Wer sich Illustrationen aus den 1950ern und 1960ern ansieht, in denen dargelegt wird, wie die technologische Zukunft nach der Jahrtausendwende aussehen könnte, dem wird der Qidi X Plus 3 zumindest irgendwie bekannt vorkommen. Neben fliegenden Autos, auf die wir noch warten und vernetzte Computer, die wir schon haben, beinhalten diese Zukunftsprognosen auch retrofuturistische Haushaltsgeräte aller Art. Und die Bezeichnung passt, von der Farbgebung vielleicht abgesehen, ganz gut auf diesen 3D-Drucker, der von Händlern um 600 bis 700 Euro angeboten wird.

Was der chinesische Hersteller Qidi Tech (gesprochen: „Tschidi“) hier liefert, ist ein fast vollumfassend ausgestatteter FDM-3D-Drucker nach CoreXY-Bauart, der mit Komfort und Geschwindigkeit glänzen soll. Und mit einem Druckbett mit Maßen von 280 x 280 Millimeter und einer Druckhöhe von bis zu 270 Millimetern. Versprochen werden weiters eine Druckgeschwindigkeit von bis zu 600 mm/s, eine Filament-Durchflussrate von bis zu 35 mm³/s und eine Beschleunigung von maximal 20.000 mm/s². Verbaut ist die Technik in ein vollumrandetes Gehäuse mit Tür und abnehmbaren Deckel.

Das klingt vor allem beeindruckend, wenn man es an "herkömmlichen" 3D-Druckern misst, bei denen das Druckbett vor und zurück fährt, während der Druckkopf sich nach links, rechts und in die Höhe bewegt. Diese arbeiten in der Regel mit Geschwindigkeiten von 60 bis 100 mm/s. DER STANDARD hat den Qidi X Plus 3 getestet.

Qidi X Plus 3 3D-Drucker
DER STANDARD/Pichler

Vorwort

Dieser Rezension muss allerdings ein bisschen Information voran gestellt werden. Es geht hier nicht nur um dieses konkrete Gerät, sondern auch darum, was diese neue Generation an 3D-Druckern, die nicht unwesentlich vom Erfolg des P1P und X1 des jungen Herstellers Bambu Lab beeinflusst ist, für den 3D-Druck im privaten Bereich generell bedeutet. Denn es handelt sich zumindest um einen kleinen Paradigmenwechsel.

Ebenso muss angemerkt werden, dass es sich um die aktuelle Ausgabe des Druckers handelt, da die erste, im Frühjahr erschienene Version ein Konstruktionsproblem mitbrachte, das mit einer neuen Ausgabe im Sommer behoben wurde. Alle gezeigten Modelle wurden mit der Firmware-Version 4.2.10 gedruckt, die Anfang Oktober veröffentlicht wurde.

Und diese Rezension beinhaltet neben eigenen Eindrücken auch solche aus anderen Rezensionen, darunter das von Deskmodder und jenes des 3D-Druck-Experten mpox, die über wesentlich mehr Erfahrung und Vergleichsmöglichkeiten verfügen, als der Autor dieser Zeilen. Mpox hat im eingebetteten Video den Qidi X Max 3 getestet, der abgesehen vom größeren Bauraum praktisch baugleich zum X Plus 3 ist. Achtung: Das kleinste Modell der Reihe, X Smart 3, ist technisch gegenüber den beiden anderen Versionen aber abgespeckt.

QIDI X-MAX 3 | Ist dir Bambu Lab zu klein? (3D Drucker Test 2023)
mpoxDE

Druck-Koloss mit einfacher Einrichtung

Geliefert wird das Gerät, gut in Schaumstoff gepolstert, in einem gigantisch anmutenden Karton. Das ist angesichts der Maße des Druckers keine Überraschung. Der bringt es auf 511 x 527 x 529 Millimeter und wiegt über 24 Kilogramm. Beim Transport helfen zwei ins Gehäuse integrierte Tragegriffe.

Die Inbetriebnahme könnte kaum einfacher sein. Wer das Gerät direkt ansteckt, wird über den 5-Zoll-Touchscreen über die erforderlichen Schritte angeleitet. Es gilt ein paar zur Transportsicherung angebrachte Kabelbinder und Schrauben zu entfernen. Anschließend startet man das automatische Autoleveling und passt danach manuell mithilfe einer beiliegenden Karte den Z-Achsen-Abstand an, also den Abstand zwischen der Düse des Druckers und dem Druckbett, der circa einem etwas dickeren Stück Papier entspricht.

Schließlich startet man das Input Shaping, bei dem der Drucker das "Vibrationsmuster" beim Betrieb an seinem Standort erlernt, um es während der Fertigung von Modellen ausgleichen zu können. Es empfiehlt sich der Einsatz der mitgelieferten Gummifüße, um die Übertragung besagter Vibrationen auf den restlichen Raum einzudämmen und die Betriebslautstärke zumindest etwas zu reduzieren.

Abgesehen vom Filamentwechsel, Hotend-Tausch und der danach erneut erforderlichen Anpassung des Z-Abstands muss man bei diesem Drucker nach dem Aufbau nichts mehr manuell machen. Das trifft nicht nur auf diesen Drucker zu, sondern auf die meisten neuen Geräte dieser Machart – reichend von den Bambu Lab-Modellen über den Creality K1, Prusa XL, Flashforge Adventurer 5M und andere. Nicht alle davon sind aber ab Werk eingehaust wie der Qidi X Plus 3, der sich durch den beheizten Bauraum, beheiztes Druckbett und dem mitgelieferten, alternativ nutzbaren Hochtemperatur-Hotend auch für den Druck anspruchsvoller Filamente wie ABS oder Nylon qualifiziert. Die maximale Düsentemperatur ist mit 350 Grad angegeben, das Druckbett soll sich auf bis zu 120 Grad aufheizen lassen und der Druckraum auf bis zu 65 Grad.

Qidi X Plus 3 – 3D-Drucker, Blick in den Bauraum
DER STANDARD/Pichler

Viel Zubehör

Das Zubehör ist umfangreich. Neben besagtem zweiten Hotend beinhaltet es verschiedene Ersatzschrauben, Werkzeuge, einen Klebestift, USB-Stick, Ethernetkabel, eine Drybox sowie eine Filamenthalterung. Letztere ist allerdings auf der Rückseite des Druckers anzubringen, was in Anbetracht der Platzierung des Geräts nicht besonders durchdacht ist. Ein findiger Besitzer hat sich dazu aber schon Gedanken gemacht und eine selbst ausdruckbare Lösung konstruiert, die in einen der seitlichen Haltegriffe geschraubt oder eingeklebt wird.

Die Trockenbox funktioniert passiv, nutzt also ein Säckchen mit Trockenmittel, um die Luftfeuchtigkeit niedrig zu halten. Sie verfügt außerdem über einen pneumatischen Steckanschluss, um direkt einen Bowden-Schlauch daran anhängen zu können, der das Filament zum Runout-Sensor führt, über den der Drucker automatisch feststellen kann, wenn der Nachschub unterbrochen wird. Der Auslass liegt allerdings zu nah an der Spule, was zu Einzugsproblemen und Ausfädeln des Materials führen kann. Dazu ist das Säcken mit dem Trockenmittel so groß, dass es in Berührung mit der Filamentspule kommen kann, was sich ebenfalls negativ auf den Einzug auswirken kann. Daher ist zu empfehlen, die Box nur zur Aufbewahrung zu verwenden.

Das Kunststoffgehäuse des Druckers erweckt zwar optisch einen billigen Eindruck, ist aber wertig verarbeitet. Von der Tür kann man das nicht behaupten. Das Plexiglas ist einigermaßen "wobbelig". Der magnetische Schließmechanismus funktioniert gut. Bei der Inbetriebnahme fiel aber einer der beiden am Gehäuse fixierten Magnete einfach heraus und musste wieder eingeklebt werden.

Die Bedienoberfläche ist übersichtlich gehalten.
DER STANDARD/Pichler

Gute Klipper-Firmware

Wer aus praktischen Erwägungen den Drucker nicht per USB-Stick mit Aufträgen füttern will, kann das auch via Ethernet oder WLAN tun. Die Einrichtung der Wifi-Verbindung ist einfach, muss allerdings nach jedem Firmwareupdate wiederholt werden. Der Bildschirm selbst kann sich bei Eingaben gelegentlich als störrisch erweisen, denn es handelt sich um ein Exemplar der resistiven Sorte, das besser geeignet ist für die Verwendung mit einem Stift.

Die Firmware basiert auf Klipper, die wesentlich mächtiger ist als die bei günstigeren Druckern oft zu findenden Marlin-Adaptionen. Sie setzt allerdings auch den Einsatz eines vollwertigen Kleincomputers anstelle der sonst oft eher simplen Mikrochips voraus. Im X Plus 3 kommt hierfür eine CPU mit Cortex A53-Kernen zum Einsatz, die sich an einem GB RAM bedienen kann. Der Onboardspeicher besteht aus einem eMMC-Chip mit 8 GB an Kapazität. Wer möchte, kann den Drucker auch im Nachhinein um rund 40 Euro mit einer Webcam aufrüsten, um etwa Zeitraffer anzufertigen und auch um Fehldrucke über die noch experimentelle "Spaghetti-Erkennung" automatisch stoppen zu lassen.

Screenshot des Qidi Slicer
Der Qidi Slicer.
DER STANDARD/Pichler (Screenshot)

Die Bedienoberfläche ist übersichtlich und gut verständlich gehalten. Die wichtigsten Optionen und Funktionen sind mit 1 bis 2 Klicks zugänglich. Beim Drucken wird eine Vorschau des Objekts angezeigt. In manchen Fällen klappt deren Erzeugung allerdings nicht. Auf dem Display wird dann der Abbruch des Drucks angewiesen. Sofern beim Slicen des Objektes (also der Umwandlung des Modells in eine Befehlskette für den Drucker) aber keine Probleme aufgetreten sind, kann das ignoriert werden. Das Modell wird trotzdem korrekt gedruckt.

Eigener Slicer

Der Hersteller bietet mit dem Qidi Slicer auch eine eigene Software an, die eine Abspaltung des Prusa Slicers ist, der seinerseits wiederum am Open-Source-Projekt "Slic3r" aufbaut. Im Rahmen des Testzeitraums von 2 Monaten wurden sowohl Updates für die Software selbst, als auch für die Voreinstellungen des Druckers geliefert. Anderen Rezensionen ist zu entnehmen, dass über eine solche Aktualisierung und ein Firmwareupdate auch Probleme beim Druck mit dem flexiblen Material TPU behoben wurden, die der Drucker ursprünglich hatte.

Während für diese Rezension der Qidi Slicer nebst den Standard-Einstellungen für die verschiedenen Materialien bei 0,2mm Layerhöhe verwendet wurde, können auch andere Slicer wie Cura, Orca oder eben der Prusa Slicer verwendet werden. Sie bringen ab Werk mittlerweile ebenfalls Profile für die neuen Qidi-Drucker mit. Die nach dem Slicing von Modellen errechnete Druckzeit trifft in der Regel auf die Minute genau zu.

3D-Modell
Der erste Testdruck, traditionell ein Benchy in PLA.
DER STANDARD/Pichler

Druckergebnisse

Gedruckt wurden Modelle mit dem beigelegten, laut Hersteller für schnellen Druck optimierten PLA, TPU (Marke Geeetech) sowie PETG (Stronghero3D). Der PLA-Druck erfolgte mit den Standardeinstellungen für das Eigenmarken-Material, bei den anderen Materialien mit den "generischen" Voreinstellungen.

Die Druckgeschwindigkeit ist für Qidis eigenes PLA hoch festgelegt. Ein "Benchy" in Originalgröße lässt sich so binnen 33 Minuten drucken. Bei der Vorlage für PLA von Fremdherstellern liegt die Geschwindigkeit deutlich niedriger, die berechnete Druckzeit ist oft um 50% länger. Wer Wert auf ein schöneres Druckbild legt, sollte die Druckgeschwindigkeit ohnehin nicht über 300 bis 350 mm/s stellen.

3D gedruckte Akkuhalterung auf einer Quest 3 VR-Brille
Ebenfalls in PLA: eine selbst konstruierte Powerbank-Halterung für die Meta Quest 3.
DER STANDARD/Pichler

Schneller sollte man nur Konzeptdrucke einstellen, bei denen Ästhetik und Genauigkeit keine große Rolle spielen. Die angegebenen 20.000 mm/s² und 600 mm/s Druckgeschwindigkeit sind allerdings eine in der Praxis nicht zu erreichende Fantasieangabe.

Die Ergebnisse mit den Standard-Einstellungen sind "zufriedenstellend", aber nicht überragend. Das in PLA gedruckte "Clearance Castle", bei dem mehrere Einzelteile in einem Durchlauf gedruckt werden, um ein kleines Schloss mit Schieberätsel zu erzeugen, sieht ordentlich aus. Auch die Streben der ohne Stützkonstruktion gedruckten Zugbrücke zeigen nur geringe Deformation durch Durchhängen. Dazu waren die Teile auch stellenweise miteinander verbunden, allerdings ließen sich diese Verbindungen ohne großer Krafteinwirkung lösen.

Die Standardeinstellungen können jedenfalls nachträgliche Optimierungen vertragen. Am deutlichsten erkennbar ist das bei PETG, wo ohne Anpassung deutliches "Stringing" (Fädenziehen) erkennbar ist. Hier ist die festgelegte Drucktemperatur von 240 Grad (erster Layer) und 250 Grad zu niedrig angesetzt. Eine Erhöhung auf 255 bzw. 265 Grad liefert sauberere Ergebnisse. Je nachdem von welchem Hersteller das Material stammt kann es natürlich Unterschiede im Hinblick auf die optimalen Temperaturen geben, weswegen sich bei Einsatz von neuem Material ein paar Testdrucke empfehlen.

Ein Salamander in grünem TPU. Die Druckqualität ist gut, einzig der Überhang beim Kinn bereitete Probleme.
DER STANDARD/Pichler

Kompetent, aber laut

Leise ist der Qidi X Plus 3 trotz Einhausung allerdings nicht. Die Verschalung ermöglicht zwar die Beheizung des Druckraums, ist aber zu dünn, um viel gegen die Lärmentwicklung zu tun und vibrieren während des Drucks auch ordentlich mit. Die kleinen Lüfter es Druckers machen sich ebenfalls bemerkbar, während zumindest der Druckkopf relativ leise herumfährt. Ärgerlich ist, dass der Drucker nicht über einen vollwertigen "Standby" verfügt. Während Display und Beleuchtung sich zwar nach ein paar Minuten abdrehen, ist die Lüftung stets aktiv.

Die akustische Penetranz nimmt zu, wenn man ein Modell ohne Abdeckung druckt. Das ist aus Temperaturgründen nötig, wenn man größere Modelle mit Materialien wie PLA oder TPU druckt, die auf zu hohe Umgebungstemperatur mit starker Deformation reagieren. Denn sonst gibt es nur einen einzelnen, unterdimensionierten Lüfter, der warme Luft aus dem Innenraum nach außen befördert.

3D-Modell
Ein in PETG gedrucktes Benchy – diesmal mit optimierten Einstellungen, also höheren Temperaturen.
DER STANDARD/Pichler

Der Druckraum verfügt über LED-Beleuchtung, sodass der Entstehung auch beigewohnt werden kann, ohne den Raum beleuchten zu müssen. Fertig gedruckte Modelle lassen sich leicht ablösen. Falls nötig, kann man die magnetisch befestigte PEI-Druckmatte abnehmen und etwas biegen. Nach einer kurzen Reinigung – idealerweise mit Isopropylalkohol – kann bereits der nächste Druck in Auftrag gegeben werden.

Fazit

In Summe ist der Qidi X Plus 3 ein guter, schneller und vielseitiger 3D-Drucker. Attraktiv machen ihn auch seine Verschalung und die einfache Einrichtung und Bedienung. Allerdings muss man auch mit Defiziten, wie der schlecht platzierten Spulenhalterung, relativ hoher Lautstärke und fehlendem Standbymodus leben.

Eine Frage, die sich stellt ist, warum man nicht etwa gleich zum Bambu Lab P1P greifen sollte, der teilweise günstiger erhältlich ist und alles, was der Qidi-Drucker kann, etwas besser beherrscht und den Anschluss mehrerer Filamentspulen für einfachen Mehrfarbdruck unterstützt. Zudem bringt er bereits eine Webcam mit, allerdings muss das Gehäuse separat beschafft – oder gedruckt – werden (der Designer des verlinkten P1P-Gehäuses hat für den STANDARD den Snapmaker A350T getestet).

Demokratisierung einer Technologie

Was der X Plus 3 aber zeigt ist, wie zugänglich 3D-Druck mittlerweile geworden ist. Zwar lässt sich schwerlich die Einfachheit von Papierdruckern (Papier rein, anschließen und los) erreichen, da 3D-Druck doch deutlich komplexer ist. Aber viele Dinge, die man einst mühselig selber machen und einstellen musste, können dieser und andere Drucker ähnlicher Bauart ganz automatisch.

gedruckte 3D-Modelle - schwarzes Schloss, gelbe Hand (Gittergerüst), grüne Eidechse
DER STANDARD/Pichler

Das eröffnet die Technologie und ihr großes Potenzial für künstlerische Tätigkeiten bis hin zu Technikhobbies und Reparaturen einem viel breiteren Publikum. Und das – im Prinzip die weitere Demokratisierung des 3D-Drucks – ist eine gute Sache. Ein Drucker, der nach 10 bis 15 Minuten komplett einsatzbereit ist und obendrein auch noch sehr flott arbeitet macht einen großen Unterschied zu Geräten, die man erst einmal mühselig zusammenschrauben muss, um anschließend selbst beim Druck kleinerer Modelle stundenlang warten zu müssen. Die wachsende Konkurrenz am Markt lässt hingegen die Preise sinken. Bereits jetzt gibt es kleinere Drucker dieser Art im Bereich von 400 bis 500 Euro.

Das ist freilich nicht als vernichtende Kritik an den klassischen "Bettschupfern" gemeint, die sich dafür leichter reparieren und erweitern lassen. Sie haben weiter ihre Daseinsberechtigung und sind in den letzten Jahren ebenfalls viel einsteigerfreundlicher geworden. Dazu besetzen sie auch Preissegmente, die für die "All Inclusive"-Drucker auf absehbare Zeit unerreichbar sind. Bereits um weniger als 200 Euro lassen sich absolut brauchbare Geräte erstehen. (gpi, 10.12.2023)