Nachhaltiges Investieren wird immer beliebter, auch in Österreich. Im Vorjahr ist das Volumen an derartigen Publikumsfonds hierzulande auf mehr als 45,3 Milliarden Euro angewachsen, das entspricht verglichen mit dem Jahr zuvor einem Zuwachs von etwa 18 Prozent. Warum auch nicht, schließlich gibt es zur Rendite auch ein gutes Gewissen als Zubrot, wenn man sein Geld so veranlagt, dass weder Umwelt noch Soziales davon Schaden nehmen. Aber ist das wirklich so? Worin investieren nachhaltigen Fonds tatsächlich?

Zwei Ölförderanlagen in der Abendsonne.
Würden Sie in nachhaltigen Fonds Papiere von Ölfirmen vermuten? Wohl eher nicht, erlaubt ist es aber.
REUTERS/FABIAN BIMMER

Dieser Frage ist die Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich nachgegangen – und ist zu unerwarteten Ergebnissen gekommen. Oder hätten Sie erwartet, dass ein Anleihenfonds, der aktiv mit Nachhaltigkeit im Bereich Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) wirbt und diese sogar im Namen trägt, wesentliche Teile seines Volumens in osteuropäische Öl- und Gasunternehmen investiert? Genau dies ist aber laut AK beim LLB Anleihen Schwellenländer ESG T der Fall.

Dabei werde klar, dass die Perspektive des Fondsmanagements und die Erwartungshaltung der Konsumierenden auseinanderliegen, betonen die Konsumentenschützer. Allein: Nach derzeitigem EU-Recht sei die Vorgangsweise und Kommunikation von LLB Invest "allerdings in Ordnung". Denn seit dem Jahr 2021 sind Kapitalanlagegesellschaften zwar gesetzlich verpflichtet, nachhaltige Fonds auch als solche zu deklarieren. "Klare Kriterien für Nachhaltigkeit fehlen dafür aber noch", kritisiert die Kammer.

Objektive Kontrolle

AK Oberösterreich fordert daher verbindliche Kriterien und objektive Kontrolle, um diese Form des legalen Greenwashings zu vermeiden: "Es braucht EU-weit klare, rechtlich bindende Vorgaben für ökologische und soziale Kriterien. Nur unter deren Einhaltung sollten sich Fonds als nachhaltig deklarieren dürfen." Zum Schutz der Investierenden sollte eine Prüfung durch die jeweils zuständige Finanzmarktaufsicht verpflichtend eingeführt werden, bevor ein Fonds als nachhaltig deklariert werden dürfe, empfehlen die Konsumentenschützer.

Generell handelt es sich im Finanzbereich weitgehend um Auslegungssache, was unter nachhaltig verstanden wird. Zu diesem Ergebnis ist Pascal Kielkopf, Analyst bei HQ Trust, gekommen, der die nachhaltigen globalen Indizes der Anbieter FTSE, MSCI, Solactive und S&P durchleuchtet hat.

"Herrscht bei Waffenherstellern noch ziemliche Einigkeit, scheiden sich bei der Atomkraft schon die Geister: Jeder hat eine andere Definition davon, welche Unternehmen als nachhaltig gelten", sagt Kielkopf. Dazu komme die unterschiedliche Systematik der Indexanbieter, welche die Dimensionen der Nachhaltigkeit, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG), unterschiedlich gewichte.

Wie sollen sich Anleger, die in einen nachhaltigen börsengehandelten Fonds (ETF) dieser Indexanbieter investieren wollen, noch zurechtfinden? "Investoren sollten sich genau mit den Definitionen und Systematiken der ESG-Fondsanbieter beschäftigen und sich überlegen, welche inhaltlichen Schwerpunkte ihnen am meisten zusagen", empfiehlt der Experte. Es mache einen Unterschied, ob "dreckige Branchen" ausgeschlossen werden oder welche Rolle das Thema Impact spiele. "Impact bedeutet, dass aus jedem Sektor Unternehmen ausgewählt werden, die die besten relativen Fortschritte in puncto Nachhaltigkeit zeigen", erklärt Kielkopf. Bei Impact-Strategien wird Druck auf die Unternehmensleitung ausgeübt.

Zu Artikel 9 greifen

Die AK Oberösterreich empfiehlt Interessierten, bei der nachhaltige Fondsveranlagung jenen Produkten, die nach Artikel 9 deklariert sind, den Vorzug zu geben. Diese sind laut EU-Taxonomie besonders nachhaltig und werden als dunkelgrüne Fonds bezeichnet, allerdings gibt es davon derzeit nur wenige am österreichischen Markt. Die restlichen Fonds sind nach Artikel 8 deklariert und berücksichtigen nur Nachhaltigkeitsaspekte. (Alexander Hahn, 12.11.2023)