Laura Mulvey und Peter Wollen widmeten den Film
Laura Mulvey und Peter Wollen widmeten ihren Film "Amy!" (1980) der britischen Flugpionierin Amy Johnson, die 1930 als erste Frau einen Alleinflug von England nach Australien unternahm.
Österreichisches Filmmuseum

Wien – Falls Sie sich schon einmal gefragt haben, was denn der sogenannte "männliche Blick" ist, dann sind Sie bei Laura Mulvey richtig. 1975 schuf die Britin mit Visuelle Lust und narratives Kino (im Original: Visual Pleasure and Narrative Cinema) einen Meilenstein der feministischen Filmtheorie. Ihre Hauptthese: Frauen sind im klassischen Erzählkino Hollywoods visuelles Spektakel, Männer die treibende Kraft. Eine treffende Beobachtung, die bis dahin niemand in dieser Klarheit artikuliert hatte.

Laura Mulvey, britische Filmtheoretikerin, zu Gast im Österreichischen Filmmuseum.
Laura Mulvey, britische Filmtheoretikerin, zu Gast im Österreichischen Filmmuseum.
Österreichisches Filmmuseum

In den 1980er-Jahren revidierte Mulvey ihre Kritik teilweise, und auch heutzutage betont sie den spezifischen Kontext des Texts: Frauenbewegung, Psychoanalyse, Lacan. Mindestens die von Mulvey disqualifizierte Femme fatale wurde bald anders interpretiert, ihr Prinzip der männlichen Schaulust wurde um eine weibliche und queere Perspektive ergänzt.

Neue Chance für Howard Hawks

Im Österreichischen Filmmuseum kann man sich nun davon überzeugen, wie Mulvey in einer Carte Blanche dem klassischen Erzählkino mit Filmen von Douglas Sirk oder Howard Hawks eine neue Chance gibt. Aber auch Filme des feministischen Kinos sind zu sehen: Etwa Unsichtbare Gegner (1977) von Valie Export oder Toute une Nuit (1982) von Chantal Akerman. Dass Mulvey gemeinsam mit ihrem Ehemann Peter Wollen, ebenfalls Filmtheoretiker, auch selbst eine Handvoll Filme drehte, ist weniger bekannt.

Riddles of the Sphinx (1977) oder The Bad Sister (1983) zeigt das Filmmuseum ab dem 16. November. Außerdem ist Mulvey zu Gast: Am 17. November spricht sie gemeinsam mit der österreichischen Experimentalfilmerin Constanze Ruhm über feministische Filmtheorie und -praxis. (Valerie Dirk, 14.11.2023)