Wärmepumpe, Mythen, Faktencheck
Wärmepumpen werden immer beliebter. Trotzdem kreisen noch viele Vorurteile um ihre Sinnhaftigkeit und Effektivität.
IMAGO/Robert Poorten

Schon der Titel des Gespräches ist provokant: "Bald reißen wir alle Wärmepumpen wieder raus." Auf immerhin mehr als zwei Millionen Aufrufe bringt es das kürzlich veröffentlichte Video auf Youtube. Darin wagen der deutsche Wirtschaftswissenschafter Christian Rieck und der selbsternannte Energieexperte Timo Leukefeld einen Abgesang auf die Wärmepumpe. In der Praxis seien Wärmepumpen häufig teuer, ineffektiv, fehleranfällig und sogar CO2-schädlich, heißt es darin. Als Alternative nennt Leukefeld Infrarotheizungen.

Auch andernorts stehen Wärmepumpen im Verruf: Sie seien zu laut, zu energieintensiv und sogar klimaschädlicher als Gasheizungen. Dabei werden gerade Wärmepumpen von vielen als Alternative zu Gas- und Ölheizungen gesehen, die in Österreich in den kommenden Jahren sukzessive ausgetauscht werden sollen. Was ist dran an den wiederkehrenden Mythen rund um Wärmepumpen?

Argument 1: Wärmepumpen sind viel zu teuer

Auf 55.000 Euro beziffert "Energieexperte" Timo Leukefeld die Kosten für den Einbau einer Luftwärmepumpe mitsamt einer Fußbodenheizung in einem 150 Quadratmeter großen Einfamilienhaus – eine Summe, bei der viele wohl erst einmal schlucken müssen. Hinzu kommen dann mehr als 2600 Euro pro Jahr an Kosten für den Haushaltsstrom, die Heizung und die Warmwasseraufbereitung. Im Vergleich zu einer Infrarotheizung, die wesentlich günstiger zu installieren ist, amortisiere sich eine Wärmepumpe nie, so das Fazit von Leukefeld.

Tatsächlich ist die Installation einer Wärmepumpe zunächst meist teurer als beispielsweise die einer Gas-Brennwertheizung oder einer Infrarotheizung. Allerdings hängen die Kosten stark von der Art der Wärmepumpe und dem Heizbedarf ab. Die Kosten einer Luftwärmepumpe beziehungsweise genauer einer sogenannten Luft-Wasser-Wärmepumpe, die die Umgebungsluft nutzt, um ein Gebäude zu erwärmen, und die immer noch zu den beliebtesten Wärmepumpen gehört, liegen mitsamt Installation im Durchschnitt zwischen 18.000 und 30.000 Euro. Wärmepumpen, die das Erdreich oder das Grundwasser als Wärmequelle nutzen, kosten aufgrund der Bohrungen, die dafür nötig sind, noch einmal 5000 bis 15.000 Euro mehr. Sie arbeiten dafür aber meist noch effizienter als Luft-Wasser-Wärmepumpen.

Allerdings wird der Umstieg von einer Gas- oder Ölheizung auf eine Wärmepumpe in Österreich derzeit massiv gefördert. Je nach Bundesland und Installationskosten werden Wärmepumpen hierzulande mit bis zu 20.000 Euro unterstützt.

Eine aktuelle vom WWF beauftragte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich eine Luftwärmepumpe je nach Höhe der Förderung und Energiepreise nach drei bis zwölf Jahren amortisiert, das heißt, dass sie sich ab dann im Vergleich zu einer Gasheizung finanziell lohnt. Hat man zusätzlich eine PV-Anlage, die den Strom für den Betrieb der Wärmepumpe liefert, amortisiert sie sich bereits nach ein bis neun Jahren.

Denn eine Wärmepumpe ist im laufenden Betrieb meist günstiger als eine Öl- oder Gasheizung – ganz zu schweigen von einer Infrarotheizung, die wesentlich ineffizienter arbeitet. Eine Studie des Öko-Instituts und Fraunhofer-Instituts kommt zu dem Ergebnis, dass sich mit einer Wärmepumpe selbst bei einem niedrigen Gaspreis zwischen 15 und 35 Euro pro Monat im Vergleich zu einer Gasheizung sparen lassen.

Argument 2: Wärmepumpen brauchen zu viel Strom

Eine Wärmepumpe funktioniert im Grunde wie ein umgekehrter Kühlschrank: Während beim Kühlschrank die Wärme vom Inneren nach außen geleitet wird, wird bei der Wärmepumpe die Wärme von außen zum Beispiel aus der Umgebungsluft nach innen geleitet. Dafür wird beispielsweise die Luft eingesaugt und an einen Verdampfer weitergeleitet, in dem ein Kältemittel zirkuliert. Durch die "warme" Außenluft erwärmt sich das Kältemittel so lange, bis es verdampft. Danach wird der Dampf noch einmal verdichtet, um dessen Wärme zu erhöhen, und die Wärme auf das Heizsystem übertragen.

Der Betrieb der Wärmepumpe braucht umso mehr Strom, je höher der Wärmebedarf ist, je kälter es draußen ist, je schlechter das Gebäude gedämmt ist und je ineffizienter die Wärmepumpe arbeitet. Eine aktuelle Untersuchung der Stiftung Warentest kommt beispielsweise zu dem Ergebnis, dass effiziente Luft-Wasser-Wärmepumpen bei einem mittelmäßig gedämmten Haus mit 140 Quadratmetern weniger als 5000 Kilowattstunden pro Jahr verbrauchen, während es bei weniger effizienten Geräten rund 6500 Kilowattstunden pro Jahr sein können.

"Wichtig ist, für die Installation einer Wärmepumpe einen Fachmann des Vertrauens oder einen unabhängigen Energieberater hinzuzuziehen", sagt Günter Simader, Leiter der Abteilung Gebäude und Energieeffizienz bei der Österreichischen Energieagentur. Dadurch könne man vermeiden, dass nach dem ersten Jahr plötzlich eine unerwartet hohe Stromrechnung anfällt – etwa, weil die Wärmepumpe ineffizient betrieben wird aufgrund schlechter Dämmstandards des Gebäudes oder falscher Dimensionierung der Wärmepumpe.

Eine andere Frage ist, welche Auswirkung die großflächige Nutzung von Wärmepumpen in Zukunft auf das Stromnetz hat – gerade im Winter, wenn der Stromverbrauch hoch ist. “Es liegt auf der Hand, dass die Netze durch Wärmepumpen in Kombination mit E-Autos künftig stärker belastet sind", sagt Simader. Entwickle sich der Netzausbau parallel zum Ausbau der Wärmepumpen, sei der erhöhte Strombedarf jedoch zu stemmen.

Argument 3: Wärmepumpen sind im Winter ineffektiv

Eine verbreitete Ansicht lautet, dass Wärmepumpen im Winter nicht mehr oder kaum noch heizen. Fakt ist: Wärmepumpen heizen nicht weniger, wenn es draußen sehr kalt ist. Denn auch wenn es draußen minus 20 Grad hat, liefern Erde, Wasser und Umgebungsluft noch genug Wärme, damit das Haus oder die Wohnung durch die Wärmepumpe aufgeheizt wird. Sollte eine Luft-Wasser-Wärmepumpe bei kalten Temperaturen vereisen, taut sie sich automatisch wieder auf, was zu einem leicht höheren Stromverbrauch führt. Für extrem kalte Tage ist bei Wärmepumpen meist auch ein Elektroheizstab verbaut, der nachheizt, wenn die Wärme im Haus sonst nicht mehr erreicht werden kann. Insgesamt ist der Stromverbrauch gerade bei Luft-Wasser-Wärmepumpen bei niedrigen Temperaturen allerdings höher.

Trotz teilweise kalter Temperaturen arbeiten die meisten Wärmepumpen über das ganze Jahr gerechnet effizient. Kennzahl dafür ist die sogenannte Jahresarbeitszahl. Sie beschreibt, wie viel Heizungswärme eine Wärmepumpe aus einer Einheit Strom erzeugen kann. Die meisten neuen Luft-Wasser-Wärmepumpen erreichen eine Jahresarbeitszahl von drei bis fünf. Das bedeutet, dass eine Wärmepumpe mit einer Kilowattstunde elektrischer Energie im Jahresdurchschnitt drei bis fünf Kilowattstunden Wärme erzeugt.

Argument 4: Wärmepumpen bringen nur etwas im Neubau mit Fußbodenheizung

"Es ist tendenziell schwieriger, Wärmepumpen in Altbauten einzubauen und einen effizienten Betrieb zu erzielen, vor allem, wenn diese Gebäude schlecht oder überhaupt nicht gedämmt sind", sagt Simader. Grundsätzlich gilt, dass Wärmepumpen Niedertemperatur-Heizungen sind. Das heißt, dass sie effizient niedrige Vorlauftemperaturen von rund 50 Grad und niedriger für die Heizung der Räume liefert. Die Vorlauftemperatur ist jene Temperatur, auf die der Wärmeträger – meist das Heizwasser – erwärmt wird.

Damit sich ein Raum durch die niedrigen Temperaturen erwärmen kann, muss die Wärme über eine größere Fläche abgegeben werden. Ideal geeignet sind dafür beispielsweise eine Fußboden- oder Wandheizung oder ein Flächenheizkörper.

Das bedeutet jedoch nicht, dass eine Wärmepumpe nicht auch bei vielen "herkömmlichen" Heizkörpern in Altbauten funktionieren kann, sagt Simader. Dies treffe vor allem auf Gebäude zu, bei denen die Heizkörper von vornherein überdimensioniert wurden. Wenn das Gebäude noch dazu saniert worden ist, steht für die Wärmeabgabe üblicherweise eine ausreichend große Heizfläche zur Verfügung.

Heizkörper, Wärmepumpe
Wärmepumpen lassen sich auch mit herkömmlichen Heizkörpern kombinieren.
IMAGO/Robert Schmiegelt

Ob eine Wärmepumpe eine Öl- oder Gasheizung in einem Gebäude ersetzen kann oder ob zuerst eine Sanierung notwendig ist, kommt meist auf den Einzelfall an. "In vielen Fällen kann eine Wärmepumpe eine Öl- oder Gasheizung aber tatsächlich eins zu eins ersetzen", sagt Simader. Bei Unsicherheit, ob die Wärmepumpe die Heizlasten auch gut decken kann und die individuellen Komfortansprüche auch erfüllen wird, biete es sich an, zuerst einen unabhängigen Energieberater oder Energieberaterin zu konsultieren.

Argument 5: Wärmepumpen sind umweltschädlicher als Gasheizungen

Entscheidend für den CO2-Ausstoß von Wärmepumpen ist, woher der Strom für den Betrieb kommt: Kommt dieser aus erneuerbaren Quellen, beispielsweise aus Wasserkraft oder der eigenen Photovoltaikanlage auf dem Dach, arbeitet die Wärmepumpe CO2-neutral. Problematischer ist es, wenn der Stromverbrauch wie im Winter höher ist und der Strom beispielsweise aus Kohlekraftwerken aus dem Ausland bezogen wird.

Allerdings zieht eine Wärmepumpe je nach Jahresarbeitszahl nur rund ein Viertel ihrer Energie aus Strom, der zumindest in Österreich übers Jahr gerechnet zu 79 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammt. Zudem soll der Anteil an erneuerbaren Energien in Zukunft weiter zunehmen. Laut der zuvor erwähnten Studie des Öko-Instituts und Fraunhofer-Instituts haben Wärmepumpen auch bei einer geringen Jahresarbeitszahl CO2-Vorteile gegenüber Gasheizungen.

Ein weiteres Argument, das häufig genannt wird, ist, dass bei Wärmepumpen umweltschädliche Kältemittel zum Einsatz kommen. Kältemittel werden als Substanzen in Wärmepumpen genutzt, um zum Beispiel die Wärmeenergie von Außen ins Haus zu transportieren. Tatsächlich nutzen viele Wärmepumpen noch das synthetische Kältemittel R410A, das ein rund 2000-mal höheres Treibhauspotenzial hat als CO2. Mittlerweile kommt aber auch vermehrt das Kältemittel R32 zum Einsatz, das ein "nur" 675-mal höheres Treibhauspotenzial als CO2 hat und umweltschonender ist. Durch eine EU-Verordnung, die im nächsten Jahr in Kraft treten könnte, sollen konventionelle Kältemittel mit einem hohen Treibhauspotenzial stärker reglementiert werden.

"Im Normalfall bleibt eine Wärmepumpe aber über die gesamte Lebensdauer dicht", sagt Christian Köfinger, Business-Manager für Wärmepumpen-Technologien beim Austrian Institute of Technology (AIT). Damit können die Kältemittel auch nicht in die Umwelt entweichen und Treibhausgase freisetzen. Um dennoch dieses Risiko weiter zu reduzieren, werden künftig vermehrt natürliche Kältemittel wie Propan eingesetzt. Diese sind nicht von der EU-Verordnung betroffen, haben ähnliche Eigenschaften wie synthetische Kältemittel und nur noch ein vergleichsweise geringes Treibhauspotenzial, ähnlich wie CO2. Im Vergleich zu synthetischen Kältemittel sind manche natürlichen Kältemittel jedoch brennbar. "Das muss aber keine Angst machen", sagt Köfinger. Denn schließlich werden diese auch bei handelsüblichen Kühlschränken gefahrlos eingesetzt.

Argument 6: Wärmepumpen eignen sich nur für Einfamilienhäuser

Eine Wärmepumpe wird häufig mit einem Einfamilienhaus in Verbindung gebracht. Immer öfter kommen Wärmepumpen allerdings auch in Wohnungen zum Einsatz. Laut einer Auswertung der Immobilienplattform ImmoScout verfügten im März 2022 immerhin rund acht Prozent der in Wien inserierten Wohnungen über eine Luftwärmepumpe.

Tatsächlich sind die Hürden für den Einbau von Wärmepumpen in Wohnungen aber meist höher. Denn oft fehlt es in dichtbebauten Gebieten an Platz für Außengeräte oder Bohrungen. Besonders bei Wohnhäusern mit vielen Eigentümern kann es zudem zu vielen bürokratischen und organisatorischen Herausforderungen kommen. Denn für das Anbringen des Außengerätes ist eine Genehmigung der Wohnungseigentümergemeinschaft notwendig.

Wärmepumpe, Wohnungen
Gerade bei Wohnungen ist der Einbau einer Wärmepumpe häufig schwieriger.
APA/dpa/Silas Stein

Um einige dieser Hürden in Zukunft zu überwinden, arbeiten Forschende am AIT an kleineren Wärmepumpen für Wohnungen im städtischen Bereich. "Diese Wärmepumpen sind so klein, dass sie sich einfach an der Stelle der Gastherme anbringen lassen", sagt Köfinger. Der Vorteil: Man könne dieselben Anschlüsse etwa für Warmwasser nutzen wie bei der Gastherme, wodurch kaum Umbauten notwendig seien. Bei einer Luftwärmepumpe könnte man dann über den Kamin, an dem zuvor die Gastherme angeschlossen war, Leitungen bis zu einem Wärmetauscher auf dem Dach des Hauses verlegen, der dort der Umgebungsluft Wärme entzieht und diese anschließend wieder in die Wohnung befördert.

Es sei aber auch denkbar, künftig vermehrt kleinere Erdwärmepumpen zu nutzen. Dafür bräuchte es beispielsweise eine kleine Bohrung im Innenhof oder alternativ dazu unter dem Gehsteig vor dem Wohngebäude. Von dort würde der Anschluss dann wieder in die Wohnungen verlegt werden. "In Wien sind solche Gehsteigbohrungen seit kurzem möglich", sagt Köfinger. Dadurch, dass die Bohrlöcher nach der Bohrung sofort wieder verschlossen werden, sei von diesen im Stadtbild nichts zu merken.

Argument 7: Wärmepumpen sind sehr laut

Immer wieder lautet ein Argument, dass der Betrieb von Wärmepumpen störend laut ist. Zunächst gilt: Was für Menschen als störend empfunden wird, ist subjektiv verschieden. Gerade in dichtverbauten Gebieten kann es vorkommen, dass sich Menschen an den Geräuschen der Geräte stören.

Objektiv betrachtet sind Außengeräte von Luftwärmepumpen mit durchschnittlich rund 30 bis 60 Dezibel nicht viel lauter als herkömmliche Kühlgeräte. Zum Vergleich: Ein Fernseher bei Zimmerlautstärke bringt es ungefähr auf 50 Dezibel.

Wie laut eine Wärmepumpe ist, hängt aber auch davon ab, ob sie beispielsweise unter einem Vordach oder zwischen zwei Wänden steht oder mit welcher Leistung die Wärmepumpe arbeitet, sagt Simader. Bei Erdwärmepumpen spielt die Lautstärke generell eine untergeordnete Rolle.

Wichtig ist, dass die Außeneinheit der Wärmepumpe nicht zu nah am Nachbargrundstück und bestenfalls nicht unter einem Schlafzimmerfenster angebracht wird, raten Experten. Mitunter kann eine Wärmepumpe auch mit einer Schallschutzhaube eingehaust werden, was ebenfalls zu einer Schallreduktion beitragen kann. (Jakob Pallinger, 26.11.2023)