Als vor wenigen Tagen die Nasa-Sonde Lucy ihren ersten von zahlreichen geplanten Asteroiden-Besuchen bei einem Brocken namens Dinkinesh absolvierte, erlebten die Wissenschafter des Projektes eine Überraschung: Das Objekt im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ist im Besitz eines kleinen Mondes. Als das Team die nach und nach eintrudelnden Bilder analysierte, offenbarte sich, dass es sich bei diesem kleinen Trabanten in Wahrheit um einen Doppelmond handelt.

Lucy, Nasa, Dinkinesh, Doppelmond
Die Aufnahme stammt vom sogenannten Lucy Long-Range Reconnaissance Imager (L'LORRI) und entstand am 1. November 2023 um 19 Uhr MEZ aus einer Distanz von 1.010 Kilometern. Deutlich ist zu erkennen, dass der Mond von Dinkinesh am rechten Bildrand aus zwei Objekten besteht.
Foto: NASA/Goddard/SwRI/Johns Hopkins APL

Rätselhafter Doppelmond

Die Bilder zeigten ein etwa gleich großes Asteroidenpaar, das um den größeren Asteroiden mit einem maximalen Durchmesser von etwa 790 Metern rotiere. Es sei das erste Mal, dass so etwas beobachtet worden sei. Wie das alles genau funktioniere, konnten sich die Nasa-Wissenschafter zunächst auch nicht erklären. "Es ist wunderbar, wenn uns die Natur mit einem neuen Rätsel überrascht", sagte Forscher Tom Statler.

Lucy war Anfang November in etwa 400 Kilometer Entfernung mit einer Geschwindigkeit von etwa 16.000 Kilometern pro Stunde an Dinkinesh vorbeigeflogen. Es handelte sich um einen Testflug, um zu sehen, ob die wissenschaftlichen Instrumente der Sonde funktionieren.

Begleiter aus der "Ilias"

Gestartet war Lucy 2021 vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida. Die mit ihren beiden Solarpaneelen mehr als 14 Meter breite Sonde ist zu den Asteroiden des Jupiters unterwegs und soll dort an sieben der sogenannten Jupiter-Trojaner eng vorbeifliegen: Eurybates, Queta, Polymele, Leucus, Orus, Patroclus und Menoetius – alle benannt nach Protagonisten aus der Antikensage "Ilias" von Homer.

Lucy, Nasa, Dinkinesh, Flugbahn, Doppelmond
Die Grafik zeigt die Flugbahn von Lucy während der Passage am Asteroiden Dinkinesh. "A" markiert die Position der Sonde um 18.55 Uhr MEZ am 1. November 2023. "B" war die Position der Sonde einige Minuten später um 19 Uhr MEZ, als jenes Bild geschossen wurde, das den Trabanten als Doppelmond zeigt.
Illustr.: NASA/Goddard/SwRI

Die Jupiter-Trojaner sind Asteroiden, die die Sonne auf derselben Bahn wie der Jupiter umkreisen – ein Schwarm eilt ihm voraus, einer folgt ihm hinterher. Sie gelten als "Fossile der Formierung der Planeten", weswegen sich die Nasa von der Mission neue Erkenntnisse über die Entstehung der Planeten und unseres Sonnensystems erhofft. Dinkinesh dagegen ist kein Jupiter-Trojaner, sondern kreist gemeinsam mit hunderttausenden anderen Objekten im Asteroidengürtel.

"Lucy in the Sky with Diamonds"

Der Name der Sonde ist dem Beatles-Song "Lucy in the Sky with Diamonds" entnommen. Der soll aus einem Kassettenrekorder gedröhnt haben, als Forscher 1974 im äthiopischen Afar-Dreieck Teile des Skeletts eines weiblichen Vormenschen entdeckten. Mit dem Fund wurde erstmals bewiesen, dass die Vorläufer des heutigen Menschen bereits vor rund drei Millionen Jahren aufrecht gehen konnten.

Das Fossil – und nun auch die Nasa-Sonde – bekamen den Spitznamen Lucy. Der Grund ist laut Nasa einfach: "Genau wie das Lucy-Fossil einzigartige Einblicke in die Entwicklung des Menschen lieferte, verspricht die Lucy-Mission unser Wissen über die Entstehung der Planeten und des Sonnensystems zu revolutionieren." (red, APA, 9.11.2023)