Sam Altman im Anzug.
Sam Altman soll nun bei Microsoft ein KI-Forschungsteam aufbauen.
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Das Drama beim KI-Entwickler OpenAI setzt sich fort. Nachdem am Freitag der CEO Samuel Altman, der auch das öffentliche Gesicht der Firma war, überraschend vor die Tür gesetzt wurde, hieß es am Samstag, dass seine Rückholung ins Amt kurz bevorstehe. Altmans plötzliche Absetzung durch den Verwaltungsrat war bei Investoren, die im Vorfeld nicht informiert worden waren, auf wenig Gegenliebe gestoßen.

Nachdem auch wichtige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihrem Abgang gedroht haben sollen, schien Altmans Comeback binnen eines Tages so gut wie fix. Doch stattdessen ernannte OpenAI nun am Sonntag den dritten CEO in drei Tagen.

Verstrichene Ultimaten

Der Deal, der Altman seinen Chefposten wieder hätte bescheren sollen, kam nicht zustande. Der verbleibende Vorstand verpasste eine von Altman gesetzte Deadline bis Samstag, 17 Uhr, der ein Schwall an Unterstützungsbekundungen durch Mitarbeiter folgte. Am Sonntag betrat Altman zum letzten Mal die Räumlichkeiten der Firma, allerdings mit einem Gästeausweis. Es gab ein weiteres Ultimatum bis 17 Uhr, das ebenfalls verpasst wurde.

Der aktuelle Vorstand, bestehend aus Chefwissenschafter Ilya Sutskever, Quora-Chef Adam D'Angelo, der ehemaligen Geosim-CEO Tasha McCauley sowie der Direktorin des Center for Security and Emerging Technology an der Georgetown University, Helen Toner, präsentierte einige Stunden später einen neuen CEO. Sutskever soll eine führende Rolle bei der Absetzung von Altman gespielt haben.

Murati wieder weg, Shear übernimmt

Die Ära von Mira Murati als Interimschefin endete damit nach nur einem Tag. Sie hatte zuvor Altman öffentlich zur Rückkehr eingeladen. Für Murati übernimmt nun Emmett Shear, Mitgründer und ehemaliger Chef der Streamingplattform Twitch, die seit 2014 Amazon gehört. Er soll die Geschäfte aber ebenfalls nur übergangsweise führen, bis eine permanente Lösung gefunden ist. Shears "Krönung" kam für viele ebenfalls unerwartet, hatte er bisher doch kaum Berührungspunkte zu KI-Entwicklung.

Als Grund für Altmans Entlassung war am Freitag vage mitgeteilt worden, dass er "nicht immer ehrlich in seiner Kommunikation" gewesen sei und man ihm deshalb das Misstrauen habe aussprechen müssen. Genauere Angaben zu den Vorwürfen wollte der Vorstand jedoch nicht machen. Auch wichtige Investoren wie Microsoft gaben bisslang keinen Kommentar ab.

Am Montagmoren (MEZ) brach aber Microsoft schließlich sein Schweigen. Man "freue sich darauf, Emmett Shear und sein neues Führungsteam" bei OpenAI kennen zu lernen, schrieb CEO Satya Nadella auf X (vormals Twitter). Gleichzeitig gab er auch bekannt, dass Samuel Altman und der am Freitag zurückgetretene OpenAI-Mitgründer Greg Brockman sowie andere ehemalige Mitarbeiter der Firma nun bei Microsoft anheuern. Sie sollen dort ein Forschungsteam für "fortgeschrittene KI" aufbauen. Man arbeite nun daran, ihnen schnellstmöglich die notwendigen Ressourcen zukommen zu lassen.

Mitarbeiter stellen Ultimatum an Vorstand

Derweil brodelt es bei OpenAI bereits intern, denn offensichtlich hat Altman bei der Belegschaft starken Rückhalt genossen. Sein plötzlicher Abgang auf Geheiß von nur vier Verwaltungsratsmitgliedern hat im Gegenzug nun einen Brief an den Vorstand nach sich gezogen. In dem Schreiben wird diesem das Misstrauen ausgesprochen, auch weil bislang keine konkreten Vorwürfe gegen Altman genannt und Mira Murati kurz nach ihrer Ernennung wieder ersetzt wurde.

"Ihre Handlungen haben gezeigt, dass Sie unfähig sind, OpenAI zu beaufsichtigen. Wir sehen uns nicht imstande für Personen zu arbeiten, denen es an Kompetenz, Urteilsvermögen und Sorgfalt für die Mission des Unternehmens und seine Angestellten fehlt", heißt es. Alle derzeitigen Vorstandsmitglieder sollten zurücktreten und ihre Nachfolger eine neue Firmenführung bestellen. Gefordert wird dabei auch die Rückholung von Altman und Brockman, die angesichts der Einigung mit Microsoft unwahrscheinlich erscheint. Andernfalls behalte man sich die umgehende Kündigung vor. Gleichzeitig erklären die Verfasser auch, dass Microsoft bereits zugesichert habe, all jene ins Unternehmen zu holen, die bei OpenAI ausscheiden.

OpenAI ist eines der führenden Unternehmen im Bereich der KI-Entwicklung. Der breiteren Öffentlichkeit ist es vor allem bekannt durch seine GPT-Sprachmodelle, insbesondere die auf Konversationsführung optimierte Variante ChatGPT. Microsoft nutzt diese Entwicklungen mittlerweile als Basis für eine personalisierte Suchfunktion seiner Suchmaschine Bing sowie ein Windows-11-Feature namens "Copilot". (red, 20.11.2023)