Konzerthaus
Dirigent Ádam Fischer übernahm die Konzerte kurzfristig von Alt-Star Zubin Mehta – eine gute Wahl.
Wiener Konzerthaus / Andrea Hume

Wien – Nächstes Jahr steht für Arnold Schönberg ein runder Geburtstag ins Haus – sein 150er. Es besteht allerdings Grund zur Sorge, dass die Festlichkeiten für ihn übertönt werden könnten, feiern doch auch Anton Bruckner und Giacomo Puccini Jubiläen (200. Geburts- bzw. 100. Todestag) – die beiden erfreuen sich immenser Beliebtheit, sodass ihre Jahrestage bereits anklingen.

Diese Woche haben sich die Wiener Philharmoniker, in letzter Zeit stark Bruckner-aktiv, auf das Puccini-Jahr eingestimmt – am Dienstag mit einer Hommage im Konzerthaus, tags darauf mit einem Auftritt in der Geburtsstadt des Komponisten, Lucca. Dirigent Ádam Fischer hat die Konzerte kurzfristig von Alt-Star Zubin Mehta übernommen – eine gute Wahl.

Ob das Programm mit ebenso sicherer Hand gestaltet war, ist indes fraglich. Merkwürdig nicht nur, ein Musikgenie ausgerechnet mit einem halbgaren Jugendwerk zu "ehren". Umso seltsamer, dieser Messa di Gloria das Meisterwerk eines reifen Kollegen folgen zu lassen, nämlich das Libera me aus Verdis Requiem – und das vorangegangene Stück damit zu deklassieren.

Messe mit Charme

Gleichwohl: Diese Messe, die Puccini 1880 auf den kirchenmusikalischen Spuren seines Vaters komponiert hat, besitzt Charme. Sie liebäugelt bereits mit der Oper: Man spürt dies, wenn der Chor (der klangschöne Singverein) in wuchtiger Verdi-Manier tönt und Aida-Elefanten durchs Klangbild stapfen; vor allem aber, wenn der überpassionierte Vittorio Grigolo in seinem ersten Tenorsolo eher eine Geliebte als den lieben Gott anzuhimmeln scheint. Imposant, wie kundig der junge Puccini bereits eine Fuge gestaltet; dennoch klingt sein Werk seltsam salonmelodiös aus (profund: Bariton Massimo Cavalletti).

Umso mehr können die Philharmoniker in Verdis Libera me auftrumpfen: Apokalyptische Fanfaren prallen auf schwebende Hoffnungsklänge, während Alessia Panza das Gebet des Solosoprans wider die Todesangst mit scheinbar müheloser, mächtiger Stimme gestaltet: der Höhepunkt des Abends. (Christoph Irrgeher, 29.11.2023)