Dass die Verhandlungen der Metalltechnischen Industrie heuer nicht leicht werden würden, war schon vor der ersten Runde im Oktober klar. Doch auch nach sechs Runden, in denen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber über insgesamt acht Angebote der Arbeitgeber ausgetauscht haben, ist man noch weit auseinander. Nach Protestkundgebungen und Warnstreiks folgen nun erste Tagesstreiks.

Streik in Arnoldstein
11,6 Prozent haben die Arbeitnehmer gefordert, ein Paket aus Lohnerhöhung und Einmalzahlungen liegt auf dem Tisch. Das ist den Gewerkschaften zu wenig. Nach ersten Protesten kommt es nun zu eintägigen Streiks. (Im Bild: Streik in Arnoldstein)
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Frage: Wo wird gestreikt?

Antwort: Zu den ersten Unternehmen, in denen seit Beginn der Frühschicht im Morgengrauen der Arbeitskampf ausgerufen wurde, gehört Trumpf Maschinen Austria in Pasching in Oberösterreich. Die Beschäftigten der Frühschicht meldeten sich dienstbereit, traten aber in den Streik. Am Firmeneingang waren zwei Streikposten stationiert. Arbeiterbetriebsratschef Alfred Sacher sagte im ORF-Radio: "Die Stimmung ist sehr verärgert. Die Leute haben sich von den gestrigen Verhandlungen einiges erwartet, sind mit den Aufbesserungen der Arbeitgeber nicht einverstanden." Der Streik geht bis 22 Uhr. Weitere folgen, der Arbeitskampf in der Metalltechnischen Industrie laufe gerade an, sagte Produktionsgewerkschaftschef Reinhold Binder.

Video: Keine Einigung bei Metaller-KV: Nun wird wieder gestreikt.
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Frage: Wie hoch war die Forderung, mit der die Arbeitnehmer in die Verhandlungen gegangen sind?

Antwort: 11,6 Prozent waren die erste Forderung. Die Arbeitgeber haben das als Fantasie abgetan.

Frage: Aber es geht doch darum, die Inflation des Vorjahres auszugleichen, die noch viel höher war als heuer ...

Antwort: Das stimmt. Aber mittlerweile haben sich die Bedingungen geändert. Die Wirtschaft ist durch die Zinserhöhungen erlahmt, vor allem die Industrie leidet unter den gestiegenen Kosten. Jetzt noch die Lohnkosten deutlich zu erhöhen sei unverantwortlich – so lautet das Argument der Arbeitgeber. Auch weil ihre Auftragsbücher weit nicht mehr so voll sind wie noch vor einigen Monaten. Man könne nur verteilen, was auch verdient wird. Und da schaue es im rezessiven Umfeld eher schlecht aus.

Frage: Wir hoch ist denn nun das Angebot der Arbeitgeber?

Antwort: Die Arbeitgeber haben eine Kombination angeboten, die so aussieht: 2,7 Prozent Lohnerhöhung plus einen dauerhaften Sockelbetrag von 130 Euro – das ergäbe im Schnitt ein Plus von sechs Prozent, das um eine Einmalzahlung von 1200 Euro erhöht würde. Die Arbeitnehmer haben das als in Summe zu geringes Paket abgelehnt. Das Gesamtpaket inklusive der steuerfreien Einmalzahlung ergebe eine durchschnittliche Erhöhung um 8,2 Prozent, rechneten die Arbeitgeber vor.

Frage: Nun wird also gestreikt. Was ist hier zu erwarten?

Antwort: Der Gewerkschaft geht es mit ihren Maßnahmen darum, den Druck in den Verhandlungen zu erhöhen. Nach Betriebsversammlungen und stundenweisen Warnstreiks samt Protestkundgebungen in der Vorwoche wird nun gestreikt. In rund 200 Betrieben haben sich Streikkomitees gebildet. Bis zum 17. November soll es in diesen Betrieben vorerst eintägige Arbeitsniederlegungen geben. Die ersten Arbeitsniederlegungen haben am Dienstagmorgen begonnen.

Streik vor dem Firmenstandort der iSi GmbH in Wien.
Streik vor dem Firmenstandort der iSi GmbH in Wien.
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Frage: Die Branche der "Metaller" ist groß. Warum sind die Verhandlungen so kompliziert?

Antwort: Die unter "Metaller" zusammengefassten Betriebe sind in sechs Branchenverbände gegliedert. Sie alle sind naturgemäß unterschiedlich groß und haben eine unterschiedliche Wirtschaftsentwicklung und damit Finanzkraft. Der größte Fachverband ist mit 130.000 Beschäftigten die Metalltechnische Industrie, das sind Stahlbau, Maschinen- und Metallwarenindustrie. Bergbau/Stahl, Gießereien, Kfz-Industrie, Nicht-Eisen-Metalle (Aluminium) und Gas-Wärme-Erzeuger sind die weiteren Branchen. Die Metaller umfassen also große Stahlerzeuger wie die Voestalpine ebenso wie Autozulieferer oder Sicherheitstechnikunternehmen wie die für Schloss und Riegel bekannte Evva oder Gießereien. Sie alle bildeten bis vor zwölf Jahren eine Kollektivvertragsgemeinschaft, die Löhne und Gehälter für mehr als 200.000 Beschäftigten in einem Aufwasch verhandelte.

Frage: Warum ist das jetzt nicht mehr so?

Antwort: Weil 2011 die Arbeitgeber-Fachverbände in der Wirtschaftskammer diese Runde aufgekündigt haben. Seither verhandelt jeder Branchenverband getrennt. Die beabsichtigte Differenzierung nach Branchen stellte sich jedoch nicht ein, denn das Gegenüber in den Verhandlungen blieb das gleiche: die Gewerkschaften Pro-Ge (ehemals Metall) und GPA. Die Termine sind seither zwar gestaffelt, aber sobald der größte Fachverband, die in der Metalltechnischen Industrie vereinte Maschinen- und Metallwarenindustrie, einen Abschluss fixiert hat, schließen von Bergbau/Stahl über Aluhersteller bis hin zu Gas-Wärme-Erzeugern alle auf gleicher Höhe ab. Die Last für die unterschiedlichen Unternehmen in der Branche ist also immer gleich groß – nur die Finanzkraft der Unternehmen bzw. die Auftragslage eben nicht.

Frage: Wie geht es jetzt weiter?

Antwort: Am Dienstag und Mittwoch gehen die KV-Verhandlungen in Bergbau/Stahl, Kfz-Industrie und Gießereien weiter - dann wird am Donnerstag und Freitag nach dem Willen der Gewerkschaft auch in diesen Unternehmen gestreikt. Darüber hinausgehende Lohnverhandlungen lehnen die Arbeitnehmer-Vertreter ab. Ab Samstag stehe man Tag und Nacht für Verhandlungen zur Verfügung, kündigte Metall- und Produktionsgewerkschaftschef Reinhold Binder an. Man hoffe, die Gespräche bald wieder aufzunehmen, betonte auch der Obmann der Metalltechnischen Industrie, Christian Knill. Ob die gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen zu mehrtätigen Streiks ausgeweitet werden, hängt also von den Verhandlungserfolgen ab. (bpf, ung, 14.11.2023)