Vegane Ernährung
Rein pflanzliche Ernährung senkt bereits nach vier Wochen das Körpergewicht, den LDL-Cholesterin-Wert und den Nüchterninsulinspiegel.
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Nein, es geht hier nicht darum, wie viel weniger CO2 eine rein pflanzliche Ernährung verursacht. Diese Fakten sind längst bekannt – ad nauseam, würde die Lateinerin womöglich hinzufügen, wenn es in dem Zusammenhang nicht unpassend wäre. Die neue Studie von Medizinern der kalifornischen Stanford University dreht sich – quasi ganz egoistisch – um die eigene Gesundheit und die Frage, wie sich eine rein pflanzliche Ernährung auf Herz und Kreislauf auswirkt. Um das Wichtigste gleich vorwegzunehmen: Die Folgen sind äußerst positiv und stellen sich bereits nach kürzester Zeit ein.

Zwar gibt es in der wissenschaftlichen Literatur jede Menge Hinweise darauf, dass eine rein pflanzliche Ernährung eine gute Vorbeugung gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein dürfte. Allein, der Nachweis, dass es sich um einen kausalen Zusammenhang und nicht nur um eine bloße Korrelation handelt, ist nicht so ganz einfach zu erbringen. Denn wie lässt sich eindeutig belegen, dass der Cholesterinspiegel von XY niedriger ist als der von YZ, weil XY Veganerin ist und nicht wegen anderer Faktoren wie Geschlecht, Alter, Bildung oder anderer demografischer Faktoren?

Ein Team der Stanford University um Christopher Gardner verfügte über eine einzigartige Ressource, um solche Fragen zu klären: das Stanford Twin Registry. Dabei handelt es sich um eine Datenbank mit zweieiigen und eineiigen Zwillingen, die sich bereiterklärt haben, an wissenschaftlichen Untersuchungen mitzuwirken. Die Studie, deren Ergebnisse vor wenigen Tagen im Fachblatt "JAMA Open Network" herauskam, wurde von Mai bis Juli 2022 durchgeführt: 22 Paare eineiiger und gesunder Zwillinge nahmen daran teil. Je ein Zwilling aus jedem Paar ernährte sich für die Untersuchungszeit von je zwei Monaten vegan, der andere omnivor.

Machbare gesunde Ernährung

Beide Ernährungsweisen waren gesund, reich an Gemüse, Hülsenfrüchten, Obst und Vollkornprodukten und frei von Zucker und raffinierter Stärke. Die vegane Ernährung war rein pflanzlich und enthielt weder Fleisch noch tierische Produkte wie Eier oder Milch. Die omnivore Ernährung bestand zudem aus Huhn, Fisch, Eiern, Käse, Milchprodukten und anderen tierischen Lebensmitteln. In den ersten vier Wochen lieferte ein Mahlzeitendienst 21 Mahlzeiten pro Woche – sieben Frühstücke, Mittag- und Abendessen. In den restlichen vier Wochen bereiteten die Teilnehmer ihre Mahlzeiten selbst zu. 43 Teilnehmer schlossen die Studie ab, was laut Gardner zeigt, dass es möglich ist, innerhalb von vier Wochen zu lernen, wie man eine gesunde Ernährung zubereitet.

"Unsere Studie verwendete eine Diät, die für jeden zugänglich ist, denn 21 der 22 Veganer hielten sich an die Diät", sagt Gardner, Professor am Stanford Prevention Research Center. "Das deutet darauf hin, dass jeder, der sich für eine vegane Ernährung entscheidet, seine langfristige Gesundheit innerhalb von zwei Monaten verbessern kann, wobei die größte Veränderung im ersten Monat zu beobachten ist."

Eindeutige Schlüsselwerte

Zu drei Zeitpunkten – am Beginn der Studie, nach vier Wochen und nach acht Wochen – wogen die Forscher die Teilnehmenden und nahmen ihnen Blut ab. Der durchschnittliche LDL-Cholesterin-Grundwert lag bei den "veganen" Zwillingen bei 110,7 mg/dL und bei den "omnivoren" bei 118,5 mg/dL; am Ende der Studie sank er bei den "veganen" auf 95,5 und bei den "omnivoren" auf 116,1. Der optimale gesunde LDL-C-Wert liegt unter 100.

Bei den veganen Teilnehmern sank auch der Nüchterninsulinspiegel um etwa 20 Prozent – ein höherer Insulinspiegel ist ein Risikofaktor für die Entwicklung von Diabetes. Außerdem nahmen die Veganer im Durchschnitt 4,2 Kilo mehr ab als die Allesesser. Alle drei genannten Faktoren – Low-Density-Lipoprotein-Cholesterin (LDL-C), Insulin und Körpergewicht – werden mit einer verbesserten kardiovaskulären Gesundheit in Verbindung gebracht. Da die Teilnehmenden bereits niedrige LDL-C-Werte aufwiesen, gab es weniger Raum für Verbesserungen, sagt Gardner, der vermutet, dass Personen mit höheren Ausgangswerten größere Veränderungen aufweisen würden.

Die Schlüsse des Studienleiters

Das Resümee des Studienleiters und medizinischen Präventionsexperten: Die veganen Teilnehmer (und in gewissem Maße auch die Allesesser) hätten die drei wichtigsten Dinge erreicht, um die kardiovaskuläre Gesundheit zu verbessern: Sie reduzierten gesättigte Fette, nahmen mehr Ballaststoffe zu sich und verloren Gewicht. "Ausgehend von diesen Ergebnissen und unter Berücksichtigung der Langlebigkeit würden die meisten von uns von einer pflanzlicheren Ernährung profitieren."

Alles Wesentliche zur Studie in 90 Sekunden.
Wie sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fühlten und ob sie mit der Diät weitermachen.
Stanford Medicine

Gardner betont, dass die meisten Menschen sich zwar wahrscheinlich nicht vegan ernähren werden, dass aber ein kleiner Schubs in Richtung pflanzliche Ernährung die Gesundheit verbessern kann. "Eine vegane Ernährung kann zusätzliche Vorteile mit sich bringen, wie die Vermehrung von Darmbakterien und die Verringerung des Telomerverlusts, was die Alterung des Körpers verlangsamt", sagt Gardner, der sich seit 40 Jahren "überwiegend vegan" ernährt. "Wichtiger als eine strikt vegane Ernährung ist es, einfach mehr pflanzliche Lebensmittel in die Ernährung einzubeziehen." (red, tasch, 6.12.2023)