Rund 16.100 Wohneinheiten werden die gemeinnützigen Bauträger heuer errichten, diese Zahl wird noch in etwa im zehnjährigen Durchschnitt liegen. Doch schon für 2024 ist ein deutlicher Rückgang zu erwarten, es dürften im nächsten Jahr nur etwas mehr als 13.000 gemeinnützige Wohnungen errichtet werden – die meisten mit, manche aber auch ohne Wohnbauförderung, also freifinanziert.

Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft versucht auf die Politik einzuwirken, mehr Geld für den Wohnbau freizumachen – sowohl im Bund als auch in den Ländern.
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Immer weniger Wohnbauförderung

Apropos Wohnbauförderung: Sie wäre naturgemäß der Hebel, um die Bauleistung zu steigern. Doch aus diesem Titel steht immer weniger Geld zur Verfügung, wie nicht zuletzt auch Wohnbauforscher Wolfgang Amann alljährlich dokumentiert. Mehrmals in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten kratzten sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben für die Wohnbauförderung an der Drei-Milliarden-Euro-Marke, zuletzt war das aber vor rund zehn Jahren der Fall. Seither geht es bergab.

2022 wurden rund 1,3 Milliarden Euro über den Wohnbauförderbeitrag eingenommen, der von Bruttolöhnen und -gehältern abgezogen wird. Und aus den Rückflüssen aus Wohnbauförderdarlehen der Länder kamen nochmals rund 1,42 Milliarden Euro zusammen. Die Zahlen für 2023 dürften recht ähnlich sein. Macht insgesamt also 2,72 Milliarden Euro, die derzeit jährlich im gesamten Wohnbaufördertopf grundsätzlich zur Verfügung stehen.

Keine neue Zweckbindung

Weil diese Mittel seit 2009 aber nicht einmal teilweise mehr zweckgewidmet für Neubau oder Sanierung ausgegeben werden müssen, kommt aber bei weitem nicht alles davon auch dort an. "Nur" rund 1,9 Milliarden Euro sind es, die aus diesem Mittelaufkommen in den Bundesländern heuer in Neubau und Sanierung fließen werden, rechnete Herwig Pernsteiner am Dienstag in einem Pressegespräch vor. Pernsteiner ist Vorstandsvorsitzender der Innviertler Siedlungsgenossenschaft ISG mit Sitz in Ried im Innkreis, außerdem Obmann-Stellvertreter des Österreichischen Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV) auf einem Ticket der ÖVP-nahen Fraktion im genossenschaftlichen Wohnbau, der Arge Eigenheim.

Der Grund: Bis 2008 gab es das sogenannte Zweckzuschussgesetz des Bundes, in dem verankert war, dass die vom Bund eingesammelten und an die Länder weitergeleiteten Mittel zweckkonform verwendet werden müssen. Das Gesetz wurde Ende 2008 im Zuge der damaligen Finanzausgleichsverhandlungen außer Kraft gesetzt. Und eine weitere wichtige Änderung erfolgte 2018: Seit damals sind die Länder selbst für die Einhebung des Wohnbauförderbeitrags zuständig.

Die Wiedereinführung der Zweckwidmung "würden wir uns wünschen", sagte Pernsteiner. Sie sollte eigentlich auch kommen, denn Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat sie in seiner "Rede zur Zukunft der Nation" im März versprochen. Im Zuge der aktuellen Finanzausgleichsverhandlungen wurde sie bisher nicht verankert – und das sei dort auch gar nicht notwendig, meint Christian Struber, Obmann der Salzburg Wohnbau, Bundesobmann der Arge Eigenheim und GBV-Aufsichtsratsvorsitzender.

"Der Zug ist abgefahren"

Anders sieht das Wohnbauforscher Amann. Er sieht den Zug für die Wiedereinführung bereits abgefahren: "Außerhalb des Finanzausgleichs wird's das nicht spielen." Ganz grundsätzlich sei eine Rückkehr zu der Situation vor 2008 undenkbar; die Länder seien nun einmal am Ruder, "und die werden sich das wohl nicht mehr wegnehmen lassen".

Im Finanzausgleich wurde jetzt, wie berichtet, "nur" ein sogenannter Zukunftsfonds verankert, der mit insgesamt 1,1 Milliarden Euro dotiert wird. Ein großer Teil dieser Mittel, nämlich 500 Millionen Euro, fließt in die Kinderbetreuung, 300 Millionen Euro sollen aber auch für Wohnen und Sanieren bereitstehen – diesfalls eben wieder zweckgebunden. Bei der Arge Eigenheim freut man sich über dieses zusätzliche Geld, können damit doch "Investitionen in den Umstieg von Öl und Gas auf erneuerbare Energieträger" weiter forciert werden, sagte Struber.

Offener Brief des Verbands

Allerdings: Um die Wohnungsnot abzuwenden, auf die sich Österreich nicht nur aus Sicht der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft zubewegt, werden die Mittel nicht reichen. Auch der GBV-Revisionsverband hat sich deshalb erst in der vergangenen Woche per "offenen Brief" an die Öffentlichkeit gewandt: Um die Bauwirtschaft vor einer "existenziellen Krise" zu bewahren, sei unter anderem eine massive Anhebung der Wohnbauförderung nötig.

In dem Schreiben, das sich neben der Bundesregierung insbesondere auch an die Landesoberhäupter sowie an den Städte- und auch den Gemeindebund richtete, wird davor gewarnt, dass der Wohnbau völlig zum Erliegen kommt. Auch Amann sieht das kommen: "Baubewilligungen und Fertigstellungen bewegen sich rasant nach unten." Während noch 2019 rund 87.000 Wohneinheiten baubewilligt wurden, werden es heuer schon weniger als 50.000 sein. Laut Amann ist damit die kritische Grenze bereits unterschritten.

Politik zum Handeln aufgefordert

Sowohl beim GBV-Revisionsverband als auch bei der Arge Eigenheim, bei der es sich um die ÖVP-nahe Fraktion im Gemeinnützigen-Verband handelt, betont man die wichtige Rolle der Gemeinnützigen. Man könne "ein starker Partner der Politik, ein zuverlässiger Auftraggeber der Bauwirtschaft, ein sicherer Partner der Banken und ein maßgeblicher Garant des Wohlstandes und der Zufriedenheit der österreichischen Bevölkerung sein", heißt es in dem offenen Brief. Bund und Länder seien dringend gefordert, in einer Vielzahl an Problemfeldern Maßnahmen zu setzen. Als erster dieser Punkte wird gleich die "massive Anhebung der Wohnbauförderung" sowie die Wiedereinführung der Zweckbindung genannt, sowohl für die Wohnbauförderbeiträge als auch für die Darlehensrückflüsse. Als Sofortmaßnahme verlangt man außerdem eine zweckgebundene Wohnbaumilliarde aus dem Bundesbudget, darüber hinaus auch Garantie-Erklärungen des Bundes für die Kapitalmarktdarlehen der gemeinnützigen Bauträger, um deren Zinskonditionen zu verbessern.

Für notwendig hält man außerdem eine neue Förderschiene des Bundes für die Dekarbonisierung, wie sie etwa auch Arge-Obmann Struber schon mehrmals vorgeschlagen hat. Und diverse rechtliche Maßnahmen, beispielsweise Eingriffe ins Wohnrecht, um die Dekarbonisierung voranzubringen. Länder und Gemeinden werden zudem aufgefordert, die Instrumente der Raumordnung intensiver zu nutzen, um Grundstücke für den leistbaren Wohnbau verfügbar zu machen.

"Länder müssen mehr tun"

Wer aus Amanns Sicht aber auch etwas machen muss: die Länder. "Die müssen mehr tun, das ist evident." Man befinde sich in einer "krisenhaften Situation", in mehreren Bundesländern sei der geförderte Neubau komplett zum Erliegen gekommen.

In der Arge Eigenheim fordert man deshalb, dass zusätzliche 1,1 Milliarden Euro aus den Fördermitteln im Rahmen des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes (EWG) dem mehrgeschoßigen Wohnbau zur Verfügung stehen. Mit dem Geld könnte man etwa 9000 Wohneinheiten in Bestandsbauten modernisieren, sagte Arge-Bundesobmann Christian Struber in dem Pressegespräch. Das sollte aber am besten im Rahmen einer "sinnvollen Kaskade an Maßnahmen" vonstattengehen: Erst die Dämmung im Rahmen einer thermischen Sanierung, dann erst der Ersatz fossiler Heizsysteme. Sinnvollerweise sollte das Geld aber auch in den Ausbau der Photovoltaik und der E-Mobilität sowie des Breitbandinternets fließen. Und wichtig sei auch, dass auch Planungsleistungen zur Gänze gefördert werden. (Martin Putschögl, 29.11.2023)