Die frühere SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner pflegte offenbar noch intensiveren Austausch mit ihren Vorgängern – und holte sich im Vorjahr Unterstützung von Viktor Klima, Christian Kern, Alfred Gusenbauer, Franz Vranitzky und Werner Faymann.
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Bei der Parteivorsitzenden vor Andreas Babler waren es nur 75 Prozent. Auf dem Bundesparteitag vor zweieinhalb Jahren, auf dem Pamela Rendi-Wagner sich erstmals ihrer Wiederwahl als SPÖ-Chefin stellte, wurde sie mit zahlreichen "Streichungen" der Delegierten abgestraft. Wenig überraschend daher, dass der aktuelle Parteichef sein Wiederwahlergebnis von knapp 89 Prozent vom Parteitag am Wochenende als Erfolg feiert – und Geschlossenheit in der Partei kommuniziert.

Allerdings: Ein "Schönheitsfehler" hängt dem obersten Genossen seit dem Wochenende nach. Kein Einziger seiner Vorgänger als SPÖ-Vorsitzender war beim Parteitag in Graz zugegen – ein völliges Novum auf einem roten Bundesparteitag. Babler selbst sagte im Interview mit der "Krone", dass alle ehemaligen Parteivorsitzenden eingeladen worden seien. Jedoch: Das bestätigen manche der Angesprochenen nicht – im Gegenteil.

"Keine Einladung bekommen"

Denn sowohl die Altkanzler und ehemaligen SPÖ-Chefs Werner Faymann und Franz Vranitzky als auch Bablers direkte Vorgängerin an der Parteispitze, Pamela Rendi-Wagner, sagen auf STANDARD-Nachfrage, keine Einladung erhalten zu haben. Auch der frühere Bundespräsident Heinz Fischer, bei der Wiederwahl Rendi-Wagners noch Gast auf dem Bundesparteitag, gibt auf Nachfrage an, nicht eingeladen worden zu sein: "Ich habe mir den Parteitag im Fernsehen angeschaut, aber Einladung habe ich keine bekommen."

Ex-Kanzler Christian Kern bestätigt dem STANDARD dagegen, eine Einladung zum Bundesparteitag erhalten zu haben. Er war allerdings beruflich im Ausland. Laut SPÖ-Bundespartei hat Kern deshalb schriftlich abgesagt. Auch der ehemalige Kanzler Viktor Klima habe den Erhalt der Einladung schriftlich bestätigt und abgesagt, weil er nicht kommen konnte.

Warum aber die gegenteiligen Aussagen von Rendi-Wagner, Faymann und Altbundespräsident Fischer einerseits und von Babler und der SPÖ-Bundespartei andererseits? Auf STANDARD-Nachfrage im Büro Babler heißt es, man habe Einladungen an sämtliche früheren Parteivorsitzenden verschickt – und das per E-Mail. Es sei denkbar, dass sich beim einen oder anderen früheren Parteichef die E-Mail-Adresse geändert habe und diese der Partei nicht mitgeteilt worden sei.

Doskozil meldet sich aus Eisenstadt

Was die vielbeschworene Einheit der SPÖ angeht, gibt es da aber noch eine andere, Montag aufgekommene Tangente, die Zweifel an der ganz großen Geschlossenheit der Partei aufkommen lassen könnte – oder auch nicht; je nachdem, wie man sie interpretiert. Denn Bablers einstiger Widersacher um den SPÖ-Vorsitz, der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, drängte sich genau einen Tag nach dem roten Parteitag, zu dem er nicht erschienen war, wieder per Vorstoß aus Eisenstadt in die Berichterstattung.

Am Montag gab er nämlich auf Facebook bekannt, bei der burgenländischen Landtagswahl 2025 erneut anzutreten. Zuvor hatte er stets betont, nur dann ein weiteres Mal zu kandidieren, "wenn die burgenländische Bevölkerung das will". Dass dem so sei, zeige laut Doskozil nun eine von der SPÖ Burgenland in Auftrag gegebene Umfrage, wonach ihn 70 Prozent der Burgenländerinnen und Burgenländer bei einer Direktwahl wählen würden. "Ich werde mich 2025 mit großer Demut wieder um dieses Amt bewerben", ließ der Landeshauptmann in diesem Zusammenhang wissen.

Bundespartei sieht keinen unfreundlichen Akt

Dass die Veröffentlichung von Umfrage und Antrittsbekenntnis nur einen Tag nach Bablers erstem Bundesparteitag reiner Zufall ist, daran wollen allerdings nur wenige politische Beobachter glauben. Das Verhältnis zwischen Doskozil und dem Bundesparteichef ist schließlich bekanntermaßen wenig herzlich. Auch in den vergangenen Wochen und Monaten hatte der Burgenländer mehrmals Kritik an der Bundes-SPÖ geübt – zuletzt rund um die Listenerstellung für die EU-Wahl.

In der roten Bundespartei will man Doskozils Aussendung zum Antritt bei der Landtagswahl aber nicht als weiteren unfreundlichen Akt aus Eisenstadt interpretieren. Womöglich sogar im Gegenteil, wie es dem STANDARD gegenüber heißt: Man könne das Statement ja auch so verstehen, dass sich der Genosse nun auf die Aufgaben in seinem Bundesland konzentrieren wolle. Ob er das tatsächlich so gemeint hat, wird Doskozil in seinen öffentlichen Auftritten der kommenden Monate vermutlich selbst beantworten. (Martin Tschiderer, 13.11.2023)