117.684 Stunden wurde im vergangenen Jahr laut Gewerkschaft gestreikt, rechnet Martin Thür am Sonntag in der "ZiB 2" vor. Und auch dieses Jahr stehen Arbeitsniederlegungen an, erste Warnstreiks der Metaller sind für Montag angekündigt, die Lohnverhandlungsrunden zeigen ja, wie weit hier die Vorstellungen auseinanderliegen.

Die Arbeitnehmer wollen ein Lohnplus von 11,6 Prozent. Arbeitgeber setzten zuerst auf ein Lohnplus von zehn Prozent und einer Einmalzahlung von 1.500 Euro, aufgeteilt auf zwei Jahre. Ein zweites Angebot sieht ein Lohnplus von 2,5 Prozent und monatlich 100 Euro plus eine Einmalzahlung von 1.050 Euro vor. Die Gewerkschaft ortet "Voodoo-Mathematik". Was die Gewerkschaft davon hält, sagte ihr Chefverhandler Reinhold Binder (Pro-Ge) schon recht unmissverständlich: "Mit den Einmalzahlungen können sie scheißen gehen." Die Stimmung ist – gelinde gesagt – aufgeheizt.

Reinhold Binder, Chefverhandler der Metaller-Gewerkschaft, war am Sonntag zu Gast bei Martin Thür in der
Reinhold Binder, Chefverhandler der Metaller-Gewerkschaft, war am Sonntag zu Gast bei Martin Thür in der "ZiB 2".
Screenshot: ORF-TVthek

Binder über Management-Boni und Kaufkraft

Reinhold Binder war am Sonntag auch zu Gast bei Martin Thür. Was müsste passieren, dass aus den Warnstreiks auch längere Streiks werden? Dass die Arbeitgeber uns ein Angebot vorlegen, das weit unter der Teuerungsrate liegt, ist genau das Problem, sagt Binder. Die Teuerung müsse "endlich abgegolten werden". Die Unternehmen hätten "gutes Geld verdient, und jetzt sind die Arbeitnehmer dran, und die dürfen nicht im Regen stehengelassen bleiben".

Es gehe auch um den Wirtschaftsstandort Österreich, um wichtige Fachkräfte, um Qualifikation, die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mitbringen. Es brauche ein Verhandlungsergebnis, mit dem sich die Menschen auch das Leben wieder leisten können. Einen Abschluss unter der Teuerungsrate schließt Binder freilich aus, besonders für jene der unteren Lohnkategorien. Man müsse nun die Kaufkraft stärken.

ZIB 2: Chefverhandler zu Metaller-Streiks
ORF

Wie sollen sich Unternehmen eine zweistellige Lohnerhöhung leisten können, will Thür wissen. Hier verweist Binder wieder auf die Kaufkraft, argumentiert, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht in die vielen Klein- und Mittelbetriebe investieren könnten, wenn sie nicht dementsprechend entlohnt werden. Management-Boni seien "eklatant erhöht" worden. Binder: "Die haben sich alle gut bedient, und jetzt sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dran." Er gehe auch um soziale Sicherungssystemen, die in Gefahr sind.

"Situationselastische Spracheleganz"

Thür spricht ihn auch auf seinen "Scheißen-gehen-Sager" zum Angebot der Einmalzahlung an (siehe oben). Thür wollte ihn in der Sendung nicht wiederholen. Ob das eine bewusste Provokation war, um öffentlich Druck auf die Arbeitgeber zu machen? "Das ist eine situationselastische Spracheleganz", antwortet Binder, er kämpfe für Familien, die sich ihr Leben momentan nicht leisten könnten. Die Monteure hätten bei der Betriebsversammlung "klar und deutlich mit ihrer Mimik und Gestik" gezeigt, was sie vom Angebot halten. (Astrid Ebenführer, 6.11.2023)