Caravaggio
Suche nach der Wahrheit: Caravaggio (Riccardo Scamarcio) kämpft leidenschaftlich für seine Kunst.
Filmladen Filmverleih

Was für ein Raufbold, was für ein Frauenheld, was für ein Hallodri! Der italienische Maler Michelangelo Merisi – besser bekannt als Caravaggio – wird im neuen Spielfilm Der Schatten von Caravaggio als rebellisch-leidenschaftlicher Mann (draufgängerisch gespielt von Riccardo Scamarcio) dargestellt, der für seine Kunst wortwörtlich über Leichen geht.

Der legendäre Totschlag, den der Künstler in einem heftigen Disput an einem seiner Rivalen begangen haben soll, stellt einen wichtigen Baustein der in Zeitsprüngen aufgebauten Erzählung des italienischen Regisseurs Michele Placido dar. Der fiktive und im Film anonym bleibende "Schatten" ist ein vom Vatikan direkt beauftragter, eiskalter Inquisitor mit schwarzem Umhang, der Caravaggio auf den Fersen ist.

In diesem etwas dramatischen und einem Krimi ähnlichen Biopic flüchtet der 1571 geborene Barockmaler von Rom nach Neapel und später nach Malta. Viele seiner intensiven Gemälde, die im Auftrag der katholischen Kirche entstehen, stoßen die konservativen Kardinäle und speziell Papst Paul V. derart vor den Kopf, dass sie Caravaggio finden und zum Tode verurteilen wollen. Immerhin wählt der streitsüchtige und dickköpfige Maler – der bis zuletzt auf eine Begnadigung wartet – Prostituierte, Obdachlose und Bettler als seine Modelle.

Pure Blasphemie!

So verewigt Caravaggio eine rothaarige Schönheit, die in einem Bordell arbeitet, als Maria Magdalena, eine bereits verstorbene Sexarbeiterin als heilige Mutter Gottes am Sterbebett und einen obdachlosen Mann mit dichtem Bart als gekreuzigten Petrus. Dass solche einfachen und im Sinne der katholischen Kirche sündhaften Menschen ihre höchsten Heiligen verkörpern, passt den Glaubensvertretern natürlich überhaupt nicht. Pure Blasphemie – so der Vorwurf von ganz oben.

DER SCHATTEN VON CARAVAGGIO Trailer German Deutsch (2023)
KinoCheck

Caravaggio lässt sich das nicht gefallen und kämpft gegen den Gegenwind seiner Widersacher an: Er möchte die Wahrheit malen – samt ihrem Elend und Leid, samt Krankheit und allen menschlichen Emotionen. Der Künstler hält sich sogar längere Zeit freiwillig in einer ärmlichen Krankenstation auf, um diese Realität aus nächster Nähe zu sehen und auch potenzielle Modelle (und Liebhaberinnen) zu erspähen.

Obwohl sich Caravaggio tatsächlich überdurchschnittlich schnell Feinde macht, hat er auch treue Unterstützer, wie den bedeutenden Kardinal del Monte, der seine Meisterwerke eifrig sammelt und verteidigt, oder die wohlhabende Mäzenin Costanza Colonna, die von Filmstar Isabelle Huppert gespielt wird.

Sie nimmt Caravaggio auch temporär bei sich auf, bevor er in den Süden weiterzieht. Offensichtlich ist er für die betuchte Dame mehr als nur ein begabter Schützling. Auch mit seinem Assistenten scheint der Maler eine heimliche Liaison zu haben, die aber nur angedeutet wird.

Verruchte Dynamik

Der dynamische Szenenwechsel verdeutlicht die Getriebenheit des Protagonisten, der abseits seiner Malerei wie ein heimatloser Streuner zwischen gewalttätigen Auseinandersetzungen, dionysischen Festlichkeiten und leidenschaftlichen Sexszenen lebt. Ein nettes Detail ist, dass die Farbwahl des Filmes in ähnlichem Hell-Dunkel-Kontrast wie in Caravaggios Bildern gewählt wurde. Das Verruchte und das Drama verstärken sich so noch mehr.

Zu viel darf man sich von dem Film, der stellenweise zu dick aufträgt, dennoch nicht erwarten: Unterhaltung und einen Einblick in das Werk des bedeutenden Malers bekommt man aber auf jeden Fall. Schließlich sind es seine engsten Vertrauten – darunter auch die junge Malerin Artemisia Gentileschi –, die der "Schatten" aufsucht und ihnen wichtige Informationen entlockt, bis er Caravaggio schließlich in eine fatale Falle lockt.

Das Ende nach kurzweiligen 118 Minuten entspricht zwar nicht dem realen Tod des bereits mit 38 Jahren verstorbenen Künstlers. Es passt aber zu diesem barocken Kriminalfall. Drammatico! (Katharina Rustler, 4.11.2023)