Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky und Medienministerin Susanne Raab präsentierten die neue KI-Servicestelle.
BMF/Schrötter

Der AI Act der EU hat auch für Österreich massive Auswirkungen: So muss neben der EU-Behörde auch hierzulande eine Stelle geschaffen werden, die über den Einsatz von KI-Systemen und vor allem deren Risiken entscheidet. Der AI Act wird erst frühestens in zwei Jahren gelten, aber Österreich prescht schon jetzt vor. Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP) präsentierte am Dienstag die neue KI-Servicestelle. Diese soll anfangs beraten und, sobald der AI Act umgesetzt werden muss, zu einer staatlichen Behörde aufgewertet werden.

Rechtliche Beratung zum AI Act

Nun sieht der AI Act vor, dass Behörden auch Strafen von bis zu sieben Prozent des Jahresumsatzes bei Verstößen gegen den AI Act verhängen können. Ein "historisches" Werk, wie Tursky es nannte. Von Rekordstrafen, Sanktionen und verbotenen KI-Anwendungen ist in Österreich aber noch nicht die Rede, aktuell soll die neue KI-Servicestelle eine beratende Funktion haben. "Wir brauchen klare Regeln für den Umgang mit künstlicher Intelligenz. Die Unternehmen sollen wissen, was rechtlich möglich ist – und was nicht", so Tursky. Deshalb ist der Fokus der KI-Servicestelle klar auf Unternehmen gerichtet, die etwa eigene Chatbots betreiben, Bilder-KIs einsetzen oder auf künstliche Intelligenz im Personalwesen zurückgreifen wollen. Diese sollen schon vorab Beratung bekommen, ob und wie ihre KI-Systeme nach dem AI Act unter bestimmte Risikoeinstufungen fallen.

Chatbots etwa gelten als KI-Anwendungen mit geringem Risiko und unterliegen deshalb nur Transparenzverpflichtungen. Künstliche Intelligenz in der Personalauswahl ist zwar nicht verboten, gilt aber als Hochrisikoanwendung und muss deshalb höhere Standards in Sachen Cybersicherheit erfüllen und darüber hinaus Risikoanalysen vorlegen. Durch diese Vielzahl an Regeln soll die KI-Beratungsstelle führen. Diese ist in der Telekom-Regulierungsbehörde (RTR) angesiedelt und nimmt mit Jahreswechsel ihren Dienst mit sieben Vollzeitkräften auf. Österreich ist nach Spanien und den Niederlanden das dritte Land in Europa, das eine derartige KI-Servicestelle einführt.

Kennzeichnungspflicht für KI-Anwendungen

Die Servicestelle soll klären, ob es sich beim eingesetzten System überhaupt um eine künstliche Intelligenz nach der Definition des AI Act handelt und ob die eingesetzte Anwendung überhaupt unter das EU-Regelwerk fällt. Noch vor Inkrafttreten des AI Act wird Österreich eine Kennzeichnungspflicht von KI-Systemen umsetzen. Dafür wurde bereits eine Erhebung zum Einsatz von KI-Anwendungen in den Bundesministerien durchgeführt.

In der KI-Servicestelle wird es darüber hinaus einen eigenen Fachbereich für Medien geben. Dieser soll Leitfäden für den KI-Einsatz in Medien ausarbeiten, wie Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) erklärte. Wichtig sei, dass die journalistische Arbeit nicht durch KI-generierte Inhalte beeinträchtig werde und die journalistische Sorgfaltspflicht sowie die Qualität der Berichterstattung geschützt werde. Gleichzeitig seien der AI Act und die künftige österreichische Behörde ein wichtiger Schritt gegen Desinformation und Meinungsmanipulation, so die Ministerin.

Das AI-Advisory-Board

Zur Seite steht der künftigen KI-Behörde das sogenannte AI-Advisory-Board, das ebenfalls am Dienstag konstituiert wurde. Dieses besteht aus Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft und soll eine beratende Funktion sowohl für die Bundesregierung als auch für die KI-Servicestelle wahrnehmen. Die acht ehrenamtlichen Mitglieder sind: Horst Bischof (TU Graz), Markus Fallenböck (Uni Graz), Walter Peissl (Akademie der Wissenschaften), Bernhard Moser (ASAI), Clara Neppel (IEEE Technology Centre GmbH), Sabine T. Köszegi (TU Wien), Nikolaus Forgó (Uni Wien) und Carina Zehetmaier (Women in AI). Das Board soll später noch um Fachleute aus dem Medienbereich erweitert werden. Das AI-Advisory-Board wird sich auch beim Update der österreichischen KI-Strategie einbringen, deren neue Version noch im ersten Halbjahr 2024 vorliegen soll.

Außerdem will Österreich Anfang 2024 eine sogenannte Regulatory Sandbox umsetzen. Dabei handelt es sich aber nicht, wie der Name vermuten lässt, um eine Sandkiste, sondern um eine Art Experimentierfeld für künstliche Intelligenz. In einem eigens dafür geschaffenen abgesicherten Umfeld werden neue Produkte getestet. Der Vorteil: Man kann in einer solchen Sandbox gesetzliche Vorschriften lockern, weil alles in einer kontrollierten Umgebung stattfindet. Auf Österreichisch heißt die Sandbox natürlich auch anders. Hierzulande ist vom Reallabor-Rahmengesetz die Rede. Das klingt dann schon nicht mehr nach einem Spielplatz. (Peter Zellinger, 12.12.2023)