Die Vorarlberger Kulturlandesrätin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) stellt neue Richtlinien für Kulturpolitik vor.
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Bregenz - Das Land Vorarlberg wird in seiner Kulturförderung künftig stärker auf die Teilhabe junger Menschen, flexiblere Stipendienmodelle, Fair Pay und auf die Aktivierung neuen Publikums abzielen. Das sind einige Ableitungen aus der Kulturstrategie, die nun ein Update erhielt. Die Kulturstrategie bildet die Basis für die Ausrichtung der Kulturpolitik des Landes in den nächsten Jahren, so die zuständige Landesrätin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) am Freitag bei der Präsentation in Bregenz.

Grundlage für die Überarbeitung der 2016 erstellten Kulturstrategie bildete eine Bestandsaufnahme, bestehend aus einer Jugendbefragung, einer bereits vorgestellten Studie über die Lebens- und Einkommensverhältnisse von Künstlerinnen und Künstlern in Vorarlberg - jeder zweite Vorarlberger Kunstschaffende ist armutsgefährdet - sowie einer 2022 durchgeführten Kulturenquete, an der sich zahlreiche Kunstschaffende beteiligten.

Grundsätzlich seien die bestehenden Leitlinien bestätigt worden, aber es habe sich in der diverser werdenden, von Umbrüchen geprägten Gesellschaft auch der Bedarf an Kurskorrekturen gezeigt, so Schöbi-Fink, flankiert von Kulturabteilungsvorstand Winfried Nußbaummüller und weiteren Fachleuten des Strategieteams, der Sozialwissenschafterin Eva Häfele, Kulturmanager Edgar Eller und Fabian Rebitzer von der Forschungsgruppe Empirische Sozialwissenschaften der FH Vorarlberg. So sollte die Kulturabteilung künftig neue Impulse in den Bereichen Bildung und Jugend, Klima und Nachhaltigkeit sowie beim Thema Fair Pay setzen.

Fast-Publikum

Grundsätzlich sei die Bevölkerung gegenüber Kunst und Kultur "offen und interessiert", so Rebitzer. Es gebe die Bereitschaft, kulturelle Angebote zu nutzen, das Publikum fühle sich aber nicht immer angesprochen. Es gelte, dieses "Fast-Publikum" stärker zu aktivieren, etwa über niederschwelligere Angebote und in sozialen Medien. Durchaus überraschende Ergebnisse brachte die Jugendbefragung. So sahen sich 40 Prozent der Jugendlichen selbst als Kunstschaffende, "weil sie ein sehr breites Verständnis von Kultur haben", erläuterte Eva Häfele.

Den Jugendlichen war ein offener, diskriminierungsfreier Zugang, unterstützende Rahmenbedingungen und multifunktionale Kulturräume wichtig, zudem wollten sie einbezogen werden. Sie richteten ihr Augenmerk stärker auf den kulturellen Prozess, weniger auf ein Endergebnis. Letzteres sei auch aus der "Prekariatsstudie" als Empfehlung abzuleiten: Es bedürfe einer längerfristigen Begleitung zur Aufrechterhaltung von künstlerischer Produktion, so Nußbaummüller. Das wird sich etwa in freien, flexibleren und damit familienfreundlicheren Stipendien niederschlagen.

Sparten durchbrechen

Laut Eller werden die klassischen Sparten in der Kultur immer mehr durchbrochen. Wenn ein Projekt aber mehrere Landesabteilungen berühre, sei dies eine Herausforderung für die Verwaltung in der Förderlogik. Hier sei mehr Schnittstellenarbeit nötig. Auch behördliche Auflagen bei zeitweiser Nutzung von Räumen sollten angepasst werden. "Es braucht die Haltung, das ermöglichen zu wollen", so Eller in Richtung der Behörden. Hier will das Land künftig mehr Geld ausgeben, ebenso für Kunstankäufe und Auslandsprojekte.

Auch das Projekt "Double Check", für das Kunstschaffende mit Schulen zusammenarbeiten, erfährt eine Mittelerhöhung für Honorare, besser zahlen will das Land zudem Mitglieder in Kunstkommissionen. Mehr Geld gibt es auch für Impulsförderungen zur Aktivierung neuer Publikumsschichten, für junge Kunst und neue Experimentierräume. Schrittweise fortfahren will das Land mit der "Knochenarbeit", stets zu prüfen, ob der Künstler, die Künstlerin für die Arbeit fair bezahlt wird. Fair Pay sei aber nicht allein Aufgabe des Landes, vielmehr eine gemeinschaftliche, betonte Schöbi-Fink.

De facto Kürzung

2023 wurde das Vorarlberger Kulturbudget um rund 2,4 Prozent erhöht. Das entsprach wegen der Teuerung de facto einer Kürzung um sieben Prozent, was nicht nur in der freien Szene für Unmut sorgte. Für das Wahljahr 2024 wird das Förderbudget des Landes für Kultur rund 27 Mio. Euro betragen, das ist ein Plus von 10,5 Prozent. Es hätte sie überrascht, wenn damit alle zufrieden gewesen wären, so Schöbi-Fink auf Kritik, das seien in Anbetracht der Inflation lediglich gleichbleibend hohe Mittel. Sie könne angesichts der Gesamtsituation, in der alle Ressorts um Mittel kämpften, durchaus dahinter stehen. Die Erhöhung bringe etwa Spielräume bei der Umsetzung der Fair Pay-Strategie. Zudem verwies sie auf Mittel, die in anderen Ressorts für die Kultur ausgegeben würden. (APA, 17.11.2023)