirtschaft zum Beispiel wird es Lösungen brauchen, damit es nicht zu Nutzungskonflikten um Wasser kommt – außerdem muss das Saatgut entsprechend den Bedingungen angepasst werden. Besonders gravierend ist auch die Situation für die Forstwirtschaft: Wird es im Winter nicht ausreichend kalt, überlebt der Borkenkäfer und vermehrt sich dann deutlich schneller. Dazu kommen Hitze und Dürre.

Warnung vor schnellem Flächenverbrauch

Der aktuellste Fortschrittsbericht des Klimaministeriums stellt der Forstwirtschaft kein gutes Zeugnis in Sachen Anpassung aus: Fichten-Monokulturen bedecken noch immer rund die Hälfte der Ertragsfläche. Der Trend in Richtung laubholzreicherer Mischbestände, die sehr viel klimaresilienter sind, habe sich abgeschwächt. Im Bausektor spricht das Klimaministerium von Fortschritten bei der thermischen Sanierung – kritisch sei aber der weiterhin sehr hohe Versiegelungsgrad.

Welche Anpassungen im Wintertourismus nötig werden, deutet das Ergebnis des Forschungsprojekts FuSE-AT an. Es zeigt: Ungebremste Emissionen werden dazu führen, dass es etwa ab 2070 unter 2000 Meter kaum noch Schnee geben wird.
Passiert nicht schneller mehr, wird es teuer. So analysierte Karl Steininger vom Wegener-Center zusammen mit einem Team Forschender, dass die Folgen der Erderhitzung bereits heute mehr als eine Milliarde Euro im Jahr kosten. Bis 2050 könnte diese Zahl auf bis zu neun Milliarden Euro ansteigen, warnen die Forschenden. "Jeder investierte Euro in den Klimaschutz und in kluge Anpassung wird sich rechnen", so Themeßl. (Alicia Prager, 3.11.2023)