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Die Pandemie wurde mit ungewohnt harschen Anordnungen bekämpft – die nun aufgearbeitet wurden.
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Es gibt nur wenige wissenschaftliche Berichte, die mit so viel Spannung erwartet wurden wie jener zur Aufarbeitung der Pandemie in Österreich. Die ist zwar offiziell seit geraumer Zeit vorbei. Doch ihre Folgen werden uns noch länger beschäftigen. Das liegt nicht nur am Sars-CoV-2-Virus, das bleiben wird, und an den zahllosen Covid-19-Infektionen, die in den letzten Wochen viele gesundheitlich beeinträchtigten.

Auch mit den oft mit unvollständiger Information und in großer Eile getroffenen Entscheidungen der Politik werden sich verschiedene Institutionen – darunter auch die Gerichte und Untersuchungsausschüsse – noch länger befassen. Um einen Teil der Aufarbeitung dem parteipolitischen Hickhack zu entziehen und auf faktenbasierte Beine zu stellen, kündigte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) bereits im Februar einen Versöhnungsprozess an, der von der FPÖ vorsorglich als "Verhöhnungsprozess" diskreditiert wurde.

Lehren für künftige Krisen

Anfang Mai wurde es dann konkreter: Drei Mitglieder der Bundesregierung – Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP), Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP) – kündigten Anfang Mai eine umfassende (sozial) wissenschaftliche Untersuchung an, die bis Ende des Jahres abgeschlossen werden soll. Konkret zuständig ist das Bundeskanzleramt. Zusätzlich wurde aber unter anderem auch ein neues Epidemiegesetz in Angriff genommen, das nach 110 Jahren reformbedürftig war.

Mit der Aufarbeitungsstudie beauftragt wurde ein Team von Forschenden der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) unter der Leitung des Soziologen Alexander Bogner. Ziel war und ist es, "Erkenntnisse zu gewinnen und Lehren für künftige Krisensituationen zu ziehen sowie wieder mehr Verständnis zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen herzustellen".

Das Team um Bogner, dem auch Forschende des Zentrums für Soziale Innovation (ZSI) und der Uni Wien angehören, sollte sich ursprünglich vier Fragestellungen widmen: der durch die Pandemie und deren Bekämpfung entstandene Polarisierung in Medien und Öffentlichkeit; dem (Nicht-)Funktionieren der wissenschaftlichen Politikberatung; den politischen Zielkonflikten bei den Maßnahmen gegen die Pandemie sowie der Wissenschaftsskepsis in Österreich, die auch in die Pandemie hineinspielte.

Aus der politischen brisantesten Fragestellung, den Zielkonflikten bei den Pandemiemaßnahmen, sind letztlich zwei separate Teilstudien geworden, wie Bogner auf Nachfrage des STANDARD erklärt: Im Endbericht gibt es nun sowohl eine Fallstudie über Impfpflicht und den dahinterliegenden politischen Entscheidungsprozess als auch eine Fallstudie über Schulschließungen und Distance-Learning. Alle fünf Teilstudien sind laut dem Soziologen bereits abgeschlossen.

319 beteiligte Bürger

Das gilt auch für den Dialogprozess, der zusätzlich zur wissenschaftlichen Aufarbeitung stattfand und zu dem die ÖAW das Konzept lieferte. Auch darüber werde es eine Teilstudie im Abschlussbericht geben. Die eintägigen Dialogveranstaltungen mit Bürgerinnen und Bürgern wurden zwischen Mitte Oktober und Anfang November (an drei Wochenenden) sowie in allen neun Bundesländern durchgeführt. Insgesamt waren daran 319 Bürgerinnen und Bürger beteiligt, pro Bundesland zwischen 32 und 38, jeweils aufgeteilt auf fünf bis sechs Diskussionstische.

Laut Bogner sei der Endbericht von ÖAW-Seite, also der Seite der Wissenschaft, gerade fertiggestellt worden. Er harrt aber noch der Veröffentlichung und der Präsentation. Laut einer Sprecherin Edtstadlers soll das bis Jahresende passieren: "So wurde es im Frühjahr angekündigt, so wird es nun auch sein." (Irene Brickner, Klaus Taschwer, 6.12.2023)