Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Udo Landbauer (FPÖ)
"Wer Mitglied unserer Gesellschaft werden will, der muss die historische Verantwortung, die Österreich als Staat trägt, auch als Staatsbürger mittragen", sagte ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (Im Bild mit Vize Udo Landbauer).
APA/HELMUT FOHRINGER

St. Pölten – Die ÖVP Niederösterreich hat am Dienstag eine "Null-Toleranz-Initiative" mit Maßnahmen gegen Antisemitismus und für eine bessere Integration veröffentlicht. Gefordert werden unter anderem strengere Regeln für den Erhalt der Staatsbürgerschaft und härtere Sanktionen bei Schulpflichtverletzungen. Für die Einbürgerung soll ein Kurs, in dem es insbesondere um Grundwerte, Integration, Demokratie, aber auch die Anerkennung des Staates Israel geht, verpflichtend sein.

"Wer Mitglied unserer Gesellschaft werden will, der muss die historische Verantwortung, die Österreich als Staat trägt, auch als Staatsbürger mittragen", sagte ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Der Kampf gegen den Antisemitismus und die Anerkennung des Existenzrechts des Staates Israel seien "Staatsräson – und damit Grundvoraussetzung für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft". Der 7. Oktober und die Wochen danach "müssen für alle ein Weckruf sein und die Augen öffnen", sprach Mikl-Leitner von einem "Wendepunkt". "Gegengesellschaften dürfen wir als Gemeinschaft in unserem Land nicht tolerieren – wir müssen sie zur Verteidigung unserer Werte viel mehr sanktionieren."

Staatsbürgerschaft frühestens nach zehn Jahren

Eine privilegierte Einbürgerung nach sechs Jahren soll es künftig nicht mehr geben, verlangte die niederösterreichische Volkspartei. Die Verleihung der Staatsbürgerschaft soll generell – mit Ausnahme von EWR-Bürgern – erst nach frühestens zehn Jahren möglich sein. Auch jene, die derzeit "befreit" sind, weil sie in Österreich die Schule besuchen beziehungsweise besucht haben, sollen künftig einen Test machen müssen. Im Rahmen dieses Kurses zur Staatsbürgerschaftsprüfung soll – ebenso wie in der Schule – auch der Besuch einer KZ-Gedenkstätte verpflichtend sein. Bei Verurteilung wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung soll es kein Recht auf Einbürgerung geben, bei einem Schuldspruch wegen Verhetzung oder nach dem Verbotsgesetz soll Doppelstaatsbürgern die österreichische Staatsbürgerschaft entzogen werden.

Erweitert werden sollen laut dem Papier die Mitwirkungspflichten der Eltern an der schulischen Bildung ihrer Kinder. "Bei grobem Fehlverhalten, Mobbing oder Gewalt sowie mangelnder Integrationsbereitschaft" sollen Lehrer-Eltern-Gespräche verpflichtend sein. Als Beispiel wurde unter anderem "bewusste Verweigerung der Unterrichtssprache Deutsch trotz deren Kenntnis" angeführt. Zudem sollen Eltern mit der Schulleitung und den Lehrkräften kooperieren müssen. Ebenso gefordert wird eine Umsetzungspflicht der im Lehrer-Eltern-Gespräch vereinbarten Maßnahmen, etwa Anti-Gewalt-Training oder schulpsychologische Beratung. Der Strafrahmen bei nachhaltigen Verletzungen oder Vernachlässigungen der Mitwirkungspflichten der Eltern soll von bisher maximal 440 Euro auf künftig mindestens 500 bis maximal 2.500 Euro erhöht werden.

Grüne mit Kritik an schwarz-blauer Koalition

"Wir brauchen klarere Definitionen der Schulpflichten und strengere Sanktionen bei Schulpflichtverletzungen", erklärte Mikl-Leitner. Wer "die gereichte Hand zur Integration in unsere Gemeinschaft nicht freiwillig annehmen will, muss finanziell empfindlich sanktioniert werden". Strafzahlungen für Eltern Integrationsunwilliger seien eine "klare Botschaft, dass wir die Entwicklung von Gegengesellschaften in unserem Land nicht akzeptieren".

Die niederösterreichischen Grünen reagieren auf die Initiative der ÖVP mit Unverständnis. Was Antisemitismus betreffe, seien Rechtsextreme und extreme Islamisten Brüder im Geiste, heißt es in einer Aussendung. "Die Landeshauptfrau wäre daher gut beraten, ihren Kampf gegen Antisemitismus bei ihrem Regierungspartner zu beginnen, der in der Vergangenheit durch einschlägige Liederbücher und Hitlergrüße aufgefallen ist“, betont Landtagsabgeordneter Georg Ecker (Grüne). (ste, APA, 14.11.2023)