In der Elbphilharmonie in Hamburg steigt am Samstag (18 Uhr, live auf Servus TV) die Auslosung der Fußball-EM-Endrunde 2024. Ob daraus für Österreich ein Wunschkonzert wird? Von folgenden Gruppen träumt die STANDARD-Sportredaktion:

Leroy Sané gegen Österreich? Da war doch was!
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Deutschland, Niederlande, Schweiz

Thomas Hirner wünscht sich große Gegner, die schon weit bessere Zeiten erlebt haben:

Ein Testmatch ist ein Testmatch, nicht mehr und nicht weniger. Daher ist auch das 2:0 Österreichs gegen Deutschland unlängst im Happel-Stadion mit Bedacht einzuordnen. Immerhin, dem viermaligen Weltmeister, dreifachen Europameister und Gastgeber der EM fuhr die Blamage gegen die Skination bis in die Knochen.

Doch die Männer von Ralf Rangnick und die nach Erfolg lechzende Anhängerschaft konnten die Erkenntnis gewinnen: Das Team hat Qualität und könnte tatsächlich zu Höherem bestimmt sein! Was also wäre schöner, als dem vermeintlich übermächtigen Nachbarn ein Déjà-vu einzubrocken und ihm beim ballesterischen Hochamt des europäischen Ländervergleichs erneut zu zeigen, wo der Barthel den Most holt?

Dies könnte auch für die Niederlande von Interesse sein, denn woher sollten sie das wissen? Oranje ist seit jeher ein attraktiver Gegner, der zwar dreimal knapp am WM-Titel vorbeischrammte, aber immerhin 1988 zum Europameister avancierte. Die Qualifikation hat die von Coach Ronald Koeman trainierte Elftal als Gruppenzweite hinter den nahezu makellosen Franzosen nicht gerade souverän geschaukelt. Gegen die Grande Nation musste sie zwei Pleiten, darunter ein 0:4, hinnehmen.

Und warum ausgerechnet die Schweiz? Die Eidgenossen haben dem Ski Austria zuletzt drei- von viermal den Nationencup entrissen, die Antwort darauf gibt es 2024 auf deutschem Rasen. In der Qualifikation hat sich die Nati nicht mit Ruhm bekleckert, als Gruppenzweite hinter Rumänien mit Ach und Weh das Ticket für Deutschland ohne Umweg gelöst. Die Schweizer, die Deutschen, die Niederländer, sie alle sind zu schlagen. (honz)

Der Mensch braucht Herausforderungen, Ballzauberer Luka Modric wäre eine solche.
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Spanien, Kroatien, Italien

Sigi Lützow wünscht sich Spaß für die Deutschland-Bezwinger, man gönnt sich ja sonst nichts.

Die Mannschaft wächst mit der Aufgabe. Also ist Ralf Rangnicks Edelferslern eine Gruppe mit Nations-League-Sieger Spanien, Nations-League-Finalist Kroatien und Titelverteidiger Italien zu wünschen. Der Cheftrainer hat schon mehrmals bekräftigt, dass der Entwicklung des Teams eher starke denn leichte Gegner dienlich sind. Freilich steht in einem Turnier der Endzweck im Vordergrund, der Erfolg. So groß die Namen auch sind, aber weder die Furia Roja, noch die Vatreni und schon gar nicht die Squadra Azzurra sind unantastbar für Rangnicks Deutschland-Bezwinger.

Spanien ist wie üblich durch die Qualifikation gerauscht, auch wenn es bei sieben Siegen eine Niederlage (0:2 in Schottland) setzte. In den vergangenen fünf Großturnieren boten die Iberer oft große, im Endeffekt aber brotlose Kunst – Umfaller wie das Aus im Achtelfinale der WM in Katar sind drinnen. Teamchef Luis de la Fuente ist als spät bekehrter Fanboy von Ex-Verbandspräsident und Küsserkönig Luis Rubiales umstritten, Wickel bis zur und während der EM sind nicht ausgeschlossen.

Kroatien hat sich in einer relativ leichten Quali-Gruppe relativ schwergetan. Die Feurigen um die Antiquität Luka Modrić (38) sind unleugbar im Umbruch begriffen. Immerhin, Stimmung auf der Ottakringer Straße ist im Fall des Falles garantiert.

Italien hat mit den Europameistern von 2021, die seinerzeit beinahe an Österreich gescheitert wären, nicht mehr viel zu tun. Die direkte Qualifikation für Deutschland gelang im Duell mit der Ukraine mit knapper Not und wurde am Stiefel derart enthusiastisch gefeiert, dass man meinen könnte, der Titel wäre schon verteidigt. Also: grande pressione! (lü)

Ein Rendezvous mit diesen Herrschaften? Warum nicht.
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England, Schottland, Wales

Martin Schauhuber wünscht sich brüderlich britische Fankultur für Österreichs EM-Reisende.

England, Wales, Schottland – was fehlt? Klar, irgendwas mit Rot und Weiß in der Flagge. Nordirland hat die Quali vergeigt, also muss Österreich einspringen. Nein, diese Wunschgruppe entspringt keinem Großbritannien-Faible, es geht schlicht um Fankultur. Für diese waren die letzten Fußball-Großereignisse – WM in Katar, Corona-EM in halb Europa, WM in Russland – verheerend. Deutschland 2024 kann endlich wieder ein Fußballfest werden. Diese Spieltagsstimmung, wenn zehntausende Anhänger beider Teams eine Stadt überfluten, bestgelaunt singen und mit Wildfremden abklatschen, ist einmalig.

Unter Englands Fans gibt es zwar eine notorisch gewaltbereite Minderheit, aber auch viele bestens gelaunte Prost-Pazifisten – und die Waliser und Schotten wären ohnehin ideale Anstoßgenossen. Die "Red Wall" aus Wales verlegte ihr WM-Quartier vergangenen Winter aus Protest gegen Alkoholverbot und hohe Hotelpreise in Katar gar nach Teneriffa, diese Herrschaften werden also auf ein "echtes" Turnier brennen. Die schottische Tartan Army genießt sowieso den besten Ruf aller Nationalteam-Supporter. Später im Stadion würden Briten jeglicher Couleur Stimmung garantieren.

Auch aus sportlicher Sicht wäre dieses Los ein machbares, Schottland ist aus Topf drei eines der angenehmeren Teams. Wales muss sich noch durch den Playoff-Weg A wühlen, doch Finnland sowie das in der Quali schwer enttäuschende Polen sind machbar. Und ein Match gegen einen echten Kracher gehört zu einer EM dazu. Hier wäre England mit Jungstar Jude Bellingham einer der größten Genüsse, die Lostopf eins zu bieten hat. (schau)

Cristiano Ronaldo wäre einer der furchteinflößendsten Gegenspieler in einer der leichtestmöglichen Gruppe.
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Portugal, Slowenien, Playoff C

Andreas Hagenauer wünscht sich einen gemütlichen Spaziergang im deutschen Park.

Man muss nicht immer den Weg des größten Widerstands nehmen. Auch, wenn irgendeine antiquierte Fußballweisheit besagt, dass man die Großen schlagen muss, um einen großen Titel zu gewinnen, braucht es ja auch noch Luft für den weiteren Turnierverlauf. Die Gruppe könnte man nutzen, um sich schön gemächlich ins Turnier zu spielen, sich fernab des Rampenlichts ein wenig in der Underdogrolle zu suhlen, nur um dann in der K.-o.-Phase so richtig reinzumetzeln.

Aus Topf eins wäre Portugal optimal: Und das nicht, weil die Portugiesen schlecht kicken, sondern weil man in Portugal mit dem österreichischen Fußball so viel anfangen kann wie mit Krautfleckerln. Der Name David Alaba dürfte sich auch bis nach Lissabon durchgesprochen haben, aber sonst kann man wohl von einer gehörigen Portion Überheblichkeit ausgehen. Am Ende gewinnen die Krautfleckerln.

So wenig Portugal mit Österreich anfangen kann, so firm ist man hierzulande mit dem slowenischen Fußball. In der Qualifikation zur Euro 2020 setzte man sich recht souverän durch – wohlgemerkt mit anderen Voraussetzungen auf der Trainerbank. Slowenien spielte in einer überschaubar anspruchsvollen Quali-Gruppe eine durchaus souveräne Rolle und qualifizierte sich punktegleich mit den Dänen für die Endrunde. Und dennoch ist das Team von Matjaž Kek wohl der angenehmste Gegner aus Topf drei.

Und sonst? Die Teams, die sich über den Playoff-Weg C qualifizieren könnten, lauten Georgien, Luxemburg, Griechenland und Kasachstan: Allesamt natürlich gerngesehene Gäste für einen gemütlichen und erfolgreichen Spaziergang im deutschen Park. (hag, 2.12.2023)