2017 ersteigerte Unternehmer Klaus Ortner Wackers Selbstbildnis für den vorläufigen Auktionsrekord des Künstlers (549.000 Euro). Auf der Staffelei ist die Collage "Frau Klimesch" erkennbar, die sich in der Privatsammlung der Familie Leopold befindet.
Leopold Museum, Hassfurther, STANDARD-Bildbearbeitung

Als einem der bedeutendsten heimischen Vertreter der Neuen Sachlichkeit würde Rudolf Wacker, 1893 in Bregenz geboren und ebendort 1939 verstorben, hierzulande abseits des Kunstmarktes wohl mehr Aufmerksamkeit gebühren, als institutionelle Sammlungen bisher aufzubringen bereit waren. Sieht man vom Vorarlberg-Museum ab, das 2018 in einer Ausstellung die den Künstler nach seinem Studium an der Hochschule in Weimar (unter Albin Egger-Lienz) durch langjährige Gefangenschaft prägenden Kriegsjahre in den Fokus rückte, findet sein Schaffen kaum Berücksichtigung.

Eine stiefmütterliche Behandlung, die vordergründig mit den marginalen Beständen in Bundeskollektionen argumentiert werden könnte. Dem gegenüber stehen jedoch relevante Werke, die in den vergangenen Jahren auch über den Kunstmarkt in Privat- und Firmensammlungen gelangten und als Leihgaben wohl verfügbar wären. So man den teils abseits der Wiener Metropole wirkenden und in den Bundesländern verorteten Kunstschaffenden der Zwischenkriegszeit auch einmal Beachtung schenken wollen würde.

Rudolf-Wacker-Symposium

Die Oesterreichische Nationalbank nennt etwa fünf Ölgemälde ihr Eigen, darunter die beiden 2006 für je 90.000 Euro (exkl. Aufgeld) bei Hassfurther ersteigerten Stillleben mit Haubensteißfuß (1928) und Schäfchen mit Puppe (1934), die offiziell im Leopold-Museum als Leihgaben gastieren, jedoch derzeit nicht ausgestellt sind.

Deutlich umfangreicher ist der Künstler in der Sammlung von Klaus Ortner repräsentiert: mit elf Gemälden, Stand Ende April 2022, als der Porr-Hauptaktionär in seinem 2021 eröffneten Privatmuseum in Wien ("by appointment only") ein vom Kunsthandel Giese & Schweiger organisiertes "Rudolf Wacker Symposium" veranstaltete, das noch über Youtube abrufbar ist.

Rudolf Wackers "Uferlandschaft" (1936) soll zwischen 250.000 und 500.000 Euro einspielen.
im Kinsky

Schlüsselwerke in Privatbesitz

Die "Wackers" des Tiroler Unternehmers dokumentieren einen Schaffenszeitraum von 1924 (u. a. Puppenstube mit Kasperl) bis 1937 (Puppenköpfchen mit Sprüngen), die Werke hat er teils aus Privatbesitz und teils über Auktionen erworben. Dazu gehört etwa das Selbstbildnis Der Maler von 1924, für das Ortner 2017 bei Hassfurther den vorläufigen Künstlerrekord von 549.000 Euro (inkl. Aufgeld) bewilligte.

Laut Kunsthändler Herbert Giese handelt es sich um ein Schlüsselbild, das von Wackers intensiver Beschäftigung mit den deutschen Expressionisten (Otto Dix, George Grosz) sowie Kandinsky und dem Kubismus zeugt. Es zeigt den Künstler mit verbissen-fanatischer Miene, die Palette in der Hand an einem Bild malend, auf dessen Rückseite eine im selben Jahr fertiggestellte Collage identifizierbar ist: "Frau Klimesch" mit ihren "exhibitionierten Brüstchen", wie er es in einem Brief beschreibt, ein Gemälde, das sich in der Privatsammlung der Familie Leopold befindet.

Rudolf Wacker (an der Staffelei), seine Ehefrau Ilse und Sohn "Romedi" (Romedius) an Ufer des Bodensees. Die Fotografie entstand um 1931.
Privatbesitz, im Kinsky

Gefragte Bodensee-Motive

Im Zuge der bei "im Kinsky" Ende November anberaumten Auktionen werden sechs Wacker-Gemälde aus dem Zeitraum von 1927 bis 1936 angeboten. Darunter vier Motive, die seine tiefe Verbundenheit mit der Bodenseeregion spiegeln. Nach seiner Kriegsgefangenschaft und Aufenthalten in Berlin und Wien war er 1924 endgültig in seine Heimat nach Bregenz zurückgekehrt. Die in der freien Natur, oftmals an der Mündung des Bilgeribachs in den Bodensee, gemalten Bilder boten im einen Ausgleich zum Alltag im Atelier.

Beispielhaft etwa die im Frühsommer 1936 entstandene Uferlandschaft, die den Blick von Mehrerau in Richtung Lindau mit dem Pfänderrücken rechts im Hintergrund zeigt und die er im selben Jahr an eine Bregenzer Familie verkaufte. Seither war es nur zwei Mal öffentlich zu sehen: 1946 bei einer Schau im Vorarlberger Landesmuseum und 1958 bei der Gedächtnisausstellung in der Österreichischen Galerie, dem heutigen Belvedere, in Wien.

Für knapp 15.000 Euro (inkl. Aufgeld) wanderten der aus den Jahren 1924 bis 1936 stammende Briefwechsel zwischen Rudolf Wacker und Anton Reichel, Kustos und späterer Direktor der Albertina, nach Vorarlberg.
Dorotheum

Briefwechsel mit Albertina

Die im Wechsel der Jahreszeiten variierten lokalen Motive fanden einst vor allem beim heimischen Publikum Anklang und halfen Wacker bei der Überbrückung finanzieller Engpässe. Ein wiederkehrendes Thema im Leben des Künstlers, wie auch aus seinem Briefwechsel mit einem ehemaligen Kustos und späteren Direktor der Albertina zwischen 1924 und 1936 hervorgeht: mit Anton Reichel, der 1923 einen ersten Ankauf grafischer Arbeiten Wackers vermittelt hatte.

Die Dokumente kamen 2014 als Konvolut über das Dorotheum auf den Markt: 38 Briefe, drei Postkarten und 30 Werkfotografien, die das Franz-Michael-Felder-Archiv der Vorarlberger Landesbibliothek, das auch Wackers schriftlichen Nachlass verwahrt, für knapp 15.000 Euro ersteigerte. Die Briefe geben spannende Einsichten in Wackers Lebenswelt und Überlegungen zur Malerei und wurden in kommentierter Form von Jürgen Thaler, dem Leiter des Felder-Archivs, im Jahrbuch 2022 veröffentlicht.

Die Korrespondenz endet mit Reichels Kondolenzschreiben an die Witwe des Künstlers im April 1939: Er starb infolge zweier Herzinfarkte, die er bei einer Hausdurchsuchung und einem anschließenden Verhör durch die Gestapo erlitten hatte. (Olga Kronsteiner, 11.11.2023)