Die Tribute von Panem, Das Lied von Vogel und Schlange
Zwischen Coriolanus Snow (Blyth) und Lucy Gray Baird (Zegler) knistert es gewaltig.
Lionsgate/ LEONINE Studio

Die Tore der blutigen Arena öffnen sich wieder! Allerdings schon 64 Jahre bevor Katniss Everdeen alias Jennifer Lawrence ihren Bogen bis zum Anschlag über die Leinwände spannt. Acht Jahre mussten Fans seit dem Erscheinen des letzten Teils der Die Tribute von Panem-Filmreihe warten, bis es wieder heißt: "Möge das Glück stets mit euch sein!"

Mit Die Tribute von Panem – Das Lied von Vogel und Schlange kommt jetzt die Vorgeschichte zu der erfolgreichen Buch- und Filmserie ins Kino, die in den frühen 2010er-Jahren die Leinwände beherrschte. Regie führte Francis Lawrence – wie schon beim zweiten, dritten und vierten Teil.

Das Sequel, das auf dem gleichnamigen Buch von 2020 basiert, erzählt von den Schlüsseljahren von Coriolanus Snow, jenem Mann, der später großartig von Donald Sutherland mit schneeweißem Haar und einem eiskalten Lächeln verkörpert wurde.

Die junge Unschuldsversion

Jetzt spielt Newcomer Tom Blyth seine 18-jährige Unschuldsversion. Coriolanus ist der Abkömmling einer gutbürgerlichen Familie aus dem Kapitol, der Hauptstadt der fiktiven Nation Panem. Es regiert bei ihm mehr Schein als Sein: In einem Krieg, der zehn Jahre zuvor zu Ende gegangen ist, ist aller Wohlstand verloren gegangen. Nur mit charmantem Geschick vermag er die Fassade des bourgeoisen Großstadtschnösels aufrechtzuerhalten.

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Zu Beginn des Films stehen die zehnten Hungerspiele an, also jener grausige Wettkampf, bei dem sich Jugendliche aus den Distrikten – den "Bundesländern" von Panem – als "Tribute" bis zum Tod bekämpfen müssen.

Coriolanus muss als Mentor herhalten. Ihm und seinen Klassenkameraden aus der gediegenen Kapitol-Schule wird jeweils ein Tribut zugeteilt, das sie lebendig durch die Hungerspiele manövrieren sollen. Ihm fällt die Aufsicht über Lucy Gray Baird (Rachel Zegler) zu, einer Sängerin aus Distrikt 12 mit Paradiesvogelcharakter. Das genaue Gegenteil von Jennifer Lawrences Katniss Everdeen also.

Er ist fasziniert

Die Geschichte entspinnt sich relativ vorhersehbar: Coriolanus ist fasziniert von Lucy Gray, nach anfänglichen Schwierigkeiten setzt er alles daran, sie lebend aus der Arena herauszuholen. Spoilerwarnung: Das gelingt ihm auch. Anders als bei seinen Vorgängern ist damit aber noch nicht das Filmende erreicht.

Leider, muss man sagen. Denn während die Hungerspiele Filmfans durch zahlreiche Verweise auf Elemente der Originalreihe noch positiv-nostalgisch stimmen könnten, wirkt alles danach nur noch wirr und zusammenhanglos.

Zunächst regiert das übliche Pathos inmitten von Explosionen und knospenden Liebesszenen. Es scheint aber regelrecht notwendig, um die altbekannte Atmosphäre wiederherzustellen. Peter Dinklage (Game of Thrones) und Hunter Schafer (Euphoria) glänzen in allerdings viel zu knapp geratenen Nebenrollen. Die retrofuturistische Aufmachung des Sets funktioniert, da es sich um eine Vorgeschichte handelt. Die obligatorische Romanze zwischen den beiden Hauptcharakteren scheint etwas forciert, ist aber quasi ein Muss im Genre der Teen-Fantasy.

Die Tribute von Panem, Das Lied von Vogel und Schlange
Peter Dinklage glänzt in einer viel zu knapp geratenen Nebenrolle.
2023 Lionsgate/ LEONINE Studios

Bergab geht es mit dem Film, nachdem Lucy Gray als Siegerin aus der Arena ausgezogen ist: Als Coriolanus – er ist bei Schummeleien erwischt worden – zur Strafe in die Distrikte geschickt wird, packt man in die letzten 45 Minuten des gewaltigen Zweieinhalbstünders einen Handlungsstrang, der eigentlich einen neuen Film bräuchte. Mit neuen Figuren, die nicht mehr vorgestellt werden und unbekannten Schauplätzen können selbst Hardcore-Fans nichts mehr anfangen.

Plötzlich ein Böser

Der Wendepunkt, auf den man den ganzen Film über wartet, will sich einfach nicht einstellen. Warum wird aus dem charmanten Blondschopf ein alter, kaltblütiger Präsident? Hier kommt er plötzlich wie aus dem Nichts hervor.

War Das Lied von Vogel und Schlange zuvor noch ein freundlicher Service an die Fangemeinde, wird auch diese zum Ende hin enttäuscht. An die originale Reihe kann der Film trotz vieler Versuche nicht anknüpfen. (Caroline Schluge, 16.11.2023)