Chinas Präsident Xi Jinping und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen trafen einander in letzter Zeit nur in Videokonferenzen, wie hier im April 2022. Am Donnerstag sehen sie einander wieder persönlich.
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Europäische Unternehmen und Geschäftsleute feierten die Nachricht: Seit Ende November dürfen Menschen mit französischem, italienischem, niederländischem, spanischem oder deutschem Pass für 15 Tage ohne Visum in die Volksrepublik einreisen. Man könnte meinen, die chinesische Führung wolle etwas guten Wind machen für die Konsultationen zwischen Brüssel und Peking, die am Donnerstag beginnen.

Da nämlich treffen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping zusammen. Es sind die ersten persönlichen Konsultationen seit vier Jahren. "Wenn China und Europa Dialog und Kooperation wählen, wird es keine Lagerkonfrontation geben", schrieb der chinesischen Außenminister Wang Yi in der staatlichen Zeitung "Global Times" am Dienstag.

Veränderte Weltlage

Doch während die chinesische Seite gerne so tut, als sei nicht viel geschehen in dieser Zeit und man nur an die Zeit vor der Pandemie anknüpfen müsse, blickt man aus Brüssel doch auf eine veränderte Weltlage, die das Verhältnis zu Peking deutlich trübt.

Eine große Rolle spielt dabei der Krieg in der Ukraine. Während China zwar offiziell keine Waffen an Russland liefert, sind die Beziehungen zwischen Moskau und Peking seit dem Februar 2022 eher enger geworden: China hat großes Interesse an russischer Energie und kauft diese gerne zum "Discount" ein – Peking ist damit zum Nutznießer der westlichen Sanktionen gegen Russland geworden. Wo Peking eigentlich steht, zeigt auch die Tatsache, dass Xi Jinping Anfang der Woche den belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko als "großen Freund" empfangen hatte.

Die EU treibt zudem die Sorge um, dass Peking dem russischen Beispiel folgen könnte und die Insel Taiwan angreift, was gravierende Folgen für die Weltwirtschaft und die internationale Ordnung hätte. Pekings militärische Drohgebärden haben in den vergangenen vier Jahren zugenommen, während China wiederum die Sorge umtreibt, die USA könnten die Insel noch stärker aufrüsten.

Mehr Symmetrie gefordert

Zumindest ein Thema hätte in dieser Form auch vor vier oder mehr Jahren auf der Tagesordnung stehen können: Seit Jahren fordern europäische Unternehmen mehr Symmetrie in den Handelsbeziehungen und bei Marktzugängen. Peking setzt in vielen Bereichen immer noch nicht die Regeln der Welthandelsorganisation um, der es 2001 offiziell beigetreten ist.

Für die Europäer kommt nun schmerzlich hinzu, dass China dabei ist, ein Herzstück der europäischen Industrie, die Autoindustrie, aufzurollen. China dominiert die Lieferketten für Batterien und hat die eigene Elektroauto-Industrie massiv subventioniert. Europäische Autobauer befürchten, dass die chinesischen Exporte bald auf heimische Märkte drängen. Peking dagegen braucht dringend das, was man in den vergangenen zwei Jahrzehnten reichlich aus der EU bekommen hatte: Direktinvestitionen.

Die Palette und Bedeutung der Themen beim chinesischen-europäischen Gipfel ist also groß. Viel zu erwarten ist trotzdem nicht. Chinas Verhältnis zum Westen wird nicht in Brüssel, sondern in Washington justiert. Peking wünscht sich zwar von der EU "mehr strategische Autonomie", aber nur, weil diese aktuell im Sinne Chinas ist. Der Krieg in der Ukraine hat Brüssel und Washington eher noch enger zusammenrücken lassen – und das wirkt sich auf das Verhältnis Chinas zur EU aus. Ende November war der chinesische Staatspräsident in San Francisco. Das Ergebnis war eine sachte Entspannung. Mehr gibt es auch beim EU-China-Gipfel nicht zu erwarten. (Philipp Mattheis, 6.12.2023)