Das Gesetz wurde 2020 verabschiedet, 2021 trat es in Kraft.
imago images / photothek

Das Gesetz gegen Hass im Netz, das die Koalition zu Beginn ihrer Regierungsperiode verabschiedet hat, ist in Teilen EU-rechtswidrig. Das hat nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Damit schließt er sich der vorhergehenden Einschätzung des Generalanwalts und der Rechtsmeinung von Google, Meta und Tiktok an.

Der EuGH kippt damit einen entscheidenden Teil des Gesetzespakets, das 2021 in Kraft trat. Nämlich das sogenannte Kommunikationsplattformengesetz: Es verpflichtete Anbieter von Social-Media-Plattformen, Meldeverfahren für potenziell rechtswidrige Inhalte einzurichten. Diese hatten sie zu prüfen – und illegale Inhalte innerhalb von 24 Stunden entfernen. Sie mussten zudem regelmäßig Informationen zu solchen Meldungen veröffentlichen. Bei systematischen Verstößen waren empfindliche Strafen in Höhe von bis zu zehn Millionen Euro vorgesehen. Nicht gekippt wurden etwa neue Bestimmungen zu zivilrechtlichen Eilverfahren, über die Betroffene Hasspostings schneller entfernen lassen können.

Die Social-Media-Konzerne hatten ihre neuen Vorgaben teilweise nicht oder kaum umgesetzt und waren vor Gericht gezogen. Sie hatten argumentiert, dass das österreichische Gesetz gegen die EU-Richtlinie zur Regelung des elektronischen Geschäftsverkehrs verstößt. Diese sieht vor, dass Unternehmen im Netz lediglich dem Recht jenes EU-Landes, in dem sie ihren Sitz haben, unterliegen. Alle drei Firmen sitzen in Irland.

"Gegenseitiges Vertrauen untergraben"

Demnach dürfte Österreich keine strengeren Regeln vorsehen als das Herkunftsland des jeweiligen Betreibers. Der EuGH gibt ihnen recht und verweist in seinem Urteil auf das Ziel der Richtlinie: Sie solle einen rechtlichen Rahmen schaffen, der EU-weit einen freien Verkehr von Dienstleistungen im Netz ermöglicht – und so ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts sichert.

Zwar dürften Mitgliedsstaaten wohl eng gefasste Maßnahmen ergreifen, "um die öffentliche Ordnung, den Schutz der öffentlichen Gesundheit, die öffentliche Sicherheit oder den Schutz der Verbraucher zu gewährleisten". Aber: Ein Mitgliedsstaat dürfe einem Unternehmen mit Sitz in einem anderen EU-Land keine "generell-abstrakten Verpflichtungen auferlegen". Österreich greife mit dem Gesetz in die Regelungskompetenzen von Irland ein. Durch das Vorgehen werde "das gegenseitige Vertrauen zwischen den Mitgliedsstaaten untergraben und gegen den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung verstoßen".

Die EU-Kommission hatte bereits vor der Verabschiedung des Gesetzes die Regierung gewarnt, dass Teile davon gegen Unionsrecht verstoßen dürften. Sie leitete zwar kein Vertragsverletzungsverfahren ein, riet Österreich aber, es zu überarbeiten. Auch EU-Rechtsexperten warnten, dass es wohl vor dem EuGH nicht halten dürfte.

Gesetz schon immer "eine Zwischenetappe"

Stefan Ebenberger, Generalsekretär des Providerverbands Ispa, zu dem auch Facebook und Google gehören, sagt, er sei "nicht überrascht". Der Verband habe bereits 2020 auf die Rechtswidrigkeit hingewiesen. "Einmal mehr wird klar: Das Internet lässt sich nicht im nationalen Alleingang regulieren. Umso wichtiger ist jetzt eine zügige und durchdachte Umsetzung des Digital Services Act der EU, der genau die Rechtsfragen löst, für hier verabschiedet wurden", sagt er. Der Digital Services Act (DSA) soll mit Februar 2024 in Kraft treten und sieht eine EU-weite strengere Regulierung von Social-Media-Plattformen vor.

Aus dem Büro von Verfassungsministerin Karoline Edstadler (ÖVP) heißt es, dass schon immer klar gewesen sei, dass das Kommunikationsplattformengesetz "eine Zwischenetappe auf dem Weg hin zu einer gemeinsamen europäische Lösung ist". Dies sei notwendig gewesen, um in der Zwischenzeit "effektive Werkzeuge gegen Hass im Netz" zu etablierten. "Darüber hinaus hatten die Plattformen so auch die Möglichkeit, sich auf die europäischen Regeln einzustellen", heißt es. Der DSA sei begrüßenswert, aktuell arbeite man im Ministerium an der österreichischen Umsetzung der Regelung. (Muzayen Al-Youssef, 9.11.2023)