Soeben hat der milliardenschwere Immobilien- und Handelskonzern Signa Insolvenz angemeldet. Wertvolle Immobilien werden nun wohl von Banken einkassiert werden, bei denen die Signa hochverschuldet ist. In Deutschland schaut die Zukunft von tausenden Angestellten im Handelsbereich noch düsterer aus, als sie es ohnehin bereits ist. Ein intransparentes Netzwerk aus mehr als tausend Gesellschaften harrt seiner Aufarbeitung – und die Investoren der Signa werden wohl darum streiten, wer wie viel von seinen Kapital aus welchen Bereichen zurückbekommt.

Die Probleme waren längst offenkundig, nur hat keiner hingesehen. Das ist kein Zufall, sondern war so intendiert. Der Konzern hat alles dafür getan, dass das so bleibt. Ein hochgradig intransparentes Firmennetzwerk, eine erfolgreich lancierte Erzählung vom brillanten jungen Unternehmertum und gute Kontakte in die Politik haben dafür gesorgt, dass die Missstände bei der Signa nicht bereits früher breit zum Thema wurden.

Banken, Mitarbeiter, Investoren: Allzu schnell wird kein Gras über die Causa Signa wachsen. 
Banken, Mitarbeiter, Investoren: Allzu schnell wird kein Gras über die Causa Signa wachsen.
Marcel Kusch / dpa / picturedesk

René Benko ventilierte in Politik und Medien, ein geschäftliches Wunderkind zu sein, das beispielsweise Zahlen kennt wie kein Zweiter. Viele Medien spielten bereitwillig mit. Dazu kam mit zunehmendem Erfolg immer mehr Schützenhilfe aus der Politik. Zu den luxuriöse Törggelen-Feiern in der Wiener Innenstadt tanzte die Elite der Republik an. Die engen Verbindungen zur damaligen türkis-blauen Bundesregierung, vor allem zur Clique um Sebastian Kurz, halfen Benko im Jahr 2018 beim Erwerb von Kika/Leiner – für deren Pleite die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler heute die Rechnung zahlen müssen.

Schlechtes Umfeld für Kritiker

Wer die Erzählung von hocherfolgreichen Konzern hinterfragte, hatte es schwer. DER STANDARD etwa wurde – wie andere Medien – bei kritischer Signa-Berichterstattung regelmäßig mit Anwaltsbriefen und Klagsdrohungen eingedeckt.

Jetzt kollabiert das Benko-Reich. Die Probleme sind derart groß geworden, dass sie trotz all der Schaumschlägerei in Politik und Öffentlichkeit nicht mehr zu kaschieren sind. Zwei Faktoren sind dafür hauptverantwortlich. Zum einen sind Immobilien bei hohen Zinsen schlicht nicht mehr so rentabel wie in der vorangegangenen jahrelangen Nullzinsphase – während die Zinsen, die auf Kredite für diese Objekte anfallen, immer weiter steigen. Der zweite Aspekt: Benkos Experimente im Handelsgeschäft sind hochkant gescheitert. Die deutsche Warenhauskette Galeria Kaufhof steckt bereits seit Jahren in schweren Problemen; in Österreich ging das Möbelhaus Kika/Leiner bereits im Sommer pleite – Monate bevor es heute mit der Signa Holding den eigentlichen Kern des Signa-Reichs trifft.

Allein in Österreich müssen Banken nun um ausständige Kredite fürchten, deren Höhe dem Vernehmen nach mehr als zwei Milliarden Euro beträgt und die dem Anschein nach unter fragwürdigen Bedingungen vergeben worden sein dürften. Deshalb wird auch die Rolle der Aufsichtsbehörden zu hinterfragen sein.

Der Immobilienmarkt indes, ohnehin in der Krise, wird noch mehr durchgeschüttelt werden als ohnehin bereits. Dem Vernehmen nach weiß man bei vielen der Immobilien, die nun auf den Markt geworfen werden, nicht einmal, mit welcher Summe man sie bewerten soll. Während in Österreich im Signa-Immobilienbereich nur einige Hundert Menschen arbeiten, sind in Deutschland tausende Arbeitskräfte im Handelsbereich von der Insolvenz betroffen und müssen um ihre Jobs fürchten.

Eine aggressiv vorgebrachte Unternehmererzählung, gute Verbindungen in die Politik, das geschickte Ausnutzen der Intransparenz, die der Aufbau grenzüberschreitender Firmennetzwerke bietet: René Benko hat das perfektioniert. Und ist zu lange damit gut durchgekommen. (Joseph Gepp, 29.11.2023)