Methan ist nach CO2 das wichtigste Treibhausgas und ist inzwischen für fast ein Drittel der Erderhitzung verantwortlich. Dabei wäre es vergleichsweise einfach und wirkungsvoll, die Methan-Emissionen zu senken: Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) könnte man 75 Prozent der Methan-Emissionen ohne großen Aufwand und ohne teure Investitionen einsparen. Das wäre in etwa so viel Erdgas, wie Russland vor dem Angriff auf die Ukraine in die EU geliefert hat.

Eine neue Verordnung, auf die sich die EU-Staaten diese Woche geeinigt haben, soll den Methan-Ausstoß weltweit nun drastisch reduzieren. Sie setzt beim Energiesektor an, denn bei der Förderung und beim Transport von Kohle, Öl und Gas könnten die Emissionen vergleichsweise einfach gesenkt werden.

Wir sprechen im Podcast über die unterschätzte Nummer zwei unter den Treibhausgasen – und was die neuen Regeln für das Weltklima bringen sollen. Die Fragen beantworten Alicia Prager aus der Wirtschafts- und David Rennert aus der Wissenschaftsredaktion des STANDARD.

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Frage: Was ist Methan, und warum ist es so gefährlich?

Antwort: Methan ist ein farb- und geruchloses Gas, das bei sehr vielen Prozessen auf der Erde entsteht – im Grunde überall, wo Biomasse verrottet, ohne dass Luft dazukommt. Das passiert in Mooren, Feuchtgebieten, in den Mägen von Kühen, in der Kanalisation oder auf Mülldeponien. Aber auch bei der Förderung von fossilen Brennstoffen wird Methan frei, Erdgas selbst besteht zum allergrößten Teil aus Methan.

Frage: Wie schädlich ist das Methan für das Klima?

Antwort: Über einen Zeitraum von 20 Jahren wirkt Methan rund 80-mal stärker auf das Klima als CO2. Warum es dennoch nicht das wichtigste Treibhausgas ist, liegt daran, dass es eine viel kürzere Lebensdauer in der Atmosphäre hat. Im Schnitt bleibt es rund neun Jahre dort, bevor es oxidiert, während Teile des CO2, das wir heute ausstoßen, auch in 1.000 Jahren noch klimawirksam sind. Das heißt, wenn wir heute die Methan-Emissionen reduzieren, sehen wir schon in wenigen Jahren erste Effekte davon.

Frage: Wo kommt das ganze Methan in der Atmosphäre eigentlich her? Viele denken bei Methan vielleicht zunächst an rülpsende Kühe.

Antwort: Rund 60 Prozent der Methan-Emissionen stammen aus menschlichen Aktivitäten. Dazu muss man natürlich auch die Viehwirtschaft zählen, die tatsächlich ein großer Faktor ist. Aber auch in anderen Bereichen der Landwirtschaft, etwa beim Reisanbau, wird Methan freigesetzt. Eine große Rolle spielt auch, wie wir mit Müll umgehen – denn wenn der auf Deponien verrottet, entsteht Methan. Rund ein Drittel des vom Menschen verursachten Methans stammt aber aus Förderung und dem Umgang mit fossilen Brennstoffen, etwa wenn aus undichten Pipelines Erdgas austritt.

Kuh, unscharf, vor Ölförderpumpe
Rund 60 Prozent der Methan-Emissionen werden vom Menschen verursacht, etwa durch Viehzucht oder Gasförderung.
AP/David Goldman

Frage: Und der natürliche Anteil?

Antwort: Der macht 40 Prozent des Methan-Ausstoßes aus. Das Gas entsteht vor allem in Feuchtgebieten. In den vergangenen Jahrzehnten haben insbesondere die Emissionen in den Tropen, in Afrika und Südamerika, zugenommen. Aufgrund des Klimawandels wird es dort nicht nur wärmer, sondern es gibt auch mehr regionale Niederschläge. Feuchtigkeit und Wärme sind genau die Faktoren, die die Methanproduktion ankurbeln.

Frage: Auch im Permafrost lagert viel Treibhausgaspotenzial. Wie viel Methan kommt von dort?

Antwort: Derzeit noch wenig. Zwar gibt es eine Zunahme der Emissionen aus den borealen Nadelwäldern Kanadas und Sibiriens, richtig weit in den Norden reicht das aber noch nicht. Wenn das Methan und das CO2, die im Permafrost schlummern, aber beginnen freizuwerden, werden wir einen ganz anderen Anstieg der Emissionen sehen. Denn in den Böden ist rund doppelt so viel Kohlenstoff gespeichert, wie derzeit in der Atmosphäre ist.

Frage: Wie lassen sich die Methan-Emissionen im Bereich der fossilen Brennstoffe reduzieren?

Antwort: Die gute Nachricht ist: Man kann mit bestehenden Technologien wirklich sehr viel tun. Das Erste ist, dass man mit einigen Praktiken aufhört, die in vielen Teilen der Welt noch zum Einsatz kommen. Zum Beispiel, dass bei Reperaturarbeiten Pipelines einfach geöffnet werden und das Gas in die Atmosphäre entweicht. Das ist doppelt absurd – weil dadurch nicht nur der Klimawandel verschlimmert, sondern auch Energie verschwendet wird. Überall, wo mit Gas hantiert wird, gibt es Möglichkeiten, dass es entweichen kann – dort muss man nachschärfen. Das gilt insbesondere auch für Flüssiggas, weil dort von der Förderung bis zum Verbrauch mehr Schritte notwendig sind. Aber auch im Kohlebergbau und bei der Ölförderung entsteht viel Methan, das zur Energiegewinnung genutzt werden könnte, oft aber einfach in die Atmosphäre entweicht.

Frage: Lässt sich Methan wieder aus der Atmosphäre entfernen?

Antwort: Das ist leider nicht so einfach. Methan aus der Luft zu filtern ist so energieaufwendig, dass es keine positive Klimabilanz ergeben würde. Geforscht wird aber an Bakterien, die sich von Methan ernähren, und es gibt einige vielversprechende Materialien, die Methan binden könnten. Dass aber bald in großem Stil Methan aus der Atmosphäre entfernt wird, ist eher unwahrscheinlich – auch weil die Forschungsgelder, die in diesen Bereich fließen, im Vergleich zur CO2-Abscheidung gering sind. Viel einfacher wäre es aber ohnehin, die Methan-Emissionen zu verringern, da es nicht lange in der Atmosphäre bleibt.

Ölfördergebiet im Irak
In vielen erdölproduzierenden Ländern wird Erdgas weiterhin abgefackelt, wie hier im Irak. Weil das Methan dabei meist nicht ganz verbrannt wird, landen große Mengen in der Atmosphäre.
AFP / Hussein Faleh

Frage: In letzter Zeit gibt es immer wieder Versprechen von Staaten, den Methan-Ausstoß zu reduzieren. Wie sieht es damit aus?

Antwort: Nach langem Streit haben sich EU-Rat und -Parlament diese Woche auf eine europäische Methan-Verordnung geeinigt. Die Regelung bringt einheitliche Regeln zur Messung der Emissionen, denn in der Vergangenheit ist es immer wieder vorgekommen, dass Energiekonzerne viel weniger Methan gemeldet haben, als dann bei Proben festgestellt wurde. Diese müssen nun auch regelmäßig nach Lecks suchen und diese schnell reparieren – da gab es bisher kaum Regeln. Das Ablassen von Erdgas in die Atmosphäre wird, mit Ausnahme von Notfällen, verboten. Derzeit wird Erdgas, etwa auf Ölfeldern, abgefackelt, um schneller fördern zu können. Das ist zwar besser, als es direkt in die Atmosphäre entweichen zu lassen, aber oft verbrennt dabei nicht das gesamte Methan. Diese Praktik wird künftig stark eingeschränkt.

Frage: Inwiefern betreffen die neuen Regeln auch Förderprojekte außerhalb der EU?

Antwort: Die EU importiert derzeit über 90 Prozent ihrer fossilen Brennstoffe, deshalb hat sie hier auch einen sehr großen Hebel. Die EU will etwa kein Öl mehr importieren, wenn dafür bei der Förderung Erdgas abgefackelt wurde – wenn auch mit einer Übergangsfrist. Ab 2026 veröffentlicht die EU dann eine Transparenzdatenbank, in der festgehalten wird, wie viel Erdgas bei welchem Förderprojekt abgefackelt wurde. Gleichzeitig müssen Unternehmen Strafen bezahlen, wenn es zu sogenannten Super Emitting Events kommt, also besonders viel Methan in die Atmosphäre gelangt. Ab 2030 gibt es einen Schwellenwert für die Methan-Intensität von Brennstoffen, der nicht überschritten werden darf. Die deutschen Grünen sprechen bereits vom wirkungsvollsten Klimagesetz, das die EU in den vergangenen Jahren hervorgebracht hat. Sie erwarten jährliche Treibhausgaseinsparungen, die zwei Dritteln der Emissionen Deutschlands entsprechen.

Frage: Ende November startet die Weltklimakonferenz COP 28 in Dubai. Wird Methan dort ein Thema sein?

Antwort: Bereits auf der Klimakonferenz in Glasgow 2021 war Methan ein großes Thema. Dort ist der Global Methane Pledge unterschrieben worden, eine internationale Vereinbarung, nach der die Staaten ihre Methan-Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2020 um mindestens 30 Prozent senken wollen. Die neue EU-Verordnung ist quasi die Umsetzung dieser Erklärung von Glasgow. Sultan Al-Jaber, der Präsident der COP 28, hat bereits angekündigt, dass er sich dafür einsetzen will, dass große Teile der Ölindustrie ihre Emissionen stark senken. Außerdem soll es in Dubai eine Erklärung geben, wonach bis 2030 kein Erdgas mehr abgelassen und abgefackelt werden soll.

Frage: Sind auch Maßnahmen für Landwirtschaft und Abfallbehandlung geplant?

Antwort: Dort sind die Emissionen viel schwieriger einzudämmen als im Energiesektor, weshalb sich die EU erst einmal diesen vorgenommen hat. Für die Landwirtschaft gibt es bisher bloß lose Strategien und Ziele im Rahmen der EU-Lastenteilungsverordnung, die die Emissionspfade für die Mitgliedsstaaten festschreibt. Zaghaft wird nun auch darüber gesprochen, die Methan-Emissionen der Landwirtschaft über die Industrieemissionsrichtlinie zu adressieren – das aber wird wohl noch etwas dauern. Die Abfallbehandlung funktioniert in der EU vergleichsweise gut, da der Müll vor allem verbrannt wird, anstatt auf Deponien zu landen, wo Methan entsteht. In der nächsten EU-Legislaturperiode sollen zudem strengere Gesetze kommen, um die Methan-Emissionen in der Abfallbranche weiter zu reduzieren. (red, 17.11.2023)