Die Werbetätigkeit der Stadt Wien und ihrer Unternehmen wird derzeit doppelt durchleuchtet. Der Rechnungshof und der Stadtrechnungshof prüfen die Buchungen und Kooperationen der Stadt, der Stadtrechnungshof veröffentlichte am Mittwoch seinen Prüfbericht. Er beanstandet vor allem Medienkooperationen, bei denen er teilweise Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit infrage stellt. Die Entscheidungsfindung war für die Prüfer nicht durchgängig ausreichend dokumentiert. Die Wiener Grünen hatten den Stadtrechnungshof um Prüfung der Werbeaktivitäten der Stadt ersucht.

Wie Wien wirbt, untersuchte auf Antrag der Grünen der Stadtrechnungshof. Im Bild eine Mülltrennkampagne der MA 48.
Wie Wien wirbt, untersuchte auf Antrag der Grünen der Stadtrechnungshof. Im Bild eine Mülltrennkampagne der MA 48.
Wien MA 48

Nicht nachvollziehen konnte der Stadtrechnungshof bei seinen Stichprobenprüfungen von Medienkooperationen, wie die MA 53 die Angemessenheit der Preise und das Erreichen von Informationszielen überprüfte. In Einzelfällen stellten die Prüfer Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit von Kooperationen infrage. Bei laut Rechnungshof "mehreren Schaltungen" in den Medienkooperationsstichproben war für die Prüfer weder der Mehrwert noch die durchgängige Einhaltung der Sparsamkeit erkennbar. Bei Schaltungen außerhalb von Kampagnen waren für sie Entscheidungsgrundlagen und darüber geführte Gespräche nicht nachvollziehbar.

Die MA 53 erklärte den Prüfern, dass die Vergaben für sachkundige Außenstehende durchaus nachvollziehbar seien. Sie verweist zudem auf ihre Jahresberichte zur Stadtkommunikation, die alle Kampagnen und Kooperationen sowie thematische Schwerpunkte "im Detail" dokumentierten, und die jährliche Mediendiskursstudie der Stadt über Mediennutzung in Wien.

3.000 Auftragsvergaben pro Jahr

Der Stadtrechnungshof empfiehlt der für Kommunikation zuständigen Magistratsabteilung 53, bekannt als Presse- und Informationsdienst oder PID: Die MA 53 möge Gespräche über Werbeaufträge und Medienkooperationen mit Medieninhabern und Medieninhaberinnen dokumentieren.

Der PID hält dagegen, dass Gespräche mit Medienunternehmern "oftmals in keinerlei Werbeauftrag oder Medienkooperation münden, weshalb eine Dokumentation auf Verdacht nur unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand ohne zusätzlichen Erkenntnisgewinn zur Folge hätte". Eine weitergehende Dokumentation bei durchschnittlich mehr als 3.000 Auftragsvergaben pro Jahr in diesem Segment, "die überwiegend auf der Grundlage von einsehbaren Mediadaten erfolgen", sei mit den vorhandenen personellen Ressourcen weder zweckmäßig noch möglich.

Der Stadtrechnungshof untersuchte Inseratenvergaben und Kooperationen der Stadt und ihrer Unternehmen auf Ersuchen der Grünen von 2016 bis 2021. Der Rechnungshof berichtet in zwei Teilen, der erste widmet sich der MA 53, der zweite den Unternehmen.

Die Prüfer hielten "Einschau" beim Wiener-Stadtwerke-Konzern, bei der Wien Holding und beim Fonds Wirtschaftsagentur Wien. Die drei geprüften Gruppen buchten zusammen von 2016 bis 2021 Werbung für rund 67 Millionen Euro, davon:

Der Stadtrechnungshof empfiehlt der Wien Holding und der Wirtschaftsagentur Wien, auf Vollständigkeit und Richtigkeit ihrer Medientransparenzmeldungen an die Medienbehörde zu achten – die Prüfer beanstandeten ihre Meldungen. Die Wiener Stadtwerke mögen Werbeaufträge und Medienkooperationen zentral über eine Mediaagentur laufen lassen. Bei der Wien Holding sehen die Prüfer "Verbesserungspotenzial im Wissensaustausch" unter verschiedenen Stellen im Konzern bei Aufträgen für Werbebuchungen und Medienkooperationen. Sie empfehlen auch, verstärkt Onlinemedien, Social Media und eigene Infokanäle einzusetzen. "Außerdem wäre die Ausgabenentwicklung in einzelnen Medien zu evaluieren", findet der Rechnungshof.

Das Prüfersuchen der Grünen verlangte nach Recherchen von "Dossier" darüber eine Prüfung von Aufträgen der Dietrich-Mediengruppe (früher Bohmann-Verlag). Im Prüfbericht heißt es dazu etwa: "Die Zweckmäßigkeit einzelner Werbeaufträge und Medienkooperationen der Wien-Holding GmbH in Medien der Dietrich-Medien-Gruppe wurde hinterfragt."

194 Millionen Euro in sechs Jahren

Laut Prüfbericht gaben die MA 53 und die geprüften Unternehmen der Stadt in den sechs Jahren von 2016 bis 2021 insgesamt rund 194 Millionen Euro für Werbeaufträge und Medienkooperationen aus. Rund 144 Millionen davon, rund drei Viertel, entfielen auf den Presse- und Informationsdienst der Stadt.

15 Prozent der Buchungen wegen Ausnahmeregeln nicht gemeldet

Werbebuchungen öffentlicher Stellen sind seit 2012 der Medienbehörde Komm Austria und der RTR zu melden, die sie derzeit quartalsweise veröffentlichen. Bis zum Jahreswechsel 2023/24 und der Novelle zum Medientransparenzgesetz gibt es Ausnahmen von der Meldepflicht für Buchungen unter 5.000 Euro pro Quartal und für nichtperiodische Medien.

Der Stadtrechnungshof prüfte die Meldungen und die tatsächlichen Buchungen und bestätigt – für die MA 53 – die Richtigkeit der Meldungen für 2021. Im Schnitt der Jahre 2016 bis 2021 wurden – gemäß geltenden Ausnahmeregelungen – 14,9 Prozent der tatsächlichen Schaltungen nicht der Medienbehörde gemeldet. 2019 und 2021 machten nichtmeldepflichtige Buchungen rund zehn Prozent aus.

Die Stadt Wien ist laut den Medientransparenzmeldungen regelmäßig der oder einer der größten öffentlichen Werber. Die Bundeshauptstadt warb etwa im Jahr 2022 für 25,3 Millionen Euro – die Bundesregierung buchte in diesem Jahr für knapp 29 Millionen Euro.

Großwerber Wien laut Medientransparenz

Die bisher bekannten Eckpunkte und Daten nach den Medientransparenzmeldungen:

(Harald Fidler, 6.12.2023)