Huch, das ging jetzt aber schnell: Wer in den vergangenen Wochen ein wenig zu oft geschlafen und nicht auf den Kalender geschaut hat, der muss vielleicht auch dieses Jahr wieder feststellen, dass nicht alle nötigen Geschenke für das Weihnachtsfest besorgt wurden. Wer aber angesichts kommender Familienfeiern für diverse Nichten und Neffen noch ein nettes Mitbringsel sucht, der darf sich glücklich schätzen, wenn er einen 3D-Drucker besitzt. Denn nachdem wir an dieser Stelle vor zwei Jahren die besten Last-Minute-Dekorationen aus dem 3D-Drucker und vor einem Jahr die besten Winter- und Weihnachtsprojekte – von den Spikes bis zum Handtuchhalter – vorgestellt haben, geht es dieses Jahr explizit um Spielzeuge und andere potenzielle Geschenke.

Benchys Bruder: Ein Spielzeugboot, das wirklich schwimmt

DER STANDARD/Stefan Mey

Beginnen wir mit einem extrem einfachen Projekt, das aber gerade bei Kleinkindern für viel Freude sorgen kann: einem Spielzeugboot für die Badewanne. Das ist insofern auch ein wenig aufgelegt, als das 3D-gedruckte Boot namens Benchy wohl zu den ersten Dingen gehört, die man auf einem neu erworbenen 3D-Drucker herstellt. Denn Benchy ist so aufgebaut, dass man damit einfach eruieren kann, wie gut der Drucker zum Beispiel mit leichten Überhängen zurechtkommt.

Benchy hat aber ein Problem: Landet es im Wasser, dann kippt es um. Besser eignen sich daher andere Spielzeugboote wie das hier abgebildete. Das 3D-Modell ist auf Thingiverse gratis verfügbar und wird dort in den Kommentaren liebevoll als "Benchys Bruder" bezeichnet. Knapp 50 Gramm Filament werden dafür verwendet, die Druckzeit belief sich in unserem Fall auf 3,5 Stunden. Unterstützungsmaterial wird nicht benötigt. Wer noch einen zusätzlichen Spaßfaktor reinbringen möchte, der druckt das Boot – wie im vorliegenden Fall – mit einem Filament, das die Farbe ab einer gewissen Temperatur ändert. Das kommt zum Beispiel in einer warmen Badewanne gut an.

Aufziehbares Speedboat

DER STANDARD/Stefan Mey

Ebenso erfreut sich das folgende Objekt unter Badewannenkapitänen großer Beliebtheit: das Modell eines Motorboots, das aufgezogen werden kann. Hierzu wird vorne ein Gummiband eingespannt, das wiederum an einer Achse befestigt wird. Wird das Band aufgezogen und die Achse losgelassen, so bewegt sich das Boot vorwärts. Auf Thingiverse finden sich ergänzend zum hier abgebildeten Modell diverse weitere Varianten.

Ergänzend zum Spaßfaktor hat dieses Geschenk auch einen edukativen Wert, vermittelt es auf spielerische Weise doch ein erstes Verständnis von physikalischen Grundlagen. Ähnlich wie auch das Luftballon-Auto, dessen 3D-Modell unter diesem Link heruntergeladen werden kann.

Aufziehbares Auto

DER STANDARD/Stefan Mey

Apropos Autos: Die nächste Stufe unter den Physik-Spielzeugen ist dann wohl ein aufziehbares Auto, das komplett aus dem 3D-Drucker kommt, wie etwa dieses oder dieses. Das letztgenannte hat der STANDARD-Redakteur selbst ausgedruckt und zusammengebaut, und es hat als Geschenk einen netten Zusatzeffekt: Die Teile lassen sich einfach in Form von zwei Geschenkkarten ausdrucken, sodass der Empfänger – beziehungsweise: die nichtsahnenden Eltern – das Fahrzeug anschließend selber zusammenbauen kann.

Thingiverse/Bribro12

Doch auch wenn das alles nett klingt, muss ehrlicherweise gesagt werden: Wer einen etwas ungenau arbeitenden 3D-Drucker verwendet, der verbringt anschließend ein bis zwei Abende damit, mit Messer und Schmirgelpapier einzelne Teile so weit beizuschneiden, dass sie perfekt ineinanderpassen. Und auch dann fährt das Auto nicht auf jedem Untergrund so gut, wie es im nachfolgenden Video demonstriert wird. Wer also besonders engagiert und technisch ausreichend ausgestattet ist, der entwirft und druckt zusätzlich Reifen aus dem gummiartigen Material TPU.

Fully 3D-printable wind-up car gift card
Brian Brocken

Piratenschatz

DER STANDARD/Stefan Mey

Dieses Projekt legt den Fokus weniger auf das Vermitteln von technischem oder physikalischem Wissen, sondern regt die Fantasie der Kinder an: ein Piratenschatz! Ausgedruckt werden die Münzen (die Beispiele im Bild finden sich hier und hier) in Filament, das Edelmetalle wie Gold nachbildet. Wer möchte, der kann zum Spaß auch Bitcoin oder Münzen zum Auslosen der Windelwechsel-Tätigkeit beilegen. Verpackt in eine entsprechende Kiste und versteckt im Garten oder in einem nahe gelegenen Wald, kann so auch die Suche nach dem Geschenk – mit entsprechender Schatzkarte – zu einem spannenden Abenteuer für den Nachwuchs werden.

Ocarina

DER STANDARD / Stefan Mey

Nun geht es um die musikalische Förderung des Nachwuchses. Ocarinas gibt es auf Thingiverse einige, wie etwa diese und diese. Gewiss, die Eltern haben mit den darauffolgenden musikalischen Experimenten vermutlich keine große Freude, dafür machen die Kinder aber erste Berührungen mit Tonleitern, womit die Basis für ein späteres Leben als Rockstar gelegt wäre. Zu beachten ist eine recht lange Druckzeit, zumal das Instrument auch robust sein, also einen hohen Infill-Anteil haben sollte, um halbwegs vernünftig zu klingen: Das hier abgebildete Modell verschlang 100 Gramm an Filament und war erst nach 22 Stunden fertig gedruckt.

Lesezeichen

DER STANDARD/Stefan Mey

Da ist dieses Experiment schon deutlich zeit- und ressourcensparender, außerdem werden die Nerven der Eltern durch die vergleichsweise ruhige Beschäftigung geschont: Liest ein Kind gerne, so kann es freilich mit einem Lesezeichen beglückt werden. Das hier abgebildete Einhorn-Lesezeichen wurde in nur 21 Minuten gedruckt und von Thingiverse heruntergeladen. Wer aber etwas mehr Energie in das Projekt stecken und ein persönlicheres Geschenk bieten möchte, der kann auch ein 3D-Designprogramm anwerfen und zum Beispiel ein Lesezeichen mit dem Namen des Kindes entwerfen.

Die ultimative Murmelbahn

DER STANDARD/Stefan Mey

Zugegeben, dies ist eher ein "Last Day"- als ein "Last Minute"-Geschenk, aber es ist so cool, dass es in dieser Liste auf keinen Fall fehlen darf: "The Cyclone" – eine Murmelbahn mit drei verschlungenen Spuren, bei denen die Kugeln teils auch durch die Luft springen müssen, um ans Ziel zu kommen. An den Anfang der Bahnen werden sie durch ein drehbares Gewinde gebracht. Das nachfolgende Video zeigt, wie die Bahn zusammengebaut wird und wie sie in der Praxis funktioniert.

The Cyclone: triple lift, triple track marble machine
mroek

Allein für die Bahn per se muss eine Druckzeit von rund 24 Stunden veranschlagt werden. Die Kugeln im Video stammen ebenfalls aus dem 3D-Drucker, im Modell des STANDARD wurden hingegen über 100 kleine Metallkugeln verwendet, welche normalerweise zum Reinigen von Weindekantern verwendet werden. Da die Kleinteile verschluckt werden können, eignet sich dieses Spielzeug freilich nicht für Kleinkinder. Ältere Kinder hingegen – und, ehrlich gesagt, auch Erwachsene – können ganze Abende lang Spaß damit haben. (Stefan Mey, 23.12.2023)