Roman Wallner Ballesterer
Roman Wallner: "In Österreich habe ich mich wohlgefühlt, die Leute haben mich gekannt, haben vielleicht auch gewusst, wo sie den Hebel ansetzen müssen und was sie von mir erwarten können."
APA/EXPA/JOHANN GRODER

Als 18-Jähriger erklärte Roman Wallner in einem ORF-Interview, er habe drei Ziele: im Nationalteam spielen, bei einem ausländischen Verein Geld verdienen und die Schule fertig machen. "Zwei von drei geschafft", sagt der heute 41-Jährige beim ballesterer-Interview und grinst. Minuten zuvor saß der Altach-Co-Trainer noch an seinem Schreibtisch im vor kurzem eröffneten Campus des Vereins. Wallner redet ruhig, wählt seine Worte bewusst, während er auf seine Karriere als Spieler zurückblickt.

ballesterer: Manche Menschen kommen nicht gut damit klar, wenn sich Dinge in ihrem Leben verändern. Sie haben in Ihrer Karriere für 14 Vereine gespielt. Wie stehen Sie zu Veränderungen?

Roman Wallner: An ihnen wächst man. Es gibt Veränderungen, die du selbst herbeiführst, und andere, die passieren und die du annehmen musst. In manchen Situationen ist mir das schwergefallen, grundsätzlich passe ich mich aber relativ schnell an.

ballesterer: Hätten Sie sich trotzdem mehr Konstanz in Ihrer Karriere gewünscht?

Wallner: Auf alle Fälle. Die Inkonstanz muss man darauf zurückzuführen, dass es sportlich nicht immer gut gelaufen ist. Deshalb die vielen Wechsel: Ich habe einfach spielen wollen. Sonst bist du ein toter Spieler, uninteressant, ohne Rhythmus. Vielleicht hat es mit der Position zu tun, als Stürmer wirst du schneller ausgetauscht.

ballesterer: Sie haben in der Bundesliga für sieben Vereine gespielt, niemand hat mehr. Wie würden Sie Ihre Beziehung zur Liga beschreiben?

Wallner: In Österreich habe ich mich wohlgefühlt, die Leute haben mich gekannt, haben vielleicht auch gewusst, wo sie den Hebel ansetzen müssen und was sie von mir erwarten können.

ballesterer: Zu Beginn Ihrer Karriere war Hannes Kartnig Präsident bei Sturm, Frank Stronach Mäzen bei der Austria. Es hat ständig Skandale gegeben, immer war irgendetwas los. War die Bundesliga früher geiler?

Wallner: Wenn man selbst gespielt hat, neigt man dazu, das so zu sehen, die nächste Generation wird dasselbe sagen, man sollte also nicht in der Vergangenheit schwelgen. Was ein kleiner Unterschied zu früher ist: Bei manchen Vereinen haben sich die Fans vielleicht mehr mit Leuten identifiziert. Oder sie sind ins Stadion gegangen, um jemanden beschimpfen zu können. Heutzutage fällt das ein bisschen flach.

ballesterer: 1996 waren Sie Streetsoccer-Weltmeister, Manager des Teams war Heribert Weber. Hätte sich der 14-jährige Roman Wallner damals erträumt, auch einmal im Legendenklub der Bundesliga zu landen?

Wallner: Ich habe gar nicht gewusst, dass ich da drin bin. Mein Traum war es, Profi zu werden. Heribert Weber ist dann glücklicherweise Rapid-Trainer geworden und hat mich verpflichtet.

ballesterer: Ihr Wechsel als 17-Jähriger war medial ein großes Thema. Wie haben Sie das erlebt?

Wallner: Als ich zu den Verhandlungen in Wien war, haben sie beim MRT einen Kreuzbandriss festgestellt. Der muss in der Schülerliga passiert sein. Mein Vater wollte schon gehen, wir haben uns aber trotz der schweren Verletzung geeinigt. Daheim hat der Sturm-Arzt gemeint, ich habe nichts. Im Nachhinein doppelt gut für mich: Wer weiß, ob ich ohne OP noch Fußball spielen hätte können. Der große Aufreger war, dass mein damaliger Manager ein Schlupfloch gefunden hat, wie ich gratis gehen kann. Meine Eltern waren nicht verheiratet, erziehungsberechtigt war meine Mutter – und unterschrieben hat den Vertrag der Vater. Darauf hat keiner geschaut. Der Kartnig hat sich sehr aufgeregt.

ballesterer: Sie waren fünf Jahre bei Rapid, haben in 155 Spielen 49-mal getroffen. War es Ihre schönste Zeit als Profi?

Wallner: Es war eine schöne Zeit, aber ich würde sie nicht herausheben, ich habe mich auch bei anderen Vereinen wohlgefühlt. Aber am meisten taugt es dir, wenn du spielst. Da ist dann egal, bei welchem Verein.

ballesterer: Sie haben auch neben dem Platz für Schlagzeilen gesorgt. Dem "Kurier" haben Sie einmal gesagt: "Ich glaube, dass ich nicht viel mehr verbrochen hab' als andere. Bei mir ist es halt öfter an die Öffentlichkeit gekommen." Waren Fußballer früher wilder?

Wallner: Das kann ich nicht beurteilen. Ich finde es spannend, dass nach 22 Jahren immer noch darüber geredet wird. Oft ist es ja ein bewusstes Hervorholen, ein bewusstes Schlechtmachen. Ich weiß nicht, was ist bei Ihnen vor 22 Jahren gewesen?

ballesterer: Da war ich drei.

Wallner: Okay, da kannst du nicht viel falsch machen. Manches sollte man auch einmal auf sich beruhen belassen. Wenn ich mir denke, was heute passiert und innerhalb von drei Tagen vergessen ist.

ballesterer: Wieso ist es bei Ihnen öfter in der Zeitung gestanden? Waren Sie zu ungeschickt?

Wallner: Das ist eine gute Frage, ich tue mir schwer, das zu beantworten. Es gibt Leute, da interessiert es keinen, bei anderen werden gewisse Sachen hochgespielt.

ballesterer: Wieso hat es die Leute gerade bei Ihnen interessiert?

Wallner: Vielleicht, weil ich damals eines der wenigen Talente war. Im Nachhinein ist es egal. In gewisser Weise war es ein Rucksack, der mir bewusst ist, mit dem ich aber umgehen kann.

ballesterer: Bei Rapid haben Sie drei Salami-Pizzen pro Woche gegessen. Könnte ein Profi mit so einem Lebenswandel heute so eine Karriere machen?

Wallner: So schlecht kann ich nicht gelebt haben, wenn ich 22 Jahre lang Profi war. Je älter du wirst, desto mehr musst du auf deinen Körper schauen, in jungen Jahren spielt vieles noch keine so große Rolle. Bis auf muskuläre Probleme in Grödig habe ich selten gefehlt.

ballesterer: Als Sie von der Admira zur Austria gegangen sind, haben die Fans das Transparent gezeigt: "Wir singen nur für zehn Mann". Haben Sie das verstanden?

Wallner: Aus Fansicht schon, mich hat das aber nicht sehr belastet. Ich war der Überzeugung, es liegt an mir, das umzudrehen. Nach einem halben Jahr sind die Leute mir positiv gegenübergestanden. Frenkie Schinkels, Peter Stöger und Jocelyn Blanchard haben mir damals geholfen.

ballesterer: Ihre Stationen in Deutschland, Schottland und Griechenland waren sportlich nicht so erfolgreich. Oft haben Sie nicht wirklich etwas dafür können.

Wallner: Das ist nett ausgedrückt. Meine Bilanz im Ausland war schlecht. Ob ich etwas dafür kann oder nicht, ist egal, unterm Strich habe ich mich nicht durchgesetzt. Durch Rapid war ich erfolgsverwöhnt, habe mir in Hannover gedacht, dass ich mehr Chancen verdienen würde. Vielleicht habe ich mich manchmal überschätzt. Bei den anderen Stationen hatte ich davor keine guten Phasen, dann ist die EM 2008 angestanden. Ich habe gewusst: "Wenn ich meine Tore mache, habe ich eine Chance." Schottland war vom Lernprozess sehr gut, das Training war härter, du bist mehr über die Grenzen gegangen. Sportlich war es weniger gut und Griechenland dann ein Fiasko. Damit hatte sich die EM erledigt.

ballesterer: Beim LASK ist es wieder besser gelaufen, Sie hatten 19 Tore und zwölf Assists in 31 Spielen. Warum?

Wallner: Wenn du etwas investierst, wirst du auf Dauer nicht bestraft. Auch als ich in Griechenland kein Geld gekriegt habe, habe ich immer geschaut, dass ich fit bleibe. Beim LASK habe ich das Glück gehabt, dass Hans Krankl als Trainer gekommen ist.

ballesterer: Von Krankl kommt der berühmte Spruch: "Roman Wallner und Roland Linz – um dieses Sturmduo wird uns vielleicht in einigen Jahren ganz Europa beneiden."

Wallner: Als er das gesagt hat, hat er es so gemeint. Er ist ein euphorischer, gutherziger Mensch. Er hat geglaubt, dass das eintreffen kann. Es ist nicht eingetroffen, deswegen haben mir das die Leute gerne unter die Nase gerieben.

ballesterer: Wegen der guten Leistungen beim LASK wollte Sie Red Bull Salzburg. Sie haben in einem Interview gesagt, dass diese Zeit finanziell noch einmal wichtig war.

Wallner: Das würde ich nicht in den Vordergrund rücken. Natürlich verdient man bei Red Bull Salzburg schönes Geld, aber in erster Linie habe ich zeigen wollen, dass ich es zurückschaffen kann – zu einem Topteam in der Bundesliga und noch einmal ins Nationalteam.

ballesterer: 2014 sind Sie mit Wacker Innsbruck abgestiegen und zu Grödig gewechselt. Dort hat es den "1. Roman-Wallner-Fanklub" gegeben mit dem Spruch "No Wallner, No Party". Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Karriere die Anerkennung bekommt, die sie verdient hat?

Wallner: Im Prinzip ist man selbst dafür verantwortlich, wie einen die Leute wahrnehmen. Viele meiner Trainer haben gesagt: "Spiel, solange es geht, Trainersein macht nicht so viel Spaß." Im Nachhinein sehe ich es umgekehrt. Als Trainer erlebe ich zum ersten Mal, wie ich kreativ sein und mich entfalten kann. Natürlich gibt es Hierarchien, aber niemanden, der alles über mich bestimmt. Jetzt habe ich die Chance, dass die Leute mich so kennenlernen, wie ich wirklich bin. (Fabian Beer, 23.11.2023)

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