In der Staatsanwaltschaft Klagenfurt ist man dieser Tage nicht unzufrieden. Immerhin hat man in den letzten Wochen einen zusätzlichen Staatsanwalt und einen eigenen Datenforensiker für eine Causa bereitgestellt bekommen, die die Kärntner Behörde vor eineinhalb Jahren wie eine heiße Kartoffel übernommen hatte. Es geht um den Finanzskandal um mutmaßlich veruntreute Klubgelder der FPÖ Graz. Die durch eine Selbstanzeige im November 2021 publik gewordene rund 1,8 Millionen Euro schwere Affäre, die die Grazer Stadtpartei massiv beschädigte, wurde von der Grazer Anklagebehörde wegen Befangenheit in Richtung Süden abgegeben.

Mario Kunasek, Alexis Pascuttini, FPÖ Collage: derStandard/Friesenbichler Foto: APA (2)
Früher Parteifreunde, nun Gegner: Mario Kunasek, steirischer FPÖ-Chef (li.), und Buchautor und KFG-Chef Alexis Pascuttini.
Fotos: Erwin Scheriau, Collage: Lukas Friesenbichler

Die Kärntner veranlassten im Oktober 2022 mehrere Hausdurchsuchungen bei umstrittenen Vereinen, Burschenschaften und zurückgetretenen Spitzenpolitikern wie dem ehemaligen Vizebürgermeister von Graz, Mario Eustacchio. Die Auswertung der Hausdurchsuchungen verlief von außen gesehen im Schneckentempo, von innen gesehen war man mit Aktenbergen und zu wenig Personal überfordert. Parlamentarische Anfragen der Neos-Abgeordneten Stephanie Krisper an Justizministerin Alma Zadić (Grüne) zeigten nun Wirkung.

"Druck von oben"

"Es wurde durchaus von oben Druck gemacht, dass es ratsam wäre, einen zweiten Staatsanwalt einzusetzen", bestätigt der Sprecher der Klagenfurter Staatsanwaltschaft, Markus Kitz, im Gespräch mit dem STANDARD.

Seit 15. November ist nun auch erstmals ein eigener Datenforensiker am Werk, der "vollen Aktenzugang hat", so Kitz, und gezielt nach Schlagwörtern die tausenden Seiten von Akten durchkämmt. "Wir reden jetzt von Monaten, nicht mehr von Jahren", sagt Kitz hörbar erleichtert. Immerhin war der Klagenfurter Anklagebehörde sowohl von den Neos als auch vom ehemaligen FPÖ-Politiker und nunmehrigen KFG-Klubchef Alexis Pascuttini eine Verfahrensverschleppung vorgeworfen worden. Die Vorwürfe betrafen auch den Umgang mit dem Chef der steirischen FPÖ, Ex-Verteidigungsminister Mario Kunasek, der wegen des Verdachts der Unterdrückung von Beweismitteln und falscher Aussage der siebente Verdächtige war, mittlerweile gibt es neun Verdächtige, gegen die ermittelt wird.

Damit man ihn einvernehmen kann, wurde seine Immunität im steirischen Landtag aufgehoben – im April. Erst im November wurde er einvernommen. Zum Finanzskandal habe er "fast nichts gesagt", heißt es aus der Staatsanwaltschaft Klagenfurt. Zu einer weiteren Causa – in dem komplexen Fall gibt es mehrere Nebenstränge – legte Kunasek eine schriftliche Stellungnahme vor. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

"Hobby-Staatsanwalt"

Volle Akteneinsicht hat nun auch der von der FPÖ als "Hobby-Staatsanwalt" verspottete und ausgeschlossene Alexis Pascuttini. Er ist Chef des Korruptionsfreien Gemeinderatsklubs Graz (KFG), in dem andere ehemals blaue Grazer Gemeinderäte sitzen. Sie eint die Kritik am Umgang der FPÖ mit ominösen Geldflüssen an Vereine und einzelne Politiker. Nach einem Match zwischen Staatsanwaltschaft Klagenfurt und Landesgericht Klagenfurt entschied das Oberlandesgericht Graz kürzlich, dass der KFG zu Unrecht als Privatbeteiligter von der Staatsanwaltschaft aus dem Verfahren ausgeschlossen worden war.

Für Alexis Pascuttini bedeutet das wieder Zugang zu rund 2000 neuen Seiten im Akt. Dass das seinem Gegenspieler Kunasek unangenehm ist, ist nachvollziehbar. Pascuttini schreibt auch an einem "Aufdeckerbuch", dessen Titel Wenn alle Untreue begehen auf das Korporierten-Milieu anspielt, in dem sich Pascuttini selbst und viele Beschuldigte befinden.

"Für mich hatte es von Anfang des Finanzskandals an höchste Priorität, die Steuerzahler, die wahren Opfer dieses Skandals, ehrlich und transparent über den Skandal zu informieren", so Pascuttini. Deshalb arbeite er "den gesamten Skandal samt den zahlreichen Nebenschauplätzen und Hintermännern in einem eigenen Buch auf".

Der neue Staatsanwalt in Kärnten, der die mit der Causa bisher allein befasste Kollegin nun unterstützt, schrieb derweil auch: den ersten Vorhabensbericht für die Oberstaatsanwaltschaft in einem der Seitenstränge des Verfahrens. (Colette M. Schmidt, 28.11.2023)