Damani Krishanthan ist müde. Die 32-jährige Tamilin arbeitet als Taxifahrerin für Rideshare, eine App ähnlich wie Uber, von der sie abgezockt wird. Doch Damani braucht das Geld, um nach dem Tod des Vaters für ihre Mutter zu sorgen. Die gemeinsame Wohnung riecht nach Schimmel, der Strom fällt regelmäßig aus, Mahnungen und Rechnungen stapeln sich auf dem Küchentisch.

Während Damani Tag und Nacht auf den Straßen unterwegs ist, wird die namenlose Stadt, in der sie lebt, von einer Protestwelle erschüttert. Durch die Fenster ihres Taxis beobachtet sie die Ausschreitungen. Sie selbst hat weder Zeit noch Kraft zu demonstrieren, denn die nächste Anfrage auf ihrem Handy wartet bereits. Abholen, nach Hause bringen, abholen, nach Hause bringen, wieder abholen.

Buchcover
Priya Guns, "Dein Taxi ist da". € 24,50 / 329 Seiten. Blumenbar, Berlin 2023.
Blumenbar

Damanis Alltag ist ewig gleich, bis eines Tages eine junge Frau bei ihr einsteigt. Jolene ist alles, was Damani nicht ist: weiß, reich, gut vernetzt. Dienstags geht sie zum Ashtanga-Yoga, samstags zum Buchklub und zwischendurch zum Brunch mit Freundinnen. In ihrer restlichen Freizeit engagiert sie sich ehrenamtlich. "Jolene war ein Mythos, und man hatte uns allen beigebracht, dass sie etwas Heiliges war", schreibt Guns spöttisch. "Natürlich glaubte ich nicht an dieses Gerede, aber da war sie, saß in meinem Auto und war verrückt nach mir." Die beiden beginnen eine ungleiche Beziehung, die am Ende an Jolenes mangelnder Solidarität scheitert.

Die Autorin Priya Guns weiß genau, dass das Private politisch ist. In ihrem Debütroman Dein Taxi ist da entlarvt sie Jolenes bürgerliche Heuchelei und hält damit einer ganzen Generation von Social-Media-Aktivisten den Spiegel vor. Guns Sprache ist oft zynisch oder witzig, die Themen sind ernst. Im Kapitalismus herrscht Endzeitstimmung. Der Roman stellt daher die wichtige Frage: Wenn die Welt bereits brennt, welche Form von Protest kann dann noch Veränderung schaffen? (Anna Wielander, 18.12.2023)