Raphaël Pichon und das Ensemble Pygmalion.
Raphaël Pichon und das Ensemble Pygmalion.
Camera Lucida Productions

Wien – Es überrascht nicht, in der Vorweihnachtszeit in den Konzerthäusern auf das eine oder andere Gotteslob zu treffen. Schallt einem da statt eines Messias oder Weihnachtsoratoriums aber ein Elias entgegen, verwundert die Programmwahl knapp vor dem christlichen Fest der Liebe doch: Immerhin dient dieser Bibelheld einem Allmächtigen, der nach alttestamentarischer Sitte ein gewetztes Schwert für seine Gegner bereithält und es schätzt, wenn sein Diener mit den Baal-Priestern radikal aufräumt.

Dennoch ist es eine Wohltat, diesen Gottesmann im Wiener Konzerthaus zu erleben: Felix Mendelssohn Bartholdy hat dem Elias ein klangsattes Oratorium gewidmet, und der Franzose Raphaël Pichon brachte es nun mit seinem Ensemble Pygmalion auf historischen Instrumenten zur Aufführung. Bemerkenswert allein schon: Dieser Originalklang tönt schön. Nicht struppig und borstig, wie so oft hierzulande, sondern gerundet, in den Prachtfugen fast schlagoberscremig.

Expressive Höchstleistungen

Gleichwohl versteht es Pichon, sein Team zu expressiven Höchstleistungen anzustacheln, nicht zuletzt bei Elias Gottesbegegnung. Da braust erst ein Crescendo wie ein Sturm, wummern erdbebenartige Tremoli und leuchten Bläsertöne wie Feuer – bevor ein sanftes Sausen durch die Luft schwebt, in dem sich der Herr seinem Propheten nähert. Kino für die Ohren.

Die Klangmacht des Abends? Der Pygmalion-Chor, ein formidables Sprachrohr für Gefühlsaufwallung aller Art zwischen Verzweiflung und Verzückung und dabei penibel einstudiert. Dem Elias steht die panzerbrechende Stimmgewalt von Bariton Stéphane Degout, aber auch dessen verletzliches Piano gut an. Herausragend aus dem Kreis der fünf Solostimmen zudem: der Sopran von Julie Roset dank seiner Polarstern-artigen Leuchtkraft. (irrge, 12.12.2023)