Die Tage der Linksfraktion im Deutschen Bundestag sind gezählt. Noch etwas mehr als drei Wochen, dann wird es sie nicht mehr geben. Am Nikolaustag, mitten in der Legislaturperiode, wird sie damit beginnen, sich selbst zu liquidieren. Es ist ein beispielloser Vorgang im Parlament und ein Offenbarungseid für die Linke.

Nicht mehr am selben Tisch: Sahra Wagenknecht und Gregor Gysi.
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Sahra Wagenknecht ist Schuld – das sagen die Rumpf-Linken in der Fraktion. Schließlich hat diese der Fraktion den Todesstoß gegeben, indem sie aus der Partei austrat, um sich auf ihr eigenes Bündnis zu konzentrieren. Wagenknecht sieht es natürlich anders: Sie habe sehr lange ausgehalten, aber dann sei es einfach nicht mehr gegangen und sie habe (neue Wege) gehen müssen.

Das Tischtuch ist zerschnitten

Es ist wie bei vielen Scheidungen eine Frage der Betrachtungsweise. Eigentlich spielt es nun auch keine Rolle mehr. Das linke Tischtuch ist zerschnitten, die Trennung besiegelt und eingeleitet.

Zeit wird es. Denn die letzten Monate waren unerträglich. Die Linke drang kaum noch mit Konzepten und Ideen durch. Der Streit zwischen Wagenknecht und der Parteispitze um die künftige Ausrichtung der Partei überlagerte alles, was sich dann auch in miserablen Wahlergebnissen widerspiegelte. Links der Ampel gab es eigentlich keine Opposition mehr, rechts – mit dem Erstarken der AfD – umso mehr.

Von nun an marschieren Linke und Wagenknecht getrennt. Sie werden nicht nur die Regierung bekämpfen, sondern vermutlich auch einander. Jede Gruppe will 2025 wieder in den Bundestag. Es wird hart werden für beide Seiten, aber es ist auch eine Chance. Man wird jetzt, da die Fronten geklärt sind, hoffentlich wieder mehr über Inhalte reden. (Birgit Baumann, 14.11.2023)