Dolly Parton
Als Grande Dame der Musik berittener amerikanischer Rinderhirten versucht sich Dolly Parton in ihren späten Jahren an so etwas Ähnlichem wie Rockmusik. David Hasselhoff gefällt das.
Universal/Mohindra

Irgendwann einmal wird jemand auf eine völlig verrückte Idee kommen. Die einstmals wilde, auf niederen Instinkten und keinem künstlerischen Niveau basierende Rockmusik wird zu einem Plärrgesangs-geilen und von der Aufmachung her völlig würdelosen Kinderfaschingsmusical kastriert. Sie ist damit bestens für Tagesfahrten mit einem von der Raiffeisenbank Murau gecharterten Bus ins Wiener Raimundtheater geeignet. Achtung, Einstiegsstelle in Liezen am Samstag bei der Jet-Tankstelle, Autobahnzubringer B320, Kreisverkehr, 13.30 h scharf! Aber, he .... Oh, mein Gott ... Warte eine Minute, das gibt es ja alles schon längst!

Falco, die vier ABBAs auf Sirtaki-Urlaub bei Mamma Mia, die Beatles, Tina Turner, Elton John, Queen. Wir rocken, aber gepflegt und gesittet muss es sein! Man muss hier auch noch einmal auf alte Stinkstiefel wie die "Rocky Horror Show", "Tommy" oder "Hair" sowie Phil Collins mit Tarzan und Liane und "Jesus Christ Superstar" für Schulvorführungen hinweisen, bevor Letzterer heutzutage eventuell nicht mehr auf dem Lehrplan steht, weil damit eventuell religiöse Gefühle verletzt werden könnten.

Hoffen auf einen milden Verlauf

Impfungen funktionieren jedenfalls so, dass das Immunsystem mittels ganz grauslichen Zeugs zur Herstellung von Antikörpern und der Vermehrung bestimmter Immunzellen angeregt wird: Sobald man also diese historischen Musical-Altlasten in sich hat einwirken lassen, ist man gegenüber dem neuen Album von Dolly Parton fast immun beziehungsweise dürfte eine Infektion damit einen milden Verlauf nehmen.

DollyPartonVEVO

Der verdiente 77-jährige Superstar der Country-Musik hat in seiner über sechzigjährigen Karriere an die 5.000 Songs komponiert. Rund tausend davon hat Dolly Parton auch selbst eingesungen, darunter Jahrhundertlieder wie "Jolene", den Begräbnisklassiker "I Will Always Love You" oder das feministische Statement "9 to 5". Mit ihrem 49. Studioalbum hat sich Dolly Parton nun keinen Gefallen getan.

Neben wenigen eigenen neuen Liedern macht die sympathische und bekennende "Hinterwäldler-Barbie" mit dem Herz am rechten Fleck heute auf wilde Rockerbraut aus dem Ronacher oder dem Raimundtheater. Sie covert uns um den Verstand. Dolly Partons quietschende und nasal-raunzende Stimme mag bestens für Country und Songs über das oft auch bittere, harte, auf jeden Fall aber gottesfürchtige Leben im Hinterhof Amerikas geeignet sein. Ihre sexy wie ein Bauspardarlehen oder Leasingvertrag klingenden Versionen von Queens "We Are The Champions" / "We Will Rock You", "Purple Rain" von Prince oder das von Parton gemeinsam mit Paul McCartney und Ringo Starr gemeuchelte "Let It Be" zählen zu den absoluten musikalischen Grausamkeiten in einem an musikalischen Grauslichkeiten nicht gerade armen Jahr. Dazu spielt eine Studiomuckerband mit 19-saitigen Gitarren, Schnauzbart und Minipli-Frisuren recht beamtenhaft auf.

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Die Gästeliste auf "Rockstar" ist so lang wie es die 30 dokumentierten Songs hergeben: Elton John, Linda Perry, P!nk, Lizzo, Debbie Harry, Sting, Stevie Nicks, Rob Halford von Judas Priest (!!!), Miley Cyrus, die Aerosmiths, Linda Perry, John Fogerty und der dumpfe Kid Rock, sie alle sind sich nicht zu dumm dafür, ihre eigenen Songs zu killen. Nur Robert Plant und Jimmy Page von Led Zeppelin und Mick Jagger waren klug genug, um bei "Stairway to Heaven" und "Satisfaction" nicht mitzumachen. Es sind gute Jungs.

Wenn das so weitergeht, kommt es noch so weit, dass sich David Hasselhoff an David Bowies "Heroes" vergeht. Verdammt, das hat er schon! (Christian Schachinger, 1.11.2023)