Pumptrack ist eine noch sehr junge Disziplin im offiziellen Kanon des Welt-Radsportverbands (UCI). Ob diese Spielart des Radfahrens zum Mountainbiken zu zählen ist, darüber ließe sich wohl ausführlich diskutieren. Jedenfalls zählen die Einheiten am hügeligen Rundkurs längst zum Basistraining für fast jede Radsportart. Wie der Name schon sagt, geht es am Pumptrack darum, das Rad, ohne zu pedalieren, allein durch drücken – also pumpen – auf einem Rundkurs zu bewegen. Dieser ist ein stetiges welliges Auf und Ab, dadurch lässt sich Geschwindigkeit aufbauen, ohne dazu in die Pedale zu treten. Am besten, Sie sehen sich das Video der Veranstaltung an, um einen Eindruck davon zu gewinnen, auf welch hohem sportlichem Level man diese Disziplin ausüben kann.

Ein Rennfahrer auf der Strecke.
Die Bronzemedaille ging an den Franzosen Eddy Clerte.
Joerg Mitter / Limex Images

Die weltbesten Pumptrack-Fahrerinnen und -Fahrer versammelten sich am Samstag im Tiroler Ötztal, um zum erst vierten Mal unter dem Dach der UCI die WM-Titel auszufahren. Die Tiroler waren kurzfristig für den eigentlichen Austragungsort Neuquén in Argentinien eingesprungen. Zwar gab es auch 2018 schon eine international besetzte Weltmeisterschaft, allerdings fand diese noch ohne den Sanktus des Weltverbands statt. Daher gilt die jüngste WM im Ötztal als die offiziell vierte. Gefahren wurde auf dem neuen Pumptrack im Indoor-Bikepark des Veranstaltungszentrums Area 47 – das STANDARD-"Tretlager" berichtete von der Eröffnung im Frühjahr.

Diese Strecke wurde vom Schweizer Unternehmen Velosolutions, hinter dem unter anderem der legendäre Ex-Weltcupfahrer und Moderator Claudio Caluori steht, getragen. Velosolutions baut weltweit Pumptracks, die meist leicht an den roten Linien auf schwarzem Asphalt zu erkennen sind. Das Unternehmen hatte maßgeblichen Anteil daran, zusammen mit dem österreichischen Getränkehersteller Red Bull, dass Pumptrack zur offiziellen UCI-Disziplin wurde. Und es fungiert bis heute als Veranstalter der Weltmeisterschaften. Firmenchef Caluori war auch im Ötztal vor Ort und fungierte als Moderator im Livestream der WM.

Internationale Konkurrenz – weltweit wird gepumpt

Das Feld der Starterinnen und Starter, die am Samstag in Tirol um die Wette pumpten, war international. Das ist den Qualifier-Formaten zu verdanken, die in den vergangenen Monaten auf Pumptracks rund um den Globus stattgefunden haben. Um eine Einladung zur WM zu erhalten, musste mindestens eine Top-vier-Platzierung bei einem solchen Qualifier erreicht werden. Den jeweiligen Siegerinnen und Siegern der Quali-Rennen spendierte die UCI die Reise zum WM-Finale und den dortigen Aufenthalt.

Überberblick über den ganzen Track.
Die vierte Pumptrack-WM ging am Samstag in der Area47 im Tiroler Ötztal über die Bühne.
Joerg Mitter / Limex Images

Für das Publikum boten die Wettläufe am Samstag spannende und kurzweilige Unterhaltung. Eine Runde dauerte nur 12 bis 15 Sekunden. Dementsprechend rasant ging es zur Sache. Das Format funktioniert – kurz erklärt – so: Die jeweils schnellsten 32 Fahrerinnen und Fahrer aus den Timed Sessions vom Vortag waren startberechtigt. Beginnend mit der oder dem Langsamsten darf jede und jeder eine Runde mit Zeitnehmung drehen. Diese Zeiten werden von der Schnellsten hinunter zur Langsamsten gereiht. Die 16 Schnellsten sind für die nächste Runde qualifiziert. Aber zuvor haben alle 30 Minuten lang Zeit, ihre Zeiten zu verbessern.

Taktische Spielchen um Medaillen

Nun beginnt die Taktik. Denn Pumptrack-Fahren ist unglaublich anstrengend. Daher gilt es mit seinen Kräften hauszuhalten. Die allerschnellsten Fahrerinnen und Fahrer waren meist fein raus und konnten die Konkurrenz entspannt vom Streckenrand aus beobachten. Meist passierte in den ersten 15 bis 20 Minuten noch nicht viel. Dann gingen die ersten wieder auf die Strecke und versuchten ihre Zeiten zu verbessern. Im Live-Timing auf den Bildschirmen und im Livestream konnte man verfolgen, wer es schaffte, sich unter die Top 16 zu schieben und wer dadurch wieder hinausrutschte. Je weniger Zeit übrig war, umso hektischer wurde das Treiben am Kurs. Die Zeitnehmung erfolgt über einen Chip, der am Rad befestigt wird.

Dasselbe Prozedere wurde bis zum Finale der besten zwei Damen und Herren fortgeführt. Nur dass das Starterfeld immer kleiner und auch die Zeitfenster zum Zeitverbessern immer kleiner wurden. Zugleich war auch bei einigen Athletinnen und Athleten zu beobachten, wie viel Energie die Runden kosten. Wer sich gleich gut positionieren konnte, war klar im Vorteil, je länger der Wettkampf dauerte.

Zwei Österreicherinnen im Finale

Aus österreichischer Sicht war am Finaltag leider nur die Konkurrenz der Damen interessant. Bei den Herren schaffte es niemand unter die besten 32. Bei den Damen war erst nach der zweiten Finalrunde Schluss. Die beiden Österreichinnen Hannah Muther und Lena Bauer scheiterten im Rennen der besten 16 daran, sich unter den besten acht zu platzieren. Wobei nur wenige Hundertstelsekunden zwischen Weiterkommen und Ausscheiden entschieden haben.

Eine Frau am Rad auf der Strecke.
Die Niederösterreicherin Lena Bauer schaffte es ins Finale der besten 16 bei der Pumptrack WM im Tiroler Ötztal.
Area47 / Markus Geisler

Bei den Damen feierte am Ende die große Favoritin Christa von Niederhäusern aus der Schweiz den Titel. Für die überglückliche Siegerin war es der bereits dritte WM-Titel nach 2022 und 2018, zählt man ihren Sieg bei der noch inoffiziellen Ausgabe mit. 2019 und 2021 wurde Niederhäusern WM-Dritte, sie landete somit bei jeder Weltmeisterschaft auf dem Stockerl – 2020 fiel wegen der Pandemie aus. Platz zwei ging an die Tschechin Sabina Košárková, wie auch schon im Vorjahr. Somit wiederholte sich das Finalduell von 2022 bei den Damen.

Denn die letzten vier machen sich die Medaillenplätze untereinander aus. Zuerst fahren die Viert- und Drittplatzierte das kleine Finale: jeweils ein Lauf, dessen Zeit gewertet wird. Die Schnellere gewinnt Bronze. Im Ötztal war das die Deutsche Alina Beck. Sie konnte sich gegen die Belgierin Aiko Gommers durchsetzen. Die Zweit- und Erstplatzierte des letzten Zeitduells machen sich auf dieselbe Weise Gold und Silber im Finale untereinander aus.

Hochkarätige Finalläufe bei den Herren

Bei den Herren kam es beim Kampf um die Bronzemedaille zum Showdown zwischen dem Franzosen Eddy Clerté, seines Zeichens Weltmeister von 2021, und dem Schweizer Tristan Borel, Vizeweltmeister von 2019. Clerté hatte am Ende knapp die Nase vorn und durfte sich über eine Medaille freuen. Dieses kleine Finale lieferte sogar schnellere Zeiten als das eigentliche. An der Spitze lieferten sich der Italiener Mattia Costerman und der US-Amerikaner Alec Bob ein Duell um Gold. Bob, Vizeweltmeister von 2022, setzte sich souverän durch. Costermann lieferte als Überraschungsmann aber eine solide Leistung.

Sieger Alec Bold
Pumptrack-Weltmeister 2023, Alec Bold aus den USA.
Joerg Mitter / Limex Images

Was sich im Verlauf des Bewerbs sehr deutlich gezeigt hat, ist die Dominanz der BMX-Fahrerinnen und -Fahrer in dieser Disziplin. Nur bei den Herren schaffte es mit dem Australier Ryan Gilchrist ein Fahrer auf 26-Zoll-Reifen ins Viertelfinale der besten acht. Dort war für den letzten Dirt-Bike-Rider Schluss. Die 20 Zoll bereiften Renn-BMX waren im Ötztaler Rundkurs einfach unschlagbar. (Steffen Kanduth, 20.11.2023)