Tür, wo drüber steht:
Der EXW-Prozess am Landesgericht Klagenfurt läuft seit Ende September.
APA/ROLAND SCHLAGER

Klagenfurt – Im EXW-Prozess um mutmaßlichen Millionenbetrug mit Kryptowährungen hat am Mittwoch die Ex-Lebensgefährtin des Hauptangeklagten am Landesgericht Klagenfurt als Zeugin ausgesagt, dass der Betrug von Anfang an geplant gewesen sei. Als Reaktion darauf legte der 26-Jährige ein Geständnis ab. Zumindest teilweise: Der Betrug sei zwar nicht von Anfang an geplant gewesen, hätte sich aber ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr verhindern lassen.

"Irgendwann muss alles zu einem Ende kommen", leitete der Klagenfurter, der sich bisher nicht schuldig bekannt hatte, seine Aussage vor Richterin Claudia Bandion-Ortner nach der Einvernahme seiner Ex-Lebensgefährtin ein. Diese hatte ihn zuvor schwer belastet und angegeben, dass das Geschäft bereits als Betrug geplant gewesen wäre. "Es war von Anfang an klar, dass die Gelder irgendwann einfach weg sein werden", gab sich die Zeugin überzeugt.

Zeugin: Freund wollte "so schnell wie möglich reich werden"

Die 23-Jährige zeichnete vor Gericht das Bild eines ausschweifenden Luxuslebens, das sie mit dem heute 26-jährigen Gründer des EXW-Firmenkonstrukts geführt habe. Ihr damaliger Freund wollte "so schnell wie möglich reich werden". Kennengelernt habe sich das junge Paar im Frühjahr 2019, vor der Gründung der EXW. Sie erzählte von Treffen auf einer Klagenfurter Dachterrasse, bei denen ihr Ex und seine Kumpanen Pläne für "ein letztes Ding" schmiedeten, um gemeinsam reich zu werden.

Das Konzept sei über vier Wochen entwickelt worden. "Zu dieser Zeit war der Kryptomarkt am Boomen", erklärte die Zeugin. Die Männer hätten geplant, eine Kryptowährung zu schaffen, deren Kurs sie selbst hätten "regulieren" können. "War Ihrer Ansicht nach ein Betrug geplant?", wollte die Vorsitzende des Schöffensenats, Richterin Claudia Bandion-Ortner, wissen. "Ja", antwortete die Zeugin. Zwischenzeitlich sei überlegt worden, das Geschäft ins Legale zu drehen, das habe aber wegen der hohen Ausgaben nicht funktioniert.

Hauptangeklagter: "War nicht als Betrug geplant"

"Die EXW, die Idee und die Umsetzung waren nicht als Betrug geplant", widersprach der Hauptangeklagte dieser Darstellung. Es sei ihm aber irgendwann bewusst geworden, dass "das so nicht funktionieren kann und es in einem Betrug enden wird". Das sei Anfang 2020 gewesen.

Der Hauptangeklagte entlastete in seiner Aussage die anderen Angeklagten und sagte aus, dass nur er und die drei anderen EXW-Founder Mitwisser waren. Einer dieser Männer ist bereits in Brasilien festgenommen worden, ein zweiter hatte sich vergangene Woche der Justiz gestellt und der Dritte befindet sich noch auf der Flucht.

Luxusleben

Seine Ex-Freundin erzählte von einem Luxusleben mit Partys, Champagner, Luxusuhren und -autos, Flügen, Hotels, Restaurants, aber auch Schreibtischen à 15.000 Euro für das Klagenfurter Büro oder EXW-Events, um neue Kunden anzuwerben. Sie habe dann mit dem Hauptangeklagten in einer Villa in Thailand gelebt. Monatsmiete: 15.000 Euro.

Dabei habe dieser gleich ein neues EXW-Projekt mit Immobilien in Fernost gestartet. "Das war einfach nur eine Broschüre", so die Zeugin. Währenddessen sei im Klagenfurter Büro alles drunter und drüber gegangen, Partys seien gefeiert worden und 400.000 oder 450.000 Euro seien plötzlich verschwunden gewesen.

Umzug nach Dubai

Wie der Hauptangeklagte sich an den von Kunden investierten Geldern bereichert habe, sagte sie ebenfalls aus: "Er hatte immer Zugriff auf die Konten und Wallets, und wenn er Geld gebraucht hat, hat er das einfach auf die eigene Wallet transferiert." Dazu hätte er eine Art "Bitcoin-Mixer" genutzt, bei dem alle Beträge durch mehrere Wallets "gejagt" und schlussendlich wieder zusammengeführt wurden und letztendlich auf dem Konto des Hauptangeklagten landeten. Der Weg des Geldes könne so nicht mehr nachvollzogen werden.

Zurück in Österreich sei ihr damaliger Partner immer nervöser geworden, er hatte Angst vor der Finanzmarktaufsicht und Polizei, sagte die 23-Jährige. Er brachte sie, damals im siebenten Monat schwanger, dazu, mit ihm nach Dubai zu übersiedeln, wo man wieder in einer großen Luxusvilla residierte.

Trotz des Umzugs blieb die Situation angespannt, weil die Auszahlungen stockten: "Die Kunden saßen ihm im Nacken." Es habe schlechte Bewertungen im Internet gegeben, erste negative Medienberichte. "Irgendwann hat er gesagt, es ist nicht mehr viel von dem Geld da, er steigt jetzt aus."

Auf einem gemeinsamen Bali-Urlaub sei die Beziehung schließlich in die Brüche gegangen. Sie habe weiterhin über Bekannte einiges mitbekommen, außerdem wollten Leute von ihr wissen, wo der Hauptangeklagte und ihr Geld sei. Nach der Trennung habe sie keinen Grund mehr gehabt zu schweigen.

Ergänzende Einvernahme des Hauptangeklagten geplant

Der Hauptangeklagte begegnete den vielen Anschuldigungen seinerseits, indem er seiner Ex-Lebensgefährtin vorwarf, sie hätte weniger Einblick gehabt, als sie vorgab. Ihr sei das Luxusleben wichtig gewesen, und sie hätte "gelogen und betrogen, wo es nur gegangen ist, um noch mehr Geld aus der Beziehung herauszuholen".

In zwei Wochen soll der Prozess mit der ergänzenden Einvernahme des Hauptangeklagten fortgesetzt werden. Der EXW-Prozess läuft seit Ende September. Die acht Angeklagten sollen rund 40.000 Opfer um mindestens 17,6 Millionen Euro betrogen haben, die Gesamtschadenssumme könnte aber noch weit höher liegen. Die 23-jährige Zeugin sagte am Mittwoch aus, sie gehe von einem Schaden von 80 bis 120 Millionen Euro aus. (APA, 15.11.2023)