Schneller als erwartet zeichnet sich eine Verstärkung der internationalen Position Russlands und seiner Chancen im Krieg gegen die Ukraine ab. Präsident Wladimir Putins erfolgreiche Reisen in die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien, gefolgt vom Moskau-Besuch des iranischen Präsidenten und seine letzten Reden haben Gerüchte bereits vor der Bekanntgabe seiner neuerlichen Kandidatur für die Präsidentschaft am Freitag ausgelöst.

Die wohl unangefochtene Wahl des 71-jährigen einstigen KGB-Oberstleutnants am 17. März 2024 zum fünften Mal für eine weitere sechsjährige Amtszeit soll trotz Kriegsmüdigkeit die durch die Diktatur geschaffene Scheinstabilität bestätigen. Am Ende der Präsidentschaft wäre er bereits 30 Jahre an der Macht! Die Höhe der Zustimmung und der Wahlbeteiligung und auch die Auswahl der Gegenkandidaten werden im Grunde von der Einschätzung seiner engsten Berater abhängen.

Wladimir Putin
Wladimir Putin auf Staatsbesuch in den Emiraten.
via REUTERS/Sputnik/Aleksey Nikolskyi/Kremlin

Nach übereinstimmenden Berichten dürfte infolge der seit Februar 2022 herrschenden totalen Unterdrückung die Verlängerung seiner Diktatur kaum sichtbaren politischen Widerstand auslösen. Die Erinnerung an den gescheiterten Prigoschin-Aufstand im Juni wurde erfolgreich ausgelöscht. Putins gefährlichster Gegner, der zu 19 Jahren Lagerhaft verurteilte Alexej Nawalny, dürfte die erschreckenden Haftbedingungen kaum überleben.

Zugleich gelingt es Russland, die löchrigen westlichen Sanktionen mithilfe Chinas und Indiens umzugehen und die Rüstungsproduktion zu steigern. Der demonstrative Schulterschluss mit dem grauenvollen Diktator Nordkoreas und mit dem zur Vernichtung Israels nach Atomwaffen greifenden theokratischen Regime in Iran trägt zur deutlichen Steigerung der russischen Rüstungsproduktion bei. Angesichts der neutralen Haltung Indiens, Brasiliens und Südafrikas bezüglich der überfallenen Ukraine und der erfolgreichen Spaltung der EU durch seinen verlässlichsten Freund in Budapest setzt Putin mehr denn je auf die langfristige Zermürbung und Ausblutung der Ukraine. Von einer militärischen Niederlage Russlands kann keine Rede mehr sein.

Die größte Gefahr für die Ukraine bedeutet allerdings die Möglichkeit der Wiederwahl des Putin-Bewunderers Donald Trump. Bereits jetzt blockieren die mehrheitlich Trump-treuen Republikaner im US-Kongress aus parteitaktischer Kurzsichtigkeit jegliche weitere Militär- und Finanzhilfe an die Ukraine. Bisher haben die USA Militärhilfe in der Höhe von 44 Milliarden US-Dollar an die Ukraine geleistet. Ohne fortgesetzte US-amerikanische Hilfe kann die Ukraine auf lange Sicht der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen nicht überleben.

Im Hinblick auf den Vormarsch der europäischen Rechtspopulisten und die narzisstische Selbstüberhebung von demokratischen Staatsmännern wie im Falle des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron besteht die Gefahr, dass die westliche Unterstützungsfront für die Ukraine vor der Europawahl im Juni auseinanderbrechen könnte. Die offene Kritik seiner Rivalen an Präsident Wolodymyr Selenskyj ist ein weiteres Warnzeichen. Die Schlafwandler in Washington, Paris und Berlin vergessen, dass es bei der Hilfe für die Ukraine auch um die Sicherheit des Westens geht. (Paul Lendvai, 12.12.2023)