Noch in dieser Dekade werde die Nachfrage nach Erdöl ihren Peak erreichen – und das selbst dann, wenn die globale Politik nicht mehr als bisher gegen die Klimakrise unternimmt. Das prognostizierte die Internationale Energieagentur (IEA) vor kurzem.

Ab wann schrumpft die Erdölnachfrage? Die Internationale Energieagentur meint: ab 2030. Saudi-Arabien hingegen plant, die Nachfrage in Afrika und Asien aktiv anzukurbeln.
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Die Reaktion der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) ließ nicht lange auf sich warten: Ihre Analysen würden diese Annahme nicht stützen. Es sei fahrlässig, das Ende fossiler Brennstoffe zu beschwören, kritisierte die Organisation mit Sitz in Wien, etwa weil es Geldgeber von Investitionen in die Fossilwirtschaft abhalte. Bis 2045 werde die Erdölproduktion weiter steigen, betonte sie.

Neue Recherchen zeigen nun, dass Saudi-Arabien, einer der einflussreichsten Staaten innerhalb der Opec, aktiv daran arbeitet, die eigene Prognose auch tatsächlich zu erfüllen: Der Staat plane, die Erdölnachfrage auf afrikanischen und asiatischen Märkten in die Höhe zu treiben, zeigt eine Undercover-Recherche des britischen TV-Senders Channel 4 zusammen mit dem Centre for Climate Reporting.

Mehr billige Autos

Dazu habe das saudische Energieministerium einen Plan ausgearbeitet, wie verstärkt Produkte verkauft werden sollen, für die Erdöl, Benzin oder Diesel benötigt werden. Ziel des Programms, so die Medienberichte weiter, sei, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen in afrikanischen und asiatischen Staaten zu steigern – während reichere Staaten ihren Erdöl-, Erdgas- und Kohleverbrauch immer weiter zurückfahren.

Konkret plant das saudische Programm dazu, etwa die Nutzung von Autos mit Verbrennungsmotor sowie von benzin- und dieselbetriebenen Bussen und Flugzeugen weiter anzukurbeln. Dazu sollen zum Beispiel Partnerschaften mit Autoherstellern eingegangen werden, um günstigere Modelle auf den Markt zu bringen. Außerdem will das Programm Kraftwerksschiffe fördern – das sind Schiffe, die vor Küstenstädten liegen, um diese mit Elektrizität zu versorgen. Häufig werden sie mit Schweröl angetrieben.

Auch der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman steht hinter dem Programm; unterstützt wird es zudem vom saudischen Investitionsfonds, dem Ölkonzern Saudi Aramco – es ist der größte der Welt –, sowie dem Petrochemieunternehmen Sabic.

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman steht hinter dem Plan zur Schaffung neuer Ölmärkte.
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Mit Blick auf die Erderhitzung sind die Pläne fatal: Wenn nun zusätzliche Staaten ihre fossile Infrastruktur ausbauen, würde die Klimaneutralität bis 2050 endgültig außer Reichweite geschoben, warnte vor kurzem auch die Weltbank. Reiche Staaten müssten ärmere dabei unterstützen, das fossile Wachstum zu überspringen und stattdessen gleich auf erneuerbare Energien zu setzen, zitiert der "Guardian" den neuen Weltbankchef Ajay Banga.

Die Internationale Energieagentur wiederum spricht in einem neuen Bericht von einem "Moment der Wahrheit" für die Öl- und Gasindustrie. Diese müsse jetzt wählen, ob sie weiter daran arbeiten wolle, die Klimakrise zu befeuern – oder den Umstieg auf saubere Energien anzutreiben.

Fossile Deals auf der COP

Die Enthüllungen über Saudi-Arabien kommen kurz vor dem Startschuss zur Weltklimakonferenz (COP 28). Zum bereits 28. Mal treffen sich knapp 200 Staaten, um Wege zu finden, die Erderhitzung einzubremsen.

Auch heuer steht die Zukunft der Fossilen als eines der großen Streitthemen auf der Agenda – besonders brisant ist die Debatte dieses Mal, weil der Präsident der Klimakonferenz zugleich Chef der Abu Dhabi National Oil Company, kurz Adnoc, ist.

Neue geleakte Dokumente zeigen, wie problematisch diese Doppelrolle sein könnte: Al Jaber und sein Verhandlungsteam sollen Vorbereitungstreffen mit 15 Staaten dazu genutzt haben, für eigene Erdöl- und Erdgasgeschäfte zu werben, berichtete das Centre for Climate Reporting. Entsprechend gedämpft sind die Erwartungen, dass auf der Konferenz substanzielle Beschlüsse zum Ausstieg aus den Fossilen erreicht werden können. (Alicia Prager, 28.11.2023)