Gibt es auf X, vormals Twitter, Grenzen des Sagbaren? Seit der Übernahme der Plattform durch Elon Musk wird dieser von verschiedenen Stellen ein wachsendes Problem mit Hassrede und Fake News attestiert. Eine Feststellung, der Musk selbst wahlweise mit Selbstdarstellung als "Free Speech Absolutist" oder mit Vorwürfen gegen die Kritikerinnen und Kritiker begegnet.

Manche Dinge bleiben aber selbst auf X wohl tabu. Wenig überraschend lässt die Situation im Gazastreifen, in dem Israel als Reaktion auf die Hamas-Angriffe vom 7. Oktober derzeit eine militärische Offensive durchführt, auch auf diesem Netzwerk die Wogen hochgehen. Ein viraler Beitrag eines pakistanischen Politikers soll Insidern zufolge aber auch innerhalb des Unternehmens für einige Aufregung gesorgt haben, bis schließlich die von Musk eingesetzte CEO Linda Yaccarino persönlich einschritt.

Pakistanischer Senator preist Hitler

"Zumindest weiß die Welt nun, warum er tat, was er tat", schrieb Afnan Ullah Khan am 28. Oktober und stellte diesem Satz ein Bild von Adolf Hitler und den Hashtag "Gaza-Genozid" bei. Dabei spielt er offensichtlich auf die massenhafte Verfolgung und Ermordung von Juden durch das Nazi-Regime an, die er mit seinem Beitrag als gerechtfertigt relativiert. Khan sitzt für die "Pakistanische Muslimliga" im pakistanischen Senat, die Partei wird allgemein dem Mitte-rechts-Spektrum zugeordnet und ihre Ausrichtung als konservativ beschrieben.

Ein X-Posting mit Lob für Hitler und einem Bild von ihm
Das Posting von Khan, das via Wayback-Machine des "Internet Archive" abrufbar ist.
Twitter/Afnah Ullah Khan/Wayback Machine

Laut "The Information" erreichte das Posting binnen einiger Stunden beachtliche Reichweite und dürfte in dieser Zeit eine Million Mal aufgerufen worden sein. Eine Welle an Kritik war die Folge. Auch intern bei X soll es gemäß den mit der Angelegenheit vertrauten Personen für Wirbel gesorgt haben. Trotz zahlreicher Meldungen und einem Artikel der "Jerusalem Post" blieb der Beitrag von Khan online, weswegen erste Unternehmen mit dem Abzug von Werbebuchungen gedroht haben sollen.

Yaccarino schickte Beitrag an höchstes Moderationsteam

Letztlich hat CEO Yaccarino selbst eingegriffen und das Posting dem "Global Escalation Team" vorgelegt. Dieses entschied sich schließlich zur Löschung. Das, so wird das Unternehmen zitiert, habe aber nichts mit den Drohungen der Werbekunden zu tun gehabt, sondern damit, dass der Beitrag ein Verstoß gegen die Regeln von X sei. Einige Angestellte sollen allerdings sauer sein, da es ihrer Meinung nach zu lange dauerte, ehe die Lobpreisung für Hitler entfernt wurde.

Linda Yaccarino
Linda Yaccarino wurde von Musk im vergangenen Juni als X-CEO eingesetzt.
imago images/UPI Photo

Erst einen Tag vor dem Vorfall hatte Yaccarino in einem Blogbeitrag betont, dass X dem Thema Sicherheit höchste Priorität einräumt und in diesem Kontext weiterhin "böswilligen Akteuren" entgegentritt. Dazu setze man "konsistent die Regeln in Bereichen wie Hassrede" um. Diese Aussage wird allerdings von Musks früheren Personalmaßnahmen konterkariert. Unter seiner Führung wurde das "Trust & Safety"-Team laut Berichten von 230 auf etwa 20 Personen geschrumpft. (gpi, 6.11.2023)