Egal ob es nun der Kaktus ist oder die Apfelschale: In der Mode wird schon länger mit unterschiedlichen Materialien experimentiert, die künftig Leder ersetzen können. Denn für Gürtel, Geldbörsen und Schuhe die Haut von Tieren zu verwenden stößt vielen Tierschützerinnen und Tierschützern auf. Aber nicht nur ihnen. Die Lederproduktion gilt auch als umweltschädlich. Schließlich kommen beim Gerben oft giftige Chemikalien wie Chrom zum Einsatz.

Das italienische Start-up Bazza arbeitet mit einem Material, das viele wohl nicht gleich auf dem Schirm haben: Bohnen. Sie bilden die Basis für eine Geldtasche, die kürzlich auf den Markt kam. Für die Herstellung werden Rizinusbohnen gepresst und daraus ein Öl extrahiert. Ein französisches Unternehmen macht aus diesem Öl durch einen chemischen Prozess ein Granulat. In seiner Fabrik im italienischen Piemont fertigt Bazza daraus dann die Geldbörsen. "Das Material wird erhitzt und geschmolzen, und in dem flüssigen Zustand wird es in eine Form eingepresst. Die Form öffnet sich, und das Teil ist fertig", erklärt der österreichische Designer und Gründer von Bazza, Michael Kogelnik. Aus zwei Teilen, die ein Mitarbeiter händisch zusammenfügt, entsteht schließlich die Geldtasche.

Geldbörse; Bazza
Designer Michael Kogelnik mit der Geldtasche, die auf Bohnenbasis hergestellt wird.
Bazza

Macht man die Geldbörse auf, klappen sich mehrere Fächer auf, in denen Scheckkarten und Bargeld verstaut werden können. Sie habe einen viel geringeren ökologischen Fußabdruck als eine Ledergeldtasche aus China, wirbt das Unternehmen auf seiner Webseite. Zunächst sei weniger Material notwendig, das Produkt sei außerdem recycelbar. Darüber hinaus falle der lange Transport weg, und schließlich werde auch die Energie in Europa grüner produziert als jene in Asien. Man sei auch gerade dabei, eine Photovoltaikanlage auf dem Dach der Fabrik zu installieren.

Der Weg zur Bohne

Und wie ist er darauf gekommen, Bohnen zu verwenden? "Eigentlich habe ich die Geldtasche in Leder zu denken begonnen", sagt Kogelnik. "Ich bin aber davon abgekommen, weil Geldtaschen aus Leder aus einem Materialmix bestehen, der nach der Verwendung unweigerlich auf der Müllhalde landet. Weil es nicht möglich ist, die Materialien wieder voneinander zu trennen." Gleichzeitig falle während der Produktion viel Müll an. "Man schneidet die Teile aus der Lederhaut aus, was sich nicht immer perfekt ausgeht. Es gibt auch Teile, die zu knittrig oder zu faltig sind und die man deshalb nicht verwenden kann."

Geldbörse; Bazza
Aus Rizinusbohnen entsteht durch einen chemischen Prozess ein Granulat, aus dem wiederum die Geldbörse gefertigt wird.
Bazza

Alternativen wie Apfelleder habe er relativ schnell verworfen. Dafür werden Reste aus der Apfelsaftproduktion genutzt. Die Schalen, Kerne und Stängel werden getrocknet, pulverisiert und mit Kunststoff vermischt. Die klebrige Masse wird Schicht für Schicht auf eine dünne Baumwollmatte aufgetragen. Heraus kommt ein Produkt, das zwar auf grünen Rohstoffen basiert, "aber wegen des Apfel-Kunststoff-Geschmischs trotzdem auf der Müllhalde landet".

Seine Geldtasche dagegen sei zu hundert Prozent recycelbar, sagt Kogelnik. Selbst wenn während der Produktion ein Bauteil nicht gelinge, könne es zermahlen und wiederverwendet werden. Das gelinge auch deshalb, weil bei der Herstellung der Geldbörse weder Nähte noch Kleber zum Einsatz kommen. Die Teile werden einfach zusammengesteckt. Kundinnen und Kunden könnten die Geldtasche nach dem Gebrauch auch an Bazza zurückschicken. Das Material könne immer wieder recycelt werden, ohne dass dabei die Qualität beeinträchtigt wird. Es sei ein wertvolles Material, das siebenmal teurer ist als Kunststoff.

Auch für anderes

Das Produkt sei "sehr interessant", urteilt Burcu Gözet, Kreislaufforscherin am Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie. "Es ist vegan, regional und gleichzeitig ohne Plastik." Fraglich ist für Gözet jedoch die tatsächliche CO2-Einsparung. Zwar stoße das Material auf Bohnenbasis weniger Emissionen aus als Leder, jedoch sei die Differenz eventuell nicht so groß wie dargelegt, wenn der Vergleich mit einer Geldbörse aus Italien statt aus China gezogen würde. Außerdem sei die Haltbarkeit nur schwer zu beurteilen: "Leder steht unangefochten für Langlebigkeit, das kann man bei diesem Produkt leider nicht genug abschätzen. Man müsste sich auf das Wort der Verkäufer verlassen."

Laut Kogelnik ist das Material sogar sehr widerstandsfähig. Nächstes Jahr will Bazza ein neues Produkt launchen, einen Koffer, der ebenfalls aus dem Material auf Bohnenbasis entstehen soll. Er sehe darin eine große Zukunft. Auch andere Produkte könnten daraus gefertigt werden, etwa Rücksäcke, Toilettentaschen, aber auch Tabletts, Sessel oder sogar Fahrräder. (Lisa Breit, 3.12.2023)