Es ist die größte Wirtschaftspleite der Zweiten Republik, leitet Claudia Reiterer die Diskussion bei der "Im Zentrum"-Sendung zum Thema "Armer Milliardär – Wer zahlt für Benkos Reich?" anlässlich der Benko-Insolvenz ein, es fallen so schöne Worte wie "Ösigarch". Für den Sanierungsverwalter wird es kompliziert, das Firmengeflecht ist undurchsichtig, es geht um fünf Milliarden Euro an Verbindlichkeiten bei 273 Gläubigern. Vom Hotelier und Rechtsanwalt Christian Harisch hat Benko vor 25 Jahren seine erste Million bekommen, bei Reiterer schwärmt er, er war ein "tüchtiger und verlässlicher Unternehmer".

Ist Benko "Unternehmerwunderkind oder eiskalter Profi", will Reiterer von Harisch wissen. Das sei "kein zwingender Widerspruch", so Harisch, Benko habe "große Empathie, große Überzeugungskraft, eine Mischung aus hoher Professionalität und erfolgreichem Unternehmertum". Und er relativiert: Diese schwierige Phase habe "gewisse Probleme" mit sich gebracht, wie es eben auch bei anderen Entwicklern der Fall sei. Aufgrund der Größe der Signa Holding seien eben die Auswirkungen weitreichender.

"Im Zentrum"-Diskussion zum Thema "Armer Milliardär – Wer zahlt für Benkos Reich?".
Screenshot: TVThek.orf.at

Kristina Gnirke vom Spiegel weist auf die deutschen Städte und Kommunen und die dortigen Bauruinen hin, "ein Riesendilemma für viele Bürgermeister, die sich aber vorher für Benko kräftig eingesetzt haben". Wirtschaftswissenschafter Leonhard Dobusch sieht vor allem deutsche Baustellen betroffen und auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Handel dort, in Österreich seien keine unmittelbaren Jobverluste zu befürchten. Für Österreich würden sich vor allem Fragen nach den Schlupflöchern in der Regulierung stellen. Weil die Signa als GmbH im Firmenbuch eingetragen war, musste René Benko keinen testierten Jahresabschluss vorlegen, ein Konstrukt, er sieht eine Regulierungslücke.

Auch der deutsche Handelsexperte Gerrit Heinemann vermutet, dass "bewusst Intransparenz geschaffen werden sollte". Und dass das undurchsichtige Firmenkonstrukt dazu gedient habe, Steuern zu vermeiden. Die Signa-Gruppe sei massiv gegen Aufforderung zur Konsolidierung vorgegangen. Es sei zu vermuten, dass bewusst Intransparenz geschaffen werden sollte, das habe sicherlich auch steuerliche Gründe.

Lemmingkurs

Heinemann zitiert auch einen deutschen Investor, der meinte, dass die Büchse der Pandora nicht hätte geöffnet werden sollen. "Dann hätte er sich nicht beteiligen sollen", sagt Harisch folgerichtig. Es sei ja niemand gezwungen worden, sich daran zu beteiligen Und es sei jedem freigestanden, schon vor Jahren Fragen zu stellen. "Ich leide mit diesen Alpha-Investoren am wenigsten mit", sagt auch Dobusch, "das sind Profis, ein Haselsteiner weiß, was er tut." Auch Gnirke ist verblüfft, dass "viele renommierte Milliardäre und Unternehmen diesem Lemmingkurs gefolgt sind", viele hätten da ihre Hausaufgaben nicht gemacht.

Mit einem besonders schönen Bild beschreibt Harisch seine Sicht auf die Immobilienwirtschaft: Sie habe von 2010 bis 2022 "die größte Party in der Geschichte gefeiert, man denkt sich, man sei im Paradies". Und dann der Hangover mit vier Prozent Zinsen, die doch gestern noch bei null lagen. "Von null auf vier Prozent innerhalb eines Jahres, das ist in der Geschichte einmalig. Es gab noch nie eine so schnelle Steigerung der Zinsen, mit der niemand gerechnet hat." Die Party endete abrupt, jetzt müsse man eine "Diät durchführen", sie werde für die Immobilienwirtschaft mindestens zwei Jahre dauern. "Wenn Firmen diese Diät durchhalten, dann wird die Immobilienwirtschaft ein unglaubliches Comeback feiern."

Kritisch wird freilich auch die Rolle der Politik gegenüber Benko gesehen. Auch wenn etwa der Beratervertrag des Ex-Kanzlers Alfred Gusenbauer rechtens gewesen sei, hat das für Heinemann "ein dickes Geschmäckle". Benko hat vom deutschen Staat – also vom Steuerzahler – hunderte Millionen Euro Staatshilfe erhalten. (Astrid Ebenführer, 4.12.2023)