Dirigent Klaus Mäkelä im Konzerthaus.
Igor Ripak

Es ist business as usual in den großen Klassiksälen, wenn nach der Wiedergabe eines Klavierkonzerts noch ein virtuoses Solonümmerchen vom Flügel erklingt. Werden daraus jedoch mehrere Zugaben und ertönt dabei auch Musik, die erst später im Programm hätte auftauchen sollen, überrascht die Freigebigkeit dann doch. So geschehen am Freitag im Konzerthaus: Alexandre Kantarow gab den Hörgängen des Publikums erst mit einer süffigen Zugabe Zucker (Camille Saint-Saëns' Opernohrwurm Mon cœur s'ouvre à ta voix, ausnahmsweise ohne Worte), dann krönte er seinen Auftritt mit dem furiosen Finale aus Strawinskis Feuervogel (in der fingerbrecherischen Tastenfassung von Guido Agosti): Der Saal stand kopf.

Dass Kantorow nicht von ungefähr die Goldmedaille des Tschaikowski-Preises besitzt, machte er schon davor an dem Abend klar: Der 26-jährige Franzose gestaltete die exotischen Klangbilder von Saint-Saëns' 5. Klavierkonzert graziös und meisterte nicht zuletzt die berüchtigten Leggierissimo-Läufe seines Landsmanns elegant: Kantorows Hände huschten in diesen delikaten Momenten derart kitzelzart über die Tastatur, dass sich der Steinway vor Lachen hätte krümmen müssen.

Das Orchestre de Paris glänzte nicht nur in dieser halben Stunde mit Verve und Delikatesse. Während am Konzertbeginn ein schillernder Bilderbogen des jungen Maurice Ravel stand (seine halbreife Shéhérazade-Ouvertüre aus dem Jahr 1898), hob am Ende der Feuervogel ein zweites Mal ab, nun in der orchestralen Vollfassung. Klaus Mäkelä, derzeit meistumworbene Kraft unter den U30-Dirigenten, legte Strawinskis Musikmärchen als weitgehend lyrisches Klangfarbenspiel an, befeuerte das Finale schließlich mit schnittig-kontrollierten Kraftentladungen: Jubel. (Christoph Irrgeher, 20.11.2023)